Bernie Ecclestone im Interview
Seit gut einem Jahr ist Bernie Ecclestone nicht mehr Boss der Formel 1. Im Interview mit auto motor und sport spricht der 87-Jähirge über die Arbeit seiner Nachfolger, die Ausstiegsdrohungen von Ferrari und das Leben ohne Formel 1.
Haben Sie sich alle Grands Prix im Fernsehen angeschaut?
Ecclestone: Ja. Es ist heute entspannter, weil ich nicht mehr involviert bin. Deshalb sehe ich auch mehr Dinge, die ich so nicht tun würde oder besser machen würde.
Ist die Formel 1 noch Ihr Kind?
Ecclestone: Das ist ein zu großes Wort. Es ist etwas, bei dem ich geholfen habe, es zu entwickeln. Mit allen Teams. Ich will sehen, wie das Produkt weiterwächst.
Keine Bitternis?
Ecclestone: Das Gegenteil. Ich bin stolz auf die Formel 1 und will, dass es ihr gut geht.
Zu Beginn des Jahres waren Sie noch bei einigen Grands Prix vor Ort. Zum Schluss nicht mehr. Warum?
Ecclestone: Ich habe das Gefühl, dass meine Nachfolger mich nicht mehr an der Strecke sehen wollen.
Die Zuschauerzahlen sind in diesem Jahr gestiegen: auf den Tribünen, an den TV-Schirmen.
Ecclestone: Ich habe fünf Jahre darauf gewartet, dass Ferrari aufwacht. Das ist jetzt endlich passiert. Das Duell Ferrari gegen Mercedes hat die Fans mobilisiert. Ich habe mich zuletzt immer wieder bei den Veranstaltern entschuldigt, weil ich ihnen für viel Geld etwas verkauft hatte, was den Ansprüchen nicht gerecht wurde. Sie hatten für die alte Formel 1 bezahlt. Alles, was sie bekommen haben, waren Mercedes-Siege. Jetzt gratuliere ich ihnen. Sie bekommen wieder einen guten Gegenwert für ihr Geld.
War das Comeback von Ferrari eine Überraschung für Sie?
Ecclestone: Sie waren schlau genug, sich anzuschauen, was andere Teams besser machen. Und sie haben sich gute Leute an Bord geholt. Mercedes beliefert drei Teams. Da gibt es genug Leute, die man abwerben kann, die wissen, was Mercedes so erfolgreich macht.
Liberty hat viel Geld in Marketing, und Events investiert, um die Formel 1 populärer zu machen. Was denken Sie darüber?
Ecclestone: Ich sehe da einen Interessenskonflikt. Es ist wichtig für die Teams, dass sie sich selbst vermarkten, und wichtig für die Veranstalter, dass sie ihr Event bewerben. Wenn da die FOM noch als Dritter mitmischt, stiftet das nur Verwirrung. Wer tut was? Wer sagt was? Wie soll ich wissen, was den Teams und Veranstaltern wichtig ist?
Jetzt kommen die schwierigen Dinge auf Liberty Media zu. Sie wollen die Regeln bis 2021 umbauen. Schon beim Thema Motor gab es Gegenwind. Hat Sie das überrascht?
Ecclestone: Vor zwei Jahren habe ich den Teams gesagt: Ihr könnt diesen verdammten Motor behalten, wenn ihr die Benzindurchflussmenge und die Benzinmenge erhöht. Wenn es aber nach mir gegangen wäre, hätte ich diesen Motor eingestampft. Er war ein Desaster von dem Tag an, an dem er eingeführt wurde. Die Formel 1 sollte zurückkehren zu einem Motor, der guten Rennsport erlaubt, und wenn es ein V12 ist.
Sergio Marchionne droht damit, dass Ferrari die Formel 1 verlässt, wenn ihm die Regeln nicht gefallen. Ist das ernst zu nehmen?
Ecclestone: Wäre es Luca di Montezemolo gewesen, hätte man es nicht so ernst nehmen müssen. Motorsport war Lucas Leben. Sergio kann ohne die Formel 1 leben. Er interessiert sich nur für das Geschäft. Das Wichtigste für ihn ist, dass er den Aktionären ein gutes Geschäftsergebnis bieten kann. Wenn Marchionne der Weg nicht gefällt, den die Formel 1 einschlägt, dann wird er damit aufhören. Ich fürchte, Ferrari könnte ohne die Formel 1 leben – umgekehrt nicht.