Alpine gewinnt sieben Startplätze
Alpine hat im Sprint von Silverstone auf weiche Reifen und damit auf Risiko gesetzt. Die Taktik ging auf. Die beiden Fahrer machten zusammen sieben Positionen gut. Fernando Alonso begeisterte mit einer Startphase, die fast schon Züge von Sennas Donington-Runde trug.
Der Grundstein wurde im zweiten Training gelegt. Esteban Ocon drehte mit den Soft-Reifen 15 Runden am Stück. Gleichzeitig spulte Fernando Alonso mit etwas mehr Sprit im Tank einen gleich langen Longrun auf Medium-Gummis ab.
Nach Analyse der Daten setzten die Alpine-Ingenieure auf die Karte Risiko. "Es war eine enge Entscheidung", gab Esteban Ocon zu. "Aber mit unseren Positionen vom Freitag war das Risiko gerechtfertigt." Fernando Alonso warf ein: "Die vorne hatten mehr zu verlieren als wir."
Die Fahrer wussten, dass ihnen der weiche Reifen nur in der ersten Runde einen echten Vorteil in die Hand spielen würde. Dass er dann Gefahr läuft zu überhitzen und man im Finale beten muss, dass der Grip auch bis zur 17. Runde reicht. Alonso und Ocon fuhren bereits in der Startrunde die ganze Miete ein. Der Spanier machte sechs Positionen gut, sein junger Kollege zwei.
Alonsos erste Runde
Die erste Runde von Fernando Alonso könnte einmal so in die Geschichte eingehen wie die von Ayrton Senna in Donington 1993, als der Brasilianer innerhalb von vier Kilometern von Platz fünf an die Spitze fuhr. Aus der Perspektive der Cockpitkamera sah Alonsos Überfall auf seine Gegner aus wie ein Videospiel. Der Start selbst war noch nicht einmal so speziell. Der Ex-Champion machte erst in den Kurven 1,3, 4, 6 und 9 Boden gut.
Doch lassen wir ihn selbst erzählen. "In der ersten Kurve bin ich außen an Sainz und Vettel vorbei. In Kurve 2 wurde es innen ziemlich eng mit Russell. Ich konnte nur hoffen, dass er mich gesehen hat. Das späte Bremsmanöver für Kurve 3 war eigentlich gar nicht geplant. Ich musste anderen ausweichen. In Kurve 7 bin ich innen bei Perez reingetaucht. Das war Risiko, weil ich gefürchtet habe, dass Checo noch reinzieht. Er konnte mich nicht sehen."
"Auch bei den McLaren musste ich Risiko gehen und in Copse auf der Außenspur auf dem Gas bleiben. Ich sagte mir: Wenn es nicht reicht, nehme ich die Auslaufzone. Nachdem ich dieses Jahr schon zwei Mal ohne Folgen für die anderen neben der Strecke überholt worden bin, sagt ich mir: Das machst du jetzt auch. Es war am Ende aber nicht notwendig."
Verwarnung für Zickzackfahren
Ocon ließ in er ersten Runde Pierre Gasly hinter sich und profitierte davon, dass George Russell den Ferrari von Carlos Sainz in die Wüste schickte. Als sich dann Sergio Perez in der 5. Runde ins Aus drehte, lag Ocon in den Top Ten.
Von da an wurde das Rennen der beiden Alpine zu einer Verteidigungsschlacht. Während Ocon seinen 10. Platz mit Zähnen und Klauen gegen Gasly und Sainz verteidigte, büßte Alonso noch zwei Positionen ein: "Die McLaren waren einfach zu schnell für uns."
Der alte Fuchs fing sich dabei auch noch eine Verwarnung der Rennleitung wegen Spurwechsels in der Bremszone ein. Das ärgerte den 39-jährigen Kämpfer aus Oviedo: "Ich habe noch nie in der Bremszone die Spur gewechselt. Auch diesmal nicht. Auf der Gerade bin ich Schlangenlinien gefahren, aber das ganz bewusst. Ich war in den ersten neun Rennen immer der Leidtragende. Mich haben Leute neben der Strecke überholt, und nichts ist passiert. Deshalb werde ich ab jetzt auch so fahren."
Von den Startplätzen sieben und zehn sieht die Welt von Alpine schon wieder freundlicher aus. "Der Startplatz ist besser als unser Auto", gibt Alonso zu. Und trotzdem will er seinen Punkteplatz verteidigen, um die goldene Serie fortzusetzen. "Es gibt für das Hauptrennen viele Fragezeichen. Wir haben auf vielen Reifen Blasen gesehen. Am Sonntag soll es noch heißer werden. Ich erwarte ein schwieriges Rennen, bei dem wir wieder Punkte machen können, wenn wir die richtigen Entscheidungen treffen."
Das ist auch das Ziel von Ocon, der seit dem GP Monaco leer ausgegangen ist. Das neue Chassis und Änderungen an der Vorderachse gaben dem langen Franzosen das Vertrauen zurück. "Ich starte von dem Platz, auf dem ich vom Speed her hingehöre. Mit der freien Reifenwahl haben wir taktisch alle Optionen."
Vier Stunden nach dem Sprint gab es für den Franzosen noch eine gute Nachricht von der Rennleitung. George Russell vor ihm kassiert eine Rückversetzung um drei Startplätze. Damit geht Ocon sogar von Rang neun aus ins Rennen.