WRC-Vorschau Rallye Australien

Der zehnte WM-Lauf verspricht Hochspannung auf dem Fünften
Kontinent. Nach zwei Jahren Abstinenz gastiert die Rallye-Elite
wieder in Australien. Anders als zwischen 1989 und 2006 findet die
Rallye in diesem Jahr nicht mehr im Westen des Landes statt.
Der Rallye.ross wandert rund 3.600 Kilometer von Perth im Westen Australiens nach New South Wales. Das Rallye.entrum ist in Kingscliff an der Ostküste des Fünften Kontinents beheimatet. Hier werden die Teams direkt am Strand an den WRC-Boliden schrauben. Mit dem Wechsel in den Osten des Landes ändert sich auch der Charakter der Rallye Australien. Der charakteristische rote Schotter, der den Piloten über 19 Jahre lang ein Fahrgefühl wie auf Murmeln bescherte, gehört damit der Vergangenheit an.
Mikko Hirvonen reist als WM-Führender zur Rallye Australien
Rund um Kingscliff erwartet Hirvonen, Loeb, Latvala, Sordo und die übrigen Lenkradakrobaten nun ein deutlich kompakterer Bodenbelag. Zwar handelt es sich nach wie vor um Schotter, dieser erlaubt jedoch wesentlich höhere Geschwindigkeiten als das rote Geröll rund um Perth, auf dem im Jahr 2006 letztmals gefahren wurde. Damals siegte der Finne Mikko Hirvonen vor Petter Solberg und dem Österreicher Manfred Stohl.
Hirvonen reist als WM-Führender nach Australien. Die letzte Rallye vor der vierwöchigen Sommerpause, sein Heimrennen in Finnland, konnte der Ford-Pilot für sich entscheiden und machte damit den Hattrick perfekt. Denn zuvor hatte der 29-Jährige bereits bei der Rallye Polen und der Rallye Griechenland die volle Punktzahl eingefahren. Sein Vorsprung auf Rekord-Weltmeister Sébastien Loeb beträgt vor den letzten drei Rallyes der Saison genau drei Punkte. Einen Nachteil hat sich der sympathische Finne mit seinem Parforceritt bei der Rallye-Finnland jedoch eingehandelt: Er muss am Donnerstag (2.9.) bei den beiden Auftaktprüfungen als Erster in die Loipe und arbeitet seinen Konkurrenten als Straßenkehrer damit unfreiwillig zu. Sollte der für den ersten Rallye.ag angekündigte Regen jedoch über die Wertungsprüfungen niedergehen, wäre der Nachteil für Hirvonen deutlich geringer. Hirvonens Co-Pilot Jarmo Lehtinen feiert in Australien übrigens seinen 100. Start bei einer WM-Rallye.
Rallye Australien mit komplett neuer Streckenführung
Die neue Streckenführung der Rallye Australien verspricht indes ein abwechslungsreiches Programm durch atemberaubende Landschaften. Am ersten Tag führt die Route über enge, von zahlreichen Bäumen gesäumte Pfade rund um Kingscliff. Der Samstag wartet dann mit schnellen und breiten Straßen weiter westlich auf. Hier dürften Geschwindigkeiten erreicht werden, die denen des schnellsten WM-Laufs in Finnland sehr nahe kommen. Am Sonntag driften die Volantkünstler dann über die engen Wege des Gondwana Regenwaldes, der seit 1986 das Prädikat des Unesco-Weltkulturerbes trägt. Diese Mixtur aus verschiedenen Streckencharakteristiken macht die Abstimmung der World Rally Cars besonders schwierig. Das Geheimnis für den Sieg Down Under wird in besonderem Maße im richtigen Setup-Kompromiss liegen.
In Australien betreten alle WRC-Piloten Neuland. "Dies ist für uns alle eine brandneue Rallye. Also weiß ich nicht, was mich erwarten wird", beschreibt Mikko Hirvonen. "Die Straßen im Westen, auf denen ich 2006 gewinnen konnte, sind komplett verschieden von denen, die wir dieses Jahr unter die Räder nehmen werden. Allerdings sollte der Schotter, den wir hier vorfinden werden, mir besonders liegen", so der Finne weiter. Sein Hauptkonkurrent um die WM-Krone kann ebenfalls auf einen Sieg am anderen Ende der Welt zurückblicken. 2004 trug sich Sébastien Loeb in die Siegerlisten ein. Der Franzose steht drei Rallye. vor Saisonende unter Zugzwang: "Unser Ziel muss es sein, in Australien zu gewinnen - oder zumindest vor Mikko Hirvonen zu landen. So wie die Situation im Moment aussieht, habe ich den Ausgang der WM in meinen eigenen Händen. Wenn ich die letzten drei Rallye. gewinne, bin ich Weltmeister. Wenn mich Mikko allerdings ein einziges Mal schlagen sollte, wird die Sache schwierig." Loeb erwartet einen heißen Fight, bei dem er sogar leichte Vorteile für seinen finnischen Rivalen sieht: "Das wird ein enger Kampf bei der Rallye Australien, denn Mikko ist gerade auf dieser Art Schotter besonders schnell. Insbesondere auf Prüfungen, die für alle Fahrer neu sind."
Rallye-Action im australischen Regenwald - Citroen will WM-Führung verteidigen
Schützenhilfe kann Loeb von seinem Citroen-Teamkollegen Dani Sordo erwarten. Der Spanier schart nach der einmonatigen Sommerpause bereits ungeduldig mit den Hufen. "Ich kann es kaum erwarten, wieder hinter das Steuer meines Citroen C4 WRC zu klettern." Nach drei Podiumsplätzen in Portugal, Argentinien und Polen will Sordo mit seinem Beifahrer Marc Marti auch bei der Rallye Australien ganz vorne mitfahren. "Wie immer werde ich versuchen, so schnell wie möglich zu fahren. Citroen hat 14 Punkte Vorsprung in der Hersteller-Wertung und mein Ziel ist es, diesen zu verteidigen. Außerdem werde ich alles tun, um Seb in seinem Kampf um den Fahrer-Titel zu unterstützen."
Die Nummer zwei im Hause Ford, Jari-Matti Latvala, steht vor dem dritten Australien.Start. Besonders die körperlichen Belastungen sieht der Finne als Herausforderung. Und dies nicht ohne Grund. Denn den WRC-Piloten wird hinter dem Volant alles abverlangt. Am ersten Tag müssen sie insgesamt mehr als 14 Stunden hinter dem Steuer sitzen. Am Samstag sind es gar 15 Stunden, während der Sonntag nach elf Stunden Lenkzeit ausklingen wird. "Es wird wichtig sein, sich nach dem Flug schnell an den Zeitunterschied zu gewöhnen. Außerdem wird es noch härter als sonst, die Konzentration zu bewahren. Während bei den meisten Rallye. drei Wertungsprüfungen aufeinander folgen, sind es in Australien am ersten Tag sieben WP. Da gilt es, auch auf den langen Verbindungsetappen konzentriert zu bleiben", skizziert der 24-jährige Finne die Anforderungen.
Zudem sollten sich Hirvonen, Loeb, Sordo und die übrigen Waghalsigen auf Wetterkapriolen einstellen. Denn über dem Gondwana Regenwald, durch den die Sonntagsetappe führen wird, öffnet der Himmel seine Schleusen im Schnitt mit 1.100 Litern Niederschlag pro Quadratmeter und Monat. Zum Vergleich: Der durchschnittliche Regenniederschlag in Frankfurt liegt bei rund 660 Litern - pro Jahr.
Petter Solberg bei der Rallye Australien nicht am Start
Wer in Australien wen nass machen wird, zeigt sich erst am Sonntag Morgen, wenn gegen sechs Uhr deutscher Zeit die Zielflagge fällt. Privatier Petter Solberg verzichtet übrigens auf den Start am anderen Ende der Welt. Der Norweger sah mit seinem betagten Citroen Xsara WRC keine Chance auf einen Podestplatz in Australien. Daher konzentriert er sich mit seinem Team auf die letzten beiden Rallyes der Saison. Sein bisheriges Einsatzgerät schickt Mr. Hollywood indes in Rente. In Spanien und in Großbritannien wird Solberg entweder mit einem Citroen C4 WRC oder am Steuer eines Ford Focus WRC an den Start gehen.