Red Bull beweist erneut Mut

Red Bull setzt 2015 auf die Karte Risiko. Nicht Fernando Alonso steigt in das Cockpit von Sebastian Vettel, sondern der Grünschnabel Daniil Kvyat. Neuer Teamkapitän ist Daniel Ricciardo. Beide Red Bull-Piloten bringen zum Saisonbeginn 2015 die Erfahrung von 88 GP-Starts mit. Kann man damit den Titel gewinnen?
Red Bull hatte es eilig. Nur elf Stunden, nachdem Sebastian Vettel dem Team offiziell seinen Abschied verkündet hatte, war sein Nachfolger schon nominiert. Er kommt nach alter Tradition aus dem eigenen Stall. Der 19-jährige Daniil Kvyat wurde nach nur einem Jahr bei Toro Rosso in das A-Team befördert. So schnell ging es nicht einmal bei Sebastian Vettel und Daniel Ricciardo. Vettel brachte eineinhalb Jahre Erfahrung bei der Juniortruppe mit, Ricciardo dreieinhalb.
Doch diesmal hat der interne Platztausch eine andere Dimension. Als Vettel kam, war mit Mark Webber eine erfahrene Komponente im Stall. Und als sich Ricciardo für das zweite Cockpit qualifizierte, hatte man mit Vettel einen vierfachen Champion im Haus. 2015 stellt Red Bull mit Ricciardo und Kvyat eine der jüngsten Fahrerpaarungen. Der eine wird im nächsten Jahr 26, der andere 20. Zusammen beginnen sie die Saison mit der Erfahrung von 88 GP-Starts.
Schnelle Wahl verhindert Spekulationen um Alonso
Die Eile, mit der Red Bull das zweite Cockpit besetzte, hatte einen Grund. Hätten Dietrich Mateschitz, Helmut Marko und Christian Horner gewartet, hätten die Medien Fernando Alonso gefordert. Die logische Wahl. Das hätte den Druck auf die Teamleitung erhöht. Mit der schnellen Bekanntgabe von Kvyat nahm man allen Spekulationen schnell die Luft.
Helmut Marko erklärte, warum der Grünschnabel Kvyat für Red Bull besser ist als der zweifache Weltmeister Alonso: "Mit Alonso hätten wir die sicherste Karte gespielt, aber das passt nicht zu Red Bull. Er hätte unser Juniorprogramm ad absurdum geführt. Wir haben viele gute Leute in unserem Kader, die diesen Platz auch ausfüllen können."
Christian Horner hatte auch Angst um den Teamfrieden. Mit Alonso im Team geht es in kritischen Momenten nicht so harmonisch zu wie mit zwei Fahrern, die einen ähnlichen Werdegang haben. Daniel Ricciardo kann seinen Aufstieg vom Überraschungsmann der Saison zum neuen Teamkapitän selbst kaum glauben: "Es kommt mehr Verantwortung auf mich zu, aber ich traue mir diese Rolle zu. Alonso wäre vielleicht die logische Wahl gewesen, aber Red Bull ist mit mir ein ähnliches Risiko eingegangen, und es hat sich ausgezahlt."
Kvyat ist die günstige Lösung
Ricciardo hat sich viel von Vettel abgeschaut. Zum Beispiel, wie man die Ingenieure fordert, wie man eigene Vorstellungen durchsetzt, wie man ein Team führt. Der Australier hat keine Angst, dass Red Bull nach dem Weggang von Vettel und dem Rückzug von Star-Designer Adrian Newey seine Rolle als Top-Team verliert: "Kein Team dominiert ewig. Nach vier WM-Titeln in Folge ist es unausweichlich, dass die Kurve mal nach unten zeigt. Es liegt jetzt an Kvyat und mir, das Rad wieder zurückzudrehen. Red Bull hat immer noch viele gute Leute im Team, die das möglich machen können."
Ricciardo gewinnt in der Verpflichtung seines neuen Teamkollegen noch eine weitere gute Seite ab. "Kvyat ist sicher die billigere Lösung als Alonso. Ich hoffe Red Bull steckt das gesparte Geld in die Technik."
Mercedes-Teamchef Toto Wolff glaubt nicht, dass Red Bull in Zukunft ein leichterer Gegner wird: "Red Bull ist mit Kvyat einen mutigen Weg gegangen. Sie haben aber mit Ricciardo gezeigt, dass dieses Modell funktionieren kann. Wenn Kvyat auch einschlägt, ist das Heranzüchten junger Fahrer vielleicht ein Weg, der Zukunft hat."