Geblitzt: Welche Ausreden funktionieren?

Neun von zehn Autofahrern erhalten mindestens einmal im Leben ein unfreiwilliges Erinnerungsfoto von einem Blitzer. Der Online-Service Geblitzt.de hat fast 500.000 Bußgeldbescheide geprüft. Christian Marnitz, Partneranwalt des Portals, gibt eine fundierte Einschätzung über die Erfolgschancen der beliebtesten Ausreden.

Ausrede 1: "Die Geschwindigkeitsbegrenzung war nicht erkennbar!"

Ist ein Verkehrsschild nicht lesbar, zum Beispiel weil es durch Schnee, Äste oder Sonstiges verdeckt ist, so ist dies ein beliebter Grund, um gegen das Ticket Einspruch einzulegen.

Christian Marnitz: "Grundsätzlich sollten in den genannten Verkehrssituationen die entsprechenden Schilder beiläufig und ohne Überlegungen zu erkennen sein. Ist dem nicht so, könnte das ein Grund für die Einstellung des Bußgeldverfahrens sein. Hier kommt es allerdings auf den Einzelfall an. Stellt sich heraus, dass der Fahrer ortskundig ist, verspricht diese Ausrede vor Gericht in der Regel nur wenig Erfolg.“

Ausrede 2: "Es war ein gesundheitlicher Notfall!"

Eine Ausrede für die Missachtung des Tempolimits, die aus menschlicher Sicht durchaus verständlich ist, ist das Auftreten eines medizinischen Notfalls. Doch wie sieht es das Gesetz?

Marnitz: "Sind Leben in Gefahr, kann das einen Tempoverstoß auf dem Weg zur Notaufnahme rechtfertigen. Die Grundlage ist §16 Ordnungswidrigkeitengesetz - Rechtfertigender Notstand. Dabei ist zu beachten, dass der Betroffene zuvor vergeblich einen anderen Ausweg aus der Notsituation, etwa die fernmündliche Benachrichtigung eines Arztes oder der Feuerwehr, gesucht haben muss.“

Ausrede 3: "Ich hatte es eilig!"

Nicht selten ist dies die wahre Begründung hinter einem Bußgeld. Zum Beispiel, wenn man spät dran ist oder dringend die nächste Toilette aufsuchen muss. Ist das Grund genug, um sich einer Strafe zu entziehen?

Marnitz: "In der regelmäßigen Rechtsprechung führt eine solche Ausrede fast nie zum Erfolg. Es sei denn, es gibt gewichtige gesundheitliche Gründe. Ist dem Autofahrer seine Blasenschwäche zudem bekannt, ist er verpflichtet, zeitig zu reagieren und Vorsorge zu treffen.“

Ausrede 4: Das auf dem Foto bin ich nicht!

Bei Blitzerfotos kann es durchaus vorkommen, dass das Motiv, also der vermeintliche Temposünder, nicht eindeutig zu erkennen ist. Lohnt es sich, einen Bußgeldbescheid aufgrund mangelnder Qualität des Beweisfotos anzufechten?

Marnitz: "Rein statistisch gehören Fotos, aufgrund deren Fahrer nicht zu ermitteln sind, zu den häufigsten Gründen für die Einstellung eines Bußgeldverfahrens. Sind der Fahrer oder das Nummernschild auf dem Blitzer-Foto nicht eindeutig zu erkennen, ist deshalb eine Überprüfung der Vorwürfe durch einen Anwalt zu empfehlen.“

Ausrede 5: Der Blitzer stand im Parkverbot

Wie sieht es aus, wenn das Messfahrzeug oder der Blitzanhänger dort stand, wo er normalerweise nicht hätte stehen dürfen? Wäre damit nicht eigentlich der Bußgeldbescheid auch ungültig?

Marnitz: „Hier gilt § 46 der Straßenverkehrsordnung. Diese Vorschrift erlaubt Antragstellern in bestimmten Einzelfällen Ausnahmegenehmigungen. In der Regel wird diese von den zuständigen Behörden auch erteilt, wenn Gründe für eine Geschwindigkeitsüberwachung zum Schutz von Kindern, Radfahrern, Fußgängern oder an Gefahrenstellen vorliegen. Demzufolge ist das Blitzen an solchen Stellen zumeist auch erlaubt und das Bußgeld schwer anzufechten.“