VSC bremst Vettel aus
Aston Martin fehlte in Interlagos der Speed für Punkte. Trotzdem hätte Sebastian Vettel in den Top Ten landen können. Hätte es nicht eine VSC-Phase gegeben, die ausgerechnet sein Teamkollege ausgelöst hat. Die schenkte Esteban Ocon einen zeitsparenden Boxenstopp.
Interlagos ist eine Rennstrecke, auf der alle mit einer Kompromiss-Abstimmung fahren. Der Mix aus Monza in den Sektoren 1 und 3 und Budapest im Sektor 2 bedeutet, dass voller Abtrieb zu viel und mittlerer Anpressdruck zu wenig ist.
Dazwischen drin gibt es zwei Optionen. Wer wie Mercedes und Red Bull genug Abtrieb mit dem Gesamtfahrzeug generiert, kann die Flügel etwas flacher stellen. Wer wie Aston Martin Angst haben muss, dass die Reifen in der Sequenz von neun Kurven im Mittelsektor überhitzen, muss mehr Flügel draufpacken.
Die Quittung bekamen Sebastian Vettel und Lance Stroll auf den Geraden präsentiert. Die beiden Aston Martin waren im Vergleich zu Mercedes, Ferrari, McLaren oder auch Alpine in den Vollgaspassagen wie Schnecken unterwegs. Vettel verlor in der Qualifikation 12 km/h auf seine Konkurrenten. Im Rennen waren es 17 km/h. Und trotzdem zeigten die Reifen die Tendenz zu überhitzen. Der 10. Platz im Sprint schmeichelte dem Auto und war ein Kompliment an den Fahrer.
Im Rennen nur gebrauchte Reifen
Vor diesem Hintergrund musste sich Aston Martin für das Rennen eine besondere Taktik einfallen lassen. Sebastian Vettel hatte vor dem Start des Hauptrennens nicht einen frischen Satz Reifen in seinem Arsenal. Stattdessen je zwei gebrauchte Garnituren Hart und Medium und drei angefahrene Sätze Soft.
Chefingenieur Tom McCullough verrät: "Wenn du Probleme mit Überhitzen befürchten musst, fährst du die Reifen besser an. Dann sind sie schon ein Mal durch einen Hitzezyklus gegangen. Das hilft."
Geholfen hat es am Ende doch nicht. Vettel verfehlte den letzten Punkterang um 1,2 Sekunden. Sein Gegner Lando Norris steuerte nach seinem Reifenplatzer beim Start zwar zwei Mal die Boxen zum Reifenwechsel an, aber eigentlich war der McLaren-Pilot nur auf einem Einstopp-Rennen unterwegs.
In Runde 37 bekam Norris seinen letzten Reifensatz. Die Garnitur Hart musste ab da noch 33 Runden überstehen. Auch Alpine begnügte sich mit einem Reifenwechsel. Fernando Alonso und Esteban Ocon mussten einen noch längeren zweiten Stint abspulen.
Stroll löst VSC-Phase aus
Als Vettel als Siebter aus der ersten Runde zurückkam, lief noch alles nach Plan. Doch im Duell gegen Pierre Gasly und Daniel Ricciardo war der Aston Martin-Pilot wehrlos. Dafür hielt er die Alpine-Piloten in seinem Rücken in Schach. Aston Martin entschied sich wie in Austin und Mexico-City zu späten Boxenstopps. Nur mit frischeren Reifen hatte Vettel eine Chance im Finale die Autos noch einzuholen, die sich einen Stopp gespart hatten und die auf den Geraden deutlich schneller waren.
Die Alpine waren zum Zeitpunkt von Vettels zweitem Boxenstopp in Runde 55 schon zu weit weg. Auch die Aufgabe, elf Sekunden auf Norris innerhalb von 15 Runden noch aufzuholen, erwies sich als zu schwierig. "Dafür waren wir einfach nicht schnell genug", bedauerte Vettel.
Noch mehr aber ärgerte ihn, dass es das Rennglück nicht gut mit ihm meinte. Während Vettel in der 28. Runde unter Renntempo seinen ersten Boxenstopp abwickelte, bekam Esteban Ocon zwei Runden später seinen Reifenwechsel fast geschenkt. Unter VSC-Tempo verliert man sieben Sekunden weniger als üblich.
Ausgerechnet Vettels Teamkollege hatte die VSC-Phase ausgelöst. An Lance Strolls Auto lösten sich Teile. Andenken an einen Crash mit Yuki Tsunoda. Vettel ist überzeugt: "Die VSC-Phase lief gegen uns. Sie hat uns das Rennen gegen die Alpine gekostet."