Red Bull greift an
Red Bull kürzt für den GP Kanada die Nase des RB12. Ein Strategie-Chaos wie in Monaco soll sich nicht mehr wiederholen. Daniel Ricciardo gibt sich optimistisch und hofft auf das "perfekte Wochenende".
Daniel Ricciardo hat beste Erinnerungen an Kanada. 2014 ritt der Australier auf dem Circuit Gilles-Villeneuve zu seinem ersten von bislang drei Grand Prix-Siegen. Und auch für die 2016er Ausgabe auf dem schnellen Kurs mit einem Volllastanteil von 59 Prozent hat sich Ricciardo einiges vorgenommen. "Ich denke, wir können die Nummer zwei hinter Mercedes sein. Wie weit wir von ihnen weg sind, kann ich nicht sagen. Aber hoffentlich nah genug dran, um sie unter Druck zu setzen."
Telefongespräch mit Teamchef Horner
Ein positives Resultat wäre für die Psyche des dreifachen GP-Siegers enorm wichtig, nachdem sein Team ihn in Spanien und vor allem in Monaco vor zwei Wochen um den Erfolg gebracht hatte. Red Bull verkorkste die Strategie und den entscheidenden zweiten Boxenstopp. Und Ricciardo verlor sein Dauerlächeln. Stattdessen froren dem Australier die Gesichtszüge ein.
In Kanada ist Ricciardo wieder besser gelaunt. "Ich habe mir ein paar Tage gegönnt, um abzukühlen", berichtet der 26-Jährige aus Perth. Dann telefonierte er mit Red Bull-Teamchef Christian Horner. "Er hat sich nochmals bei mir entschuldigt und erklärt, wie es zu dem Schlamassel kommen konnte. Später in der Woche habe ich noch mit meinem Renningenieur Simon gesprochen. Mir war es wichtig, dass nicht nur über den zweiten Stopp nachgedacht und diskutiert wurde, sondern auch über den ersten. Da haben wir Lewis schon unnötig ins Rennen gebracht", befindet Ricciardo. Beim ersten Stopp wechselten die Mechaniker in Monte Carlo von Regen- auf Intermediate-Reifen. Einen Tausch, den sich der spätere Sieger Lewis Hamilton sparte.
Neue Red Bull-Nase um 1,5 Zentimeter kürzer
Red Bull hat aus dem Monaco-Chaos seine Schlüsse gezogen. Der Abonnement-Weltmeister der Jahre 2010 bis 2013 hat laut Ricciardo ein neues Strategie-Programm geschrieben, dass mit Live-Daten während der Rennen gefüttert wird. "Das wichtigste ist, dass uns so ein Fehler nicht noch einmal passiert. Es gibt ein paar neue Parameter für die Phase vor und während des Stopps. Damit sicher ist, dass die Reifen parat stehen. Und auch, dass verschiedene Mischungen zur gleichen Zeit zur Verfügung stehen", erklärt Ricciardo.
Für den GP Kanada arbeitete Red Bull aber nicht nur an der Strategie-Front. Auch die Technikabteilung in Milton Keynes war fleißig und karrte eine neue Nase nach Montreal. Sie ist nochmals 1,5 Zentimeter kürzer als die vorherige Version. Damit ist Red Bull an der Minimallänge von 85 Zentimetern angekommen. Wie Mercedes. "Dieses Rennen wird uns Auskunft über den weiteren Saisonverlauf geben. Wenn wir hier wettbewerbsfähig sind, können wir überall kämpfen", findet Ricciardo, der sich bei einem guten Wochenende sogar Titelchance ausrechnet. "Vor der Saison hätte ich nicht geglaubt, dass ich nach sechs Rennen Dritter bin. Wenn ich Russland nicht mit einem Nuller abgeschlossen und in China keinen Reifenschaden gehabt hätte, wäre ich jetzt sogar vorne dran. Wir brauchen in Kanada ein perfektes Wochenende", meint der WM-Dritte, dem auf Nico Rosberg in der Gesamtwertung 40 Punkte fehlen.
Es ist zu erwarten, dass das Update nicht nur eine kürzere Nase beinhaltet. Normalerweise zieht ein solches Update auch Änderungen am Frontflügel und an den Leitblechen nach sich. Im Heck des Red Bull entdeckten wir am Donnerstag bereits einen neuen Flügel.
Verstappen mit neuem Motor
In den Genuss eines neuen Motors kommt in Kanada Max Verstappen. In Monaco war nur ein Exemplar des weiterentwickelten Renault-V6 vorhanden. Das bekam Ricciardo. Nach seinen Unfällen in Monaco ist das Selbstvertrauen des Spanien-Siegers noch intakt. "Meine wichtigste Lektion: Ich muss weiter von den Mauern wegbleiben. Aber ich sehe Kanada sowieso nicht als Stadtkurs", sagte der 18-jährige Niederländer.
Das miese Wetter in Montreal könnte Red Bull in die Karten spielen. Im Regen zeigte sich der RB12 bislang besser aufgestellt als alle Konkurrenzprodukte – inklusive Mercedes. "Regen würde uns sicher helfen. Aber ich bevorzuge eine trockene Strecke. Das macht mehr Spaß. Und auch den Fans zuliebe", erkläre Verstappen.