Rennanalyse GP Japan
Am nächsten Wochenende in Shanghai hat Lewis Hamilton Matchball. Nach seiner weltmeisterlichen Fahrt in Fuji führt der 22-jährige Engländer die WM mit 12 Punkten vor Teamkollege Fernando Alonso und 17 Zähler vor Kimi Räikkönen an. Der zweite Ferrari-Fahrer Felipe Massa ist nach seinem sechsten Platz aus dem Titelrennen.
Hamilton erlaubte sich in der Wasserschlacht von Fuji trotz schwierigster Bedingungen nur zwei kleine Ausrutscher. An der Kollisionmit Robert Kubica war er nach Meinung der Rennleitung nicht schuld. Erkostete den Sieger des GP Japan sieben Sekunden. Mit seinem vierten Triumph in diesem Jahr lieferte Hamilton sein Meisterstück ab. "Er weiß jetzt auch, dass er im Regen mit den Besten mithalten kann. Das wird ihm weiteres Selbstvertrauen für die letzten zwei Rennen geben", glaubt McLaren-Direktor Martin Whitmarsh.
Alonso: Schon beinahe aufgegeben
Umsomehr, weil seine WM-Gegner patzten. Fernando Alonso flog
drei Mal von der Strecke. Beim ersten Mal rettete eine Auslaufzone
den Spanier. Die Kollision mit Sebastian Vettel beschädigte den
rechten Seitenkasten des McLaren-Mercedes. ’Fernando hat Abtrieb
verloren, die Balance stimmte nicht mehr’, verriet Whitmarsh. ’Er
hatte deshalb mehr Probleme mit Aquaplaning.’ Alonsos McLaren
schwamm beim Anbremsen von Kurve 6 auf einem Bach auf, der quer
über die Strecke lief. ’Es war ein harter Aufprall’, murmelte der
Spanier, der seine WM-Hoffnungen fast schon begraben hat. ’Ich
brauche einen Sieg und einen Ausfall von Lewis. Bei zwei normalen
Rennen ist Hamilton nicht mehr einzuholen.’
Hamilton: Seitenhieb auf Alonso
Hamilton versucht so wenig wie möglich an den Titel zu denken, auch wenn er zugeben muss, dass er jetzt in greifbare Nähe gerückt ist: ’Ich konzentriere mich nur auf das nächste Rennen.’ Dann verpasste er seinem Stallrivalen noch eine kleine verbale Ohrfeige: ’Wir alle hatten Probleme mit Aquaplaning. Deshalb war es wichtig, dir die großen Wasserlachen zu merken und dort das Auto geradezustellen. Dort, wo Fernando abgeflogen ist, bin ich immer ganz vorsichtig drübergerollt.’
Ferrari macht Fehler
Wenn Ferrari diese Weltmeisterschaft verliert, dann weil sich die Roten einfach zuviele Fehler geleistet haben. Als einziges Team ging Ferrari mit Intermediate-Reifen an den Start, obwohl die Rennleitung vorher per e-mail angekündigt hatte, dass Regenreifen bei einem Start hinter dem Safety-Car Pflicht sind. Deshalb mussten Felipe Massa und Kimi Räikkönen in den Runden 1 und 2 auf Befehl des Renndirektors auf Regenreifen umrüsten, und deshalb läuft auch noch ein Einspruch gegen den dritten Platz von Räikkönen und den sechsten Rang von Massa.
Die Ferrari-Piloten lagen nach dem Strafstopp am Ende des Feldes, das sich 19 Runden lang hinter dem Safety-Car anstellte, bis endlich das Rennen freigegeben wurde. Bei McLaren wurden man am Kommandostand bereits nervös, weil beide Ferrari bei ihren Reifenwechseln vollgetankt wurden, und der eigene Tankstopp nahte. ’ Wir mussten in den Runden 20 bis 27 und 28 genügend Vorsprung rausfahren, um nicht hinter die Ferrari zufallen’, erklärte Whitmarsh. ’Je länger die Safety-Car-Phase am Anfang dauerte, umso brenzliger wurde es für uns.’
Ferrari flüchtete sich nach dem Fehler mit der Bereifung in Schutzbehauptungen. Teammanager Stefano Domenicali habe das e-mail erst nach dem Start erhalten, und außerdem werde so eine Entscheidung normalerweise auf einem Papier verteilt, das man unterschreiben müsse. Auch das habe man nicht bekommen. Die Geschichte mit dem e-mail kann nicht stimmen. Es wurde über den Standardverteiler um 12.37 Uhr Ortszeit verschickt. Also 53 Minuten vor dem Start. Alle haben diese Mail bekommen. Die Entschuldigung mit dem Papier ist auch merkwürdig, weil zehn andere Teams auf die elektronische Mitteilung reagiert hatten.
Falsche Ferrari-Wettervorhersage
Die Ferrari-Strategen setzten auf Intermediates, weil sie sich
von einem falschen Wetterbericht blenden ließen: ’Wir haben das
Auto für trockene Bedingungen abgestimmt. Mit Regenreifen hätten
wir unsere Strategie auf den Kopf gestellt.’ Auch das ist falsch.
Renault hatte sich ebenfalls mit einem Trocken-Setup verspekuliert,
startete trotzdem auf Regenreifen und kam auf den Plätzen 2
(Kovalainen) und 5 (Fisichella) ins Ziel. ’Intermediates’, sagte
Chefingenieur Pat Symonds, ’wären bei diesen Verhältnissen völlig
unmöglich gewesen, egal mit welcher Abstimmung man losgefahren ist.’
Die erste Runde von Massa zeigte es. Obwohl er nur mit
Safety-Car-Geschwindigkeit fuhr, flog er zwei Mal von der Strecke.
Renault mit bestem Resultat
Renault schaffte sein bestes Saisonresultat. Der Titelverteidiger musste 15 Rennen auf das erste Podest warten. Heikki Kovalainen verteidigte den zweiten Platz mit Zähnen und Klauen gegen seinen finnischen Landsmann Kimi Räikkönen. ’Mein Visier war so beschlagen, dass ich Kimi nicht sehen konnte. Die Box hat mir gesagt, dass er immer näher kommt. Ich wusste, dass er neben der Ideallinie nicht überholen konnte, weil es dort soviel Aquaplaning gab. Deshalb bin ich nur den Spuren von Hamilton nachgefahren.’ Symonds rauchte im Ziel erleichtert eine Zigarette: ’ Wir haben unseren Wettermann zuhause gelassen und uns aufs Internet verlassen. Deshalb lagen wir im Training und im Rennen mit dem Set-up falsch. Dafür sind 12 Punkte für unsere zwei Fahrer nicht schlecht.’
Auf und Ab für Vettel
Die 140.000 Zuschauer, die mit fast 3.000 Bussen an die abgelegene Strecke von Fuji gekarrt wurden, sahen nach 42 Minuten hinter dem Safety-Car ein unterhaltsames Rennen. Sebastian Vettel lieferte die Sensation und die Panne des Tages. Der ToroRosso-Pilot tauchte sofort nach der Freigabe des Rennens auf Platz drei auf und zwischen den Runden 29 und 31 führte der 20-jährige Hesse sogar. Ein Podestplatz lag in Reichweite, als ihn ein Zwischenfall aus dem Rennen riss, der für einen Rennfahrer ein Albtraum ist. Er crashte hinter dem Safety-Car in das Heck des Red Bull von Mark Webber. Vettel entschuldigte sich für seinen Fehler’, der Marks und mein Rennen zerstörte.’ Webber hatte zunächst wutentbrannt sein Lenkrad aus dem Auto gefeuert, beruhigte sich dann aber wieder. ’Ich war so schnell wie Hamilton, hätte ihn aber wohl kaum überholen können. Der Sprit hätte locker bis zum Rennende gereicht. Ich hatte mir gerade einen Schlachtplan überlegt, als Lewis vor mir plötzlich langsam wurde, um die Bremsen für den Re-Start aufzuhreizen. Ich musste neben ihn ziehen, um ihn nicht abzuschießen, da krachte es auch schon. Ehrlich gesagt, verstehe ich Vettel nicht. Er hatte doch am Anfang des Rennens lange genug Anschauungsunterricht, wie es hinter demS afety-Car zugeht.’
Webber hatte einen unglücklichen Tag erwischt. Schon am Morgen musste er mit Anzeichen einer Fischvergiftung zum Arzt. Nach fünf Runden wurde es ihm unter dem Helm so schlecht, dass er sich übergeben musste. ’Ich wollte schon aufgeben, aber mein Physiotherapeut hat am Funk gesagt, dass ich tief durchatmen soll. Das hat geholfen. Als dann das Rennen endlich freigegeben wurde, ging es mir schon wieder ganz gut. Schade, heute haben wir durch einen unnötigen Zwischenfall acht Punkte weggeworfen.’ Red Bull konnte sich trösten. David Coulthard kam als Vierter ins Ziel. Teamchef Christian Horner lobte: ’David hat mit Hirn und Erfahrung wieder die Punkte geholt, die andere liegenlassen.’