Rennanalyse GP China 2014

In unserer Rennanalyse beantworten wir wie gewohnt die letzten
offenen Fragen zum Rennen in Shanghai. Warum wurde das Rennen schon
nach 54 Runden gewertet und nicht nach 56? Was lief beim
Massa-Boxenstopp schief? Und wie stark wurde Ricciardo von Vettel
behindert?
Warum gingen nur 54 Runden in die Wertung ein?
Normalerweise sollte der Grand Prix von China über 56 Runden gehen. Doch ein Fehler des chinesischen Flaggenschwenkers sorgte dafür, dass schon in Runde 55 abgewinkt wurde. In die Wertung kam am Ende sogar schon der Stand nach dem 54. Umlauf. Grund dafür ist Pragraf 43.2 des Sportgesetzes. Das ungeplante, vorzeitige Flaggenschwenken wurde von den Regelhütern der FIA wie ein Rennabbruch angesehen. Und dann gilt immer der Stand in der Runde zuvor.
Man stelle sich einmal vor, es hätte noch wichtige Platzverschiebungen in den gestrichenen Runden gegeben. Der Aufschrei wäre wohl groß gewesen. So tauschten am Ende nur Kobayashi (18) und Bianchi (17) ihre Positionen zurück - zu Ungunsten von Kobayashi. Den Namen des Mannes am karierten Tuch wollte die FIA übrigens nicht nennen. Die ganze Angelegenheit ist allein Beteiligten ziemlich peinlich.
Dabei ist solch ein Fall nicht zum ersten Mal eingetreten: 2002 war Fußballstar Pele in Brasilien für den Flaggendienst eingeteilt. Der Ballzauberer verschlief allerdings die Zieleinfahrt von Michael Schumacher, der dann eine Extrarunde einlegen musste. Fälle einer zu frühen Zielflagge sind ebenfalls dokumentiert: Beim GP England 1985 in Silverstone und beim GP Südafrika 1968 kam es zum gleichen Fauxpas wie in Shanghai.
Lewis Hamilton sah die ganze Sache locker: "Ich dachte erst, dass ich Wahnvorstellungen habe. Ich hatte noch eine weitere Runde erwartet und dann sah ich plötzlich die Flagge. Ich habe kurz das Gas gelupft, habe aber dann gleich gemerkt, dass mein Team gar nicht an der Boxenmauer stand. Deshalb bin ich weitergefahren. Ich habe dann nachgefragt und mir wurde gesagt, dass ich noch eine Runde drehen soll. Das war etwas seltsam."
Was lief beim Massa-Boxenstopp schief?
Felipe Massa befand sich mitten im Kampf gegen Nico Hülkenberg, als er in der zehnten Runde zum ersten Boxenstopp einlief. Dabei verlor der Brasilianer jedoch fast eine Minute und fiel aussichtslos auf den letzten Platz zurück. Den Mechanikern war ein dummes Missgeschick unterlaufen. Sie hatten die Reifen auf der Hinterachse seitenverkehrt parat gelegt.
Beim verzweifelten Versuch, die verkehrten Walzen doch irgendwie draufzuhämmern, beschädigten die Mechaniker auch noch das Gewinde der Radmuttern. So dauerte es auch nach dem Tausch der Seiten einige Extra-Sekunden, bis die Gummis endlich fest saßen. Der Mechaniker an der Freigabe ließ sich zudem extra viel Zeit, bis er die Ampel auf Grün schaltete. Es musste sichergestellt sein, dass Massa nicht mit einem losen Rad losgeschickt wird. Sonst hätte es für Barcelona auch noch eine Startplatzstrafe gegeben, wie es schon Daniel Ricciardo in Malaysia erleben musste.
Kostete der Red Bull.Streit Ricciardo den 3. Platz?
Der Stallorder-Streit bei Red Bull war das Thema in Shanghai. Sebastian Vettel weigerte sich trotz Anweisung, seinen Teamkollegen Daniel Ricciardo vorbeizulassen - obwohl der Australier mit frischen Reifen deutlich schneller war. Hätte Red Bull mit etwas mehr Kooperationsbereitschaft eine Chance auf den dritten Platz gehabt? Die Analyse der Zeiten von Ricciardo zeigt, dass der Youngster sowohl in Runde 22 als auch in Runde 26 mit 1:43.6 Min. gestoppt wurde.
In den 3 Runden bevor der Mann aus Perth an Vettel vorbei kam, war er jeweils jenseits von 1:44.1 Min. unterwegs - verlor im Windschatten des Schwesterautos insgesamt 2,7 Sekunden. Im Endspurt gegen Fernando Alonso hätte es aber vermutlich nicht für Platz 3 gereicht. Zwar lag Ricciardo nach 56 Runden nur 1,2 Sekunden hinter seinem Konkurrenten, doch wegen des Flaggen-Fauxpas wurde das Ergebnis bereits nach der 54. Runde gewertet. Da war Ricciardo noch 3,5 Sekunden vom Podium entfernt. Außerdem sind Heranfahren und Überholen bekanntlich 2 verschiedene Dinge - vor allem mit dem Top-Speed-schwachen Red Bull.
Warum war Nico Rosberg so genervt von den Sprit-Ansagen?
Nico Rosberg musste wegen des Telemetrie-Problems Runde für Runde den Stand seiner Tankanzeige durchgeben. In der Schlussphase verweigerte der Pilot aber irgendwann die Auskunft. "Mich hat nicht gestört, dass ich es so oft durchgeben musste, sondern die Stelle an der es passierte - direkt vor Kurve 1. Die ist nicht gerade einfach", verteidigte sich der Pilot. Die Ingenieure wollten die Messung zur präzisen Kalkulation möglichst immer genau auf dem Zielstrich haben.
Das Problem lag übrigtens nicht an der Daten-Sammlung sondern an der Übertragung. Die Daten selbst konnten im Auto gespeichert werden, wie Teamchef Paddy Lowe bestätigte. Die Ingenieure, die im Rennen weniger zu tun hatten, werden bis Barcelona sicherlich herausfinden, was man hätte besser machen können. Kurioserweise war Rosberg nicht der einzige Pilot mit ausgefallener Telemetrie. Auch bei Valtteri Bottas gab es keine Live-Daten. Allerdings hat der Finne noch das alte Display im Auto - ohne Benzinanzeige.
In unserer Bildergalerie haben wir die besten Fotos vom Rennen in Shanghai gesammelt.