Mühsamer Start für Sebastian Vettel
Es war Mittagszeit in Jerez, und Sebastian Vettel hatte noch einen Meter zurückgelegt. An seinem neuen Red Bull wurde immer noch geschraubt. Ein kleiner Fehler hatte große Auswirkung. Im Heck des Red Bull geht es so eng zu, dass selbst ein Federwechsel zur Akrobatik wird.
Adrian Newey sprach von einem "kleinen, dummen Problem", das zu einem großen wurde, als man den Fehler beheben musste. Unter der Verkleidung des Red Bull RB10 geht es eng her. Vier Stunden nach Beginn der Testfahrten von Jerez war Sebastian Vettel immer noch keinen Meter gefahren.
Der Weltmeister nahm es fatalistisch: "Da sind so viele Puzzleteile, die da auseinandergebaut und wieder zusammengesetzt werden müssen. Auch die Mechaniker müssen sich an das erst gewöhnen. Deshalb dauert es beim ersten Mal länger. Es wird sich aber bald Routine einstellen."
Feder lässt Vettel warten
Bei Zusammenbau des Autos in der Nacht vor der Jungfernfahrt war eine Feder der Hinterradaufhängung falsch montiert worden. Die Komplexität der neuen Kraftübertragung bringt es mit sich, dass zuerst tausend andere Komponenten demontiert werden mussten, bevor man an das fragliche Teil herankam.
Diesem Teil der neuen Formel 1 kann Vettel sogar etwas Gutes abgewinnen: "Was sich da unter der Verkleidung abspielt ist der Hammer. Für Technikfreaks ein echtes Fest. Auch ich bin begeistert, wie das alles untergebracht wurde. Das ist eine Raketenwissenschaft. Aber leider wird das nie ein Zuschauer zu Gesicht bekommen."
Vettels Befürchtung: "Die Zuschauer werden das alles noch weniger verstehen als vorher. Selbst die Ingenieure haben Schwierigkeiten, da durchzublicken. Ich verstehe die wichtigen Zusammenhänge, aber im Detail muss ich auch passen."
Red Bull muss in die Gänge kommen
Noch muss Vettel kleine Brötchen backen. "Zuerst müssen wir mal aus der Garage rauskommen. Wir befinden uns in Phase eins. Erst dann kann ich sagen, wie sich alles anfühlt. Ich bin zwar im Simulator schon gefahren, aber das gibt dir nur eine bestimmte Ahnung, was auf uns zukommt. Das Drehmoment ist so groß, dass du in den unteren Gängen nur durchdrehende Räder hast. Es ist weniger Grip und weniger Power vorhanden als letztes Jahr. Die Autos rutschen wieder mehr. Und der Sound ist auch im Cockpit viel leiser."
Vettel wünscht sich den Ton der V8-Motoren zurück. "Oder noch besser die alten Zehnzylinder." Er erinnert sich an den Besuch des GP Deutschland 2000, als er mit seinem Vater auf der Haupttribüne des Motodroms saß. "Das war so laut, da hat die Tribüne gebebt", begeistert sich Vettel.
Nur die Hälfte der Autos im Ziel
Vettels erste Pressekonferenz des Jahres wurde kaum durch Motorenlärm gestört. Die Autos standen hauptsächlich in der Garage. Das lässt böse Vorahnungen für das erste Saisonrennen in Melbourne zu. Auf einer Rennstrecke, die Benzin frisst wie keine zweite. "Wir werden nicht mehr alle Runden voll fahren können. Irgendwann ist Spritsparen angesagt. Es wird eine andere Form von Autorennen und nicht die, die wir gewohnt waren", fürchtet der 39-fache GP-Sieger.
Wenn man überhaupt so weit kommt. Angesichts des holprigen Testbeginns schätzt Vettel, dass beim Saisonstart nur die Hälfte der Autos das Ziel sehen werden. An eine Titelverteidigung will er noch gar nicht denken: "Alles ist so neu, dass wir erst nach drei oder vier Rennen eine Ahnung haben werden, wo die Reise hingeht. Ausgehend von dem Stand macht es dann Sinn, sich Ziele zu setzen."
Vettel erwartet große Unterschiede
Ob ihm die neuen Regeln auf den Gasfuß maßgeschneidert sind, kann Vettel nicht sagen: "Auch da müssen wir abwarten. Die Simulatorfahrten haben schon gezeigt, dass wir den Fahrstil anpassen müssen Wir haben auch noch keine Ahnung, wie sich die Reifen verhalten werden. Das lässt sich sehr schwer simulieren."
Der Motor wird im ersten Jahr eine entscheidende Rolle spielen. Das sieht auch der Titelverteidiger so. "Zuletzt herrschte an der Motorenfront praktisch Gleichstand. Ich glaube nicht, dass irgendeiner der drei Motoren für mehr als ein Zehntel gegenüber dem anderen gut war. Da wird es dieses Jahr größere Unterschiede geben."