Schmidts F1-Blog
Wer die Formel 1 nach den ersten 6 Rennen der Saison immer noch für zu langweilig hält, soll sich eine andere Sportart suchen, meint Michael Schmidt in seinem aktuellen Blog.
Es ist an der Zeit, endlich etwas Gutes über die Formel 1 zu schreiben. Über das Schlechte haben wir in den letzten zweieinhalb Jahren oft und ausführlich berichtet. Die Königsklasse hat es uns ja auch leicht gemacht mit dem organisierten Chaos, das sie angerichtet hat, um ihre Kritiker ruhigzustellen.
Am Ende waren es ganz einfache Maßnahmen, die geholfen haben. Der Start mit nur einem Kupplungshebel, das partielle Funkverbot, drei verschiedene Reifen im Angebot. Es wäre noch radikaler gegangen, aber wir wollen jetzt nicht ungerecht sein.
Formel 1 wird immer spannender
Wäre die Saison 2016 eine Krimiserie in 21 Folgen, man dürfte keine verpassen. Ich jedenfalls freue mich auf Montreal, weil ich nicht sagen kann, was dort passieren wird. Mercedes hat zwar immer noch das schnellste Paket, doch es ist Land in Sicht. Red Bull holt auf, Renault erinnert sich plötzlich wieder daran, wie man gute Motoren baut, und Ferrari würde auch besser dastehen, wäre nicht in jedem Rennen zur unpassenden Zeit der Wurm drin.
Auch Mercedes ist nicht sattelfest. Weil die Aufholjagd der Gegner den Klassenbesten ans Limit treibt. Da ein Motorproblem, hier Dampfblasen im Benzin, dort Reifen, die nicht auf Temperatur kommen wollen.
Die ersten 6 Rennen brachten wunderbare Unterhaltung. Melbourne, Barcelona, Monte Carlo. alles echte Krimis. In Bahrain und Shanghai wurde überholt, dass die Statistiker mit dem Zählen nicht nachkamen. Auf der Rennstrecke fliegen die Fetzen, an den Kommandoständen herrscht Chaos, und hinter den Kulissen gibt es ein Überangebot an Geschichten.
Es fliegen wieder die Fetzen
Die Kollision der Mercedes-Fahrer in Barcelona. Der Stallbefehl ein Rennen danach. Der jüngste GP-Sieger aller Zeiten. Der tragische Held Daniel Ricciardo, den einmal die Strategie und dann seine Boxencrew um einen Sieg betrügt. Ferraris Seifenoper mit dem Einpeitscher Sergio Marchionne und verunsicherten Söldnern an der Front. Das konnten Enzo Ferrari und Mauro Forghieri vor 50 Jahren auch nicht besser.
Sergio Perez auf dem Podest in Monte Carlo. Wir haben mit HaasF1 ein erfrischendes neues Team, mit McLaren-Honda einen Jubilar, der wieder auf dem Weg nach oben ist und mit Renault einen noch schlafenden Riesen.
Okay, der GP Russland war als einziges Rennen bisher Hausmannkost. Doch auch da gab es genug Stoff für Schlagzeilen. Daniil Kvyat, der beim Start Sebastian Vettel rauskickt und 3 Tage später im Austausch mit Max Verstappen zu Toro Rosso ins Straflager muss. Die Verschwörungstheorien um Mercedes, weil scheinbar immer nur Lewis Hamilton die Motorseuche am Hals hat. Die Tricksereien mit dem Reifendruck.
Man stelle sich jetzt vor, es gäbe keine Telemetrie, keine Simulatoren, keinen Windkanal, kein GPS. Einfach nur den Kampf Mensch gegen Mensch, Team gegen Team, Maschine gegen Maschine. So viel Unberechenbarkeit wäre gar nicht auszuhalten.
Aber wir wollten heute nicht lästern. Wer jetzt noch einschläft, soll sich einen neuen Sport suchen. Ich habe in diesem Jahr schon mehr schlechte Fußballspiele als Autorennen gesehen. Meine Empfehlung: Kaufen sie sich Karten für Hockenheim. Es lohnt sich wieder.