Dominikanische Republik
All inclusive mal anders: Wenige Kilometer hinter den Hotelanlagen erwartet Offroader in der Dominikanischen Republik ein Tummelplatz vom Feinsten. Ob tiefe Furten, steile Geröllhalden oder Schlammpackungen – ohne Kämpfer wie den Toyota Landcruiser geht nichts.
Der Strom hat eine 100 Meter breite graue Schneise in das satte Grün des Urwalds geschlagen. Kniehoch fließt das Wasser im geröllbedeckten Flussbett, der breiteste Arm misst rund 20 Meter. Im Norden der Dominikanischen Republik ist das kein ungewohnter Anblick, jenseits der Küste werden Wege immer wieder von Flüssen unterbrochen. Wer weiterkommen möchte, muss waten. Kein Problem für Hubert Kotthoffs Toyota Landcruiser.
Das Auto beginnt flussabwärts zu treiben
Im Schleichgang arbeitet sich der weiße Geländewagen voran ins Wasser. Immer tiefer taucht er in die Fluten ab. Wellen schwappen über die Motorhaube. Der Schnorchel versorgt den Motor aber noch mit Luft, wenn das Wasser schon die Zylinder umspült. Doch diese Furt hat es in sich: Eine Kuhle in der Flussmitte erfordert mehr Tiefgang, als der Offroader zu bieten hat. Plötzlich legt sich das Auto leicht zur Seite und beginnt, flussabwärts zu treiben. Noch bevor die Nachfolgenden die Situation richtig erfassen können, bekommen die Räder des Toyota wieder Grundkontakt. Sicher gelangt der Geländewagen ans andere Ufer.
Kotthoff beschreibt die Situation ganz nüchtern: „Der Landcruiser ist einfach zu dicht für tiefe Furten, deshalb hat er Auftrieb bekommen. Mein Land Rover wäre halt vollgelaufen und durchgefahren.“ Mit der Erfahrung aus über 20 Expeditionen und der Teilnahme an unzähligen Rallyes bringt den Mann mit dem Panama-Hut so schnell nichts aus der Ruhe. Zumal derbe Offroad-Einlagen bei Ausflügen außerhalb der Touristen-Zentren auf der Karibik-Insel unvermeidlich sind.
Nur Pferde und Fußgänger, aber kaum Autos
Jenseits der wenigen Asphaltstraßen, die mit tiefen Schlaglöchern und hohen Absätzen schon fast Offroadcharakter haben, dominieren Pisten und Pfade aller Schwierigkeitsgrade. Hier trifft man in der Regel nur Pferde und Fußgänger, aber kaum Autos, obwohl der östliche Teil Hispaniolas eine der höchsten Geländewagen-Quoten der Welt hat. Doch es sind vorwiegend leichte SUV, und mit denen trauen sich die meisten Besitzer nur selten auf losen Untergrund.
Für die Heavy-Duty-Ausführung des japanischen Gelände-Klassikers gilt das natürlich nicht, denn die ist schon ab Werk klettertauglicher als die heute tonangebenden Softroader. Außerdem wurde der Vierliter-Saugdiesel durch einen Turbo aufgerüstet und leistet jetzt „so um die 200 PS“. Um dem strapazierten Sechszylinder genügend Luft zu verschaffen, sind zusätzliche Kühlschlitze in die Motorhaube geschnitten. Den Blick auf den Abgastemperaturmesser darf Kotthoff trotzdem nicht vergessen. Bei 800 Grad heißt es: Fuß vom Gas.
Zwei zusätzliche Differenzialsperren vorn und hinten helfen, auch im unwegsamen Gelände voranzukommen. Und sollten Kraft und Traktion nicht mehr ausreichen, kann Kotthoff noch immer auf seine Winde zurückgreifen. Dass man auch ohne Tuning vorankommt, beweist bei dieser Ausfahrt Torsten Drissen. Sein grüner Toyota Landcruiser BJ40 ist mehr oder weniger serienmäßig, wenn man von fehlenden Türen und nicht vorhandener Heckklappe absieht.
Nur die Geschwindigkeit muss reduziert werden
Der 27 Jahre alte Youngtimer hoppelt stoisch über die losen, kinderkopfgroßen Felsbrocken, die man hier als Piste bezeichnet. Nur die Geschwindigkeit ist deutlich reduzierter. Im Schneckentempo rumpelt der grüne Toyota voran. Starrachsen samt Blattfedern sorgen dafür, dass jede Unebenheit als derber Schlag an die Passagiere weitergegeben wird – Drissens vorsichtiger Umgang mit dem Gaspedal ist seinem Komfortbedürfnis geschuldet. Doch das wird spätestens dann ignoriert, wenn mit behutsamem Tasten nichts mehr vorangeht.
Dann beißt er eben die Zähne zusammen, quält sich und den laut aufbrüllenden Motor und sucht sich mit Schwung einen Weg. Für die Bandscheiben alles andere als ein Vergnügen, aber es geht immerhin weiter. Dazwischen bleibt reichlich Zeit, die grandiose Landschaft zu erkunden. Die Natur neben der Strecke ist saftig grün und verblüffend fruchtbar: Die Holzpflöcke, die zusammen mit Stacheldraht die Schlammpiste begrenzen, wachsen kurz nach dem Einrammen wieder an und verwandeln sich in Bäumchen.
Trotzdem leben die Menschen hier oben nicht im Paradies. Zwar sichern die fruchtbaren Böden das Überleben, aber wer zu bescheidenem Wohlstand kommen möchte, muss in den Touristenzentren an der Küste arbeiten, wie die meisten jungen Erwachsenen. So verwundert es kaum, mitten im Urwald eine in ein graues Business-Kostüm gewandete junge Dame mit Regenschirm als Sonnenschutz zu treffen, die durch einen knietiefen Fluss watet. Wo der öffentliche Nahverkehr nicht hinkommt, bleibt nur der Weg zu Fuß oder auf dem Rücken eines Pferdes.
Neben dem Pfad schlurft gemächlich eine Bäuerin mit einem Eimer voller Eier bergauf. Günter Beuter, mit seinem roten Toyota Landcruiser mit von der Partie, stoppt neben der korpulenten Frau im blaugemusterten Kleid und erkundigt sich, wo sie damit hin will. In den nächsten Ort, um die Eier zu verkaufen, ist die Antwort. Beuter beschließt, ihr die Mühen zu ersparen und die rund 70 Eier zu kaufen. Nach fünf Minuten zähen Feilschens hat er der Bäuerin die zerbrechliche Fracht samt Eimer abgehandelt.
Ein Stopp zum Pflichtprogramm jeder Tour „Die kriegst du doch nie heile bis nach Sosúa“, lästert Torsten Drissen, während Beuter versucht, mit Expander-Gummis eine erschütterungsfreie Transportlösung im Laderaum zu konstruieren. Ohne Erfolg: Zu wild schwingt der Eimer im Gepäckabteil, so dass nur wenige Eier den Weg zur Küste unbeschadet überstehen würden. Doch Beuter hat schon eine Idee: Im 500 Meter entfernten Ort ist ohnehin ein Zwischenstopp im Colmado eingeplant. Neben Brot, Käse und Softdrinks haben die kleinen Dorfläden auch Hydraulikflüssigkeit und Bremsleitungen im Angebot. Für Hubert Kotthoff gehört ein Stopp zum Pflichtprogramm jeder Tour. Speisen und Getränke in der Kühlbox mitzunehmen, lehnt er ab: „So haben die Menschen auch was von den Touristen. Viel Geld verdienen sie hier ja sonst nicht.“ Dieses Mal fällt aber nicht nur ein Extra-Obolus ab. Beuter steuert mit dem Eimer die untersetzte, dunkelhäutige Besitzerin Rosaria an und bittet sie, ihre Küche benutzen zu dürfen. Schon kurz darauf steht ein gusseiserner Topf auf der Feuerstelle, und 40 Eier stocken unter dem Gelächter der Dorfbewohner zu Rührei. Den Rest verschenkt Günter Beuter kurzerhand. Nur den Eimer behält er. Wer weiß, wo sich das nächste Mal eine so günstige Gelegenheit zum Einkaufen bietet.