Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne: 2015 wechselt Vettel von Red
Bull zu Ferrari. Die Tifosi setzen alle Hoffnungen in den
Nachfolger von Fernando Alonso - schließlich war die Scuderia in
der Vergangenheit schon einmal erfolgreich mit einem deutschen
Fahrer am Steuer.
Sein erster Ferrari-Sieg lässt nicht lange auf sich warten.
Schon im zweiten Rennen für sein neues Team steht er in Malaysia
auf dem Siegertreppchen. "Als Kind habe ich immer Michael im roten
Ferrari siegen gesehen. Heute bin ich selbst hier. Das ist
unglaublich", ist er den Tränen nahe.
Insgesamt gewinnt Vettel in seinem ersten Ferrari-Jahr drei
Rennen (Malaysia, Ungarn und Singapur). Gegen die dominanten
Mercedes-Boliden hat das italienische Team aber keine Chance. Mit
17 Top-5-Platzierungen in 19 Rennen wird der Deutsche am Ende des
Jahres WM-Dritter (278 Punkte).
Mit Platz drei in Abu Dhabi beschließt der Heppenheimer ohne
einen einzigen Sieg eine durchwachsene Saison 2016. In 20 Rennen
schaffte er es insgesamt nur siebenmal auf das Podium. In der
Weltmeisterschaft wird er nur Vierter (212 Punkte) und muss sich
hinter den Mercedes-Fahrern und seinem Ex-Teamkollegen Daniel
Ricciardo einreihen.
Den Schwung kann Vettel in die erste Saisonhälfte mitnehmen, er
gewinnt noch drei weitere Rennen (Bahrain, Monaco und Ungarn).
Allerdings zeigt er erneut Nerven: In Baku kommt es in der
Safety-Car-Phase zum mittlerweile berühmten "Rammstoß" gegen Lewis
Hamilton, nachdem dieser beim Restart langsamer gemacht hat.
Der Anfang vom Ende aller WM-Hoffnungen: Nachdem Vettel die
WM-Führung ausgerechnet in Monza an Lewis Hamilton abgeben muss,
erlebt er in der zweiten Saisonhälfte ein Desaster nach dem
anderen. Zuerst kollidiert er ausgerechnet mit Kumpel Kimi
Räikkönen in Singapur ...
Noch besser als im Vorjahr startet Vettel in die Saison 2018. Er
gewinnt nicht nur den Auftakt in Australien (sein 100. Podium)
sondern mit einer Meisterleistung auch den Grand Prix von Bahrain.
Auf 39 Runden alten weichen Reifen hält er sich im Finish Valtteri
Bottas vom Leib.
Nach weiteren Siegen in Kanada (sein 50. Karrieretriumph) und in
Großbritannien mausert sich Vettel erneut zum WM-Favoriten - bis zu
seinem Heimrennen. Feiert er am Samstag in Hockenheim noch die
Pole, wendet sich das Blatt im Rennen. In Führung liegend rutscht
er durch einen Fahrfehler in der Sachskurve ins Aus.
Erneut muss sich der vierfache Weltmeister von der WM-Führung
verabschieden, erneut scheint es in der zweiten Saisonhälfte nicht
mehr so rund zu laufen. Etwa in Monza: In der ersten Runde dreht
sich Vettel vor den Tifosi. Dennoch: 2018 beendet er mit 320
Punkten und erneut fünf Siegen und dem Vize-Titel seine bislang
beste Ferrari-Saison.
Ferrari kann nicht an die fulminanten Saisonstarts der Vorjahre
anknüpfen, hinzukommen ungewöhnliche Eigenfehler des Stammfahrers
(etwa in Silverstone - Kollision mit Verstappen). Ein Lichtblick
folgt ausgerechnet in Hockenheim: Vettel rast zu Hause im Regen vom
letzten Platz auf das Podium (Platz zwei)!
Erst nach 23 Rennen kann Vettel seine Durststrecke beenden und
in Singapur 2019 endlich wieder ein Rennen gewinnen - bis heute
sein letzter Ferrari-Triumph. "Ich habe nicht an mir gezweifelt",
richtet er danach seinen Kritikern aus, die sich im Laufe der
Saison vermehrt haben.
Nach einem kurzen Aufatmen aber schon der nächste Tiefpunkt:
Nach zwei technischen Defekten (Russland, USA) geraten Vettel und
Leclerc in Brasilien aneinander. "So ein Bockmist aber auch",
flucht der Heppenheimer. Sein Frust hat sich aufgestaut, wieder ist
er seinem Traum nicht ein Stück näher gekommen ...
... denn seine fünfte Ferrari-Saison ist mit WM-Rang fünf auch
seine bislang schlechteste (240 Punkte). Nur ein Rennen kann er
gewinnen, acht weitere Male aufs Podium fahren. Die Anzeichen
verdichten sich im Frühjahr 2020, dass Vettel Ferrari verlassen
könnte. Am 12. Mai gibt das Team die offizielle Trennung zu
Saisonende bekannt.