Wird Ferrari-Geheimnis entschlüsselt?
Wird ab jetzt scharf geschossen? Red Bull reichte bei der FIA eine offizielle Anfrage zu einem Trick ein, der dem Motor mehr Power geben soll. Die Konkurrenz will jetzt nach dem Ausschlussverfahren hinter das Ferrari-Geheimnis kommen.
Fast ein ganzes Jahr lang standen Ferrari, Mercedes und Red Bull vereint da. Die drei Top-Teams waren mit den Regelvorschlägen der FIA für 2021 nicht zufrieden. Immer wieder betonten die drei Parteien, dass ihnen das neue Reglement zu wenige Freiheiten biete. Deshalb hat man sich auf und neben der Rennstrecke nicht wehgetan. Obwohl Ferrari mit seinem offensichtlichen Power-Vorsprung bei der Konkurrenz Zweifel aufkommen ließ, ob da alles mit rechten Dingen zugeht. Bis jetzt blieb es bei gezielt gestreuten Theorien über das Ferrari-Geheimnis.
Die FIA stellt sich auf den Standpunkt: Es soll einer protestieren, dann untersuchen wir. Aber offenbar fehlt es den anderen Motorherstellern an handfesten Beweisen für ihre Theorien. Bislang haben Mercedes, Honda und Renault immer nur inoffizielle Fragen an die FIA über die Legalität bestimmter leistungsfördernder Maßnahmen gestellt, aber nie eine befriedigende Antwort bekommen.
Doch jetzt ist Schluss mit dem Scheinfrieden. Ferrari ist aus dem Club der Regel-Skeptiker ausgeschert und hat im FIA-Weltrat für das 2021er Reglement gestimmt. Also müssen sie auch nicht mehr verschont werden.
Wird die Benzindurchfluss-Regel ausgetrickst?
Red Bull richtete offenbar eine gezielte Anfrage an die FIA, ob es erlaubt sei, bei der Messung der Benzin-Durchflussmenge etwas freizügiger vorzugehen als es im Sinne der Regeln ist. Der Benzinfluss wird nämlich nicht kontinuierlich gemessen, sondern in Intervallen. in Addition dieser Messwerte darf die Benzinmenge nicht mehr als 100 Kilogramm pro Stunde betragen.
Doch was passiert in der Zeit zwischen den Messpunkten? Wer da gezielt Kraftstoff einspritzen würde, wo Messwerte fehlen, würde dem Verbrennungsprozess mehr Sprit zuführen als erlaubt. Und natürlich gerade in den Beschleunigungsphasen mehr Leistung erzielen.
Die FIA hat nun mit einer Technischen Direktive auf die offizielle Anfrage von Red Bull geantwortet. In TD 035/19 steht, dass eine solche Praxis illegal wäre. Damit hat der Fragesteller noch nicht viel gewonnen. Er weiß jetzt lediglich, dass ein Wettbewerber in Zukunft auf den Trick verzichten müsste, wenn er ihn denn angewendet hat.
Mercedes, Honda und Renault werden in der Qualifikation und in der Startrunde morgen beim Grand Prix nun ganz genau darauf schauen, ob Ferrari weiterhin so viel Zeit auf den Geraden auf sie gutmacht. Wenn ja, wissen sie immerhin, dass sie falsch lagen. Wenn das Spielchen noch ein paar Mal so gespielt wird, lernen Ferraris Gegner nach dem Ausschlussverfahren wenigstens, was Ferrari nicht macht.
Sportdirektor Helmut Marko verteidigt das Vorgehen: „Hier wird überhaupt nicht scharf geschossen. Wir wollen nur Klarheit. Ferraris Motorvorsprung ist einfach zu krass. Die Anfrage gibt es schon länger. Weil wir aber von der FIA nichts gehört haben, haben wir sie jetzt intensiviert.“