So wird der neue Köln-"Tatort"
Der neue Kölner "Tatort" wagt sich an ein politisch brisantes Thema heran. Es geht um nordafrikanische Flüchtlinge, Problemviertel und Bürgerwehren. Die Macher verlieren dabei aber weder das Fingerspitzengefühl, noch die eigentliche Handlung aus den Augen.
Köln, Nordafrikaner, Flüchtlinge, Bürgerwehren, Kriminalität, Angst. Der neue Kölner "Tatort: Wacht am Rhein" macht ein riesiges Fass auf und reagiert damit auf die derzeitig vorherrschende Diskussion in Deutschland. Sollen Bürger in sozialen Brennpunkten selbst einschreiten? Ist die Entwicklung überhaupt dramatisch oder nur aufgeheizt? Hilft es vielleicht mit einer gewissen Naivität und Gutgläubigkeit an die Sache heranzugehen? Die Antworten kann sich jeder Zuschauer nach 90 spannenden Minuten selbst geben.
In dieser aufgeheizten Stimmung ermitteln Ballauf und Schenk alias Klaus J. Behrendt (56) und Dietmar Bär (55) nach einem Mord während eines Überfalls auf eine Zoohandlung. Doch neben der heißen politischen Lage, in der dieser Krimi spielt, lassen die Macher nie die eigentliche Handlung außer Acht und drücken somit dem neuesten Fall aus Köln einen ganz besonderen Stempel auf.
Darum geht's
In einem Kölner Problemviertel liegen die Nerven blank: Auch der Ladenbesitzer Adil Faras und die junge Mutter Nina Schmitz finden, man muss etwas tun. Sie haben sich der selbst ernannten Bürgerwehr "Wacht am Rhein" angeschlossen und patrouillieren, um die Straßen wieder sicherer zu machen. Doch dann wird beim Überfall auf eine Zoohandlung der Sohn des Inhabers Peter Deisböck erschossen. Max Ballauf und Freddy Schenk ermitteln.
Dringend tatverdächtig: der gebürtige Nordafrikaner Khalid Hamidi. Umgehend ruft Bürgerwehr-Anführer Dieter Gottschalk eine Mahnwache für das Mordopfer ein. In der aufgeheizten Stimmung geht beinahe unter, dass ein Student vermisst gemeldet wird: Baz Barek war in der Mordnacht auf dem Heimweg. Auch auf ihn könnte die Täterbeschreibung passen.
Lohnt sich das Einschalten:
Absolut! Die Macher wagen sich an ein extrem schwieriges Thema und lassen dabei in jeder Sekunde großes Fingerspitzengefühl walten. Ausgewogenheit wird dabei groß geschrieben. Weder werden die straffällig gewordenen Flüchtlinge als Heilige bzw. Teufel dargestellt, noch wird die Bürgerwehr von Grund auf dämonisiert. Auch wenn die Gründung solcher Privatinitiativen offensichtlich abgelehnt wird und im Verlauf des Films zu dramatischen Entwicklungen führt, kann man die Beweggründe der Personen zumindest bis zu einem gewissen Grad nachvollziehen.
Ballauf und Schenk bewegen sich in dem bis zur letzten Sekunde spannenden "Tatort" gewohnt routiniert und unterstreichen einmal mehr ihre große Beliebtheit innerhalb der Kommissaren-Zunft. Ein kleiner Kritikpunkt muss allerdings sein: Zwei der Nordafrikaner, die laut Plot erst kurze Zeit in Deutschland sind, sprechen akzentfreies Deutsch, andere Flüchtlinge hingegen kein einziges Wort. Da hätte es vielleicht ein bisschen mehr Grau und weniger Schwarz bzw. Weiß sein dürfen. Dem starken Gesamteindruck tut dies jedoch keinerlei Abbruch.