BMW X6 xDrive 50i im Fahrbericht
Mit dem X6 hat BMW auf dicke Hose gemacht - und das umstrittene SUV-Coupé hat BMW die Taschen gefüllt. Zeit für den Nachfolger. Was kann der X6 II?
Es gibt in Bayern die Sage um das Fabelwesen Wolpertinger, ein Mischwesen aus einem Hasen, einem Vogel und einem Hirschen. Von allem ein bisschen, aber nichts wirklich konsequent. Und der BMW X6, der ist auch so ein Wolpertinger: BMW schmiss 2008 einen SUV, ein Coupé und eine Prise Luxus-Limousine zusammen und schuf ein mobiles Trumm das einige verjagt hat. So polarisierte selten ein Auto die Fans und nicht wenige prophezeiten dem schrägen Ding aus Bayern keine Zukunft. Der Käufer, das manchmal so unbekannte Wesen, richtet sich aber nun nicht immer nach Prognosen von Journalisten und Internetkommentaren, sondern kauft was ihm gefällt – 260.000 mal. Den bösen BMW X6 mit seiner politisch unkorrekten Form fanden überraschend viele cool. Vor allem war er schon damals ein Beweis dafür, dass Auto-Ingenieure auch einem Bodybuilder das Tanzen beibringen können.
Neuer BMW X6 ist sparsamer
Trotz des Erfolgs spürt man aber beim neuen BMW X6, dass der kritische Zeitgeist BMW nicht unberührt gelassen hat. Das Design wurde etwas gestrafft und athletischer – ein zwei Bügelfalten weniger hätten es aber auch getan. Er sieht jetzt bekömmlicher aus und stellt dem Wind mit einem cw-Wert von 0,32 deutlich weniger Widerstand als bisher entgegen. Beim Gewicht speckte er ebenfalls ab, ein Moppelchen ist er freilich immer noch. Dafür gibt es mehr Leistung: Die von uns gefahrene Biturbo-V8-Variante leistet nun 450 PS, soll aber trotzdem 22 Prozent weniger verbrauchen. Wer konstant maximal ein Zehntel der Leistung abruft, erreicht die rund zehn Liter pro 100 km nach EU-Norm sicherlich, alle anderen sollten sich aber eher auf 12-plus einstellen. Es wäre jedoch ein automobiler Frevel den 4,4-Liter nicht auszukosten wie er brabbelt, röhrt und anschiebt. Wie da die Kraft über die Straße schwappt und dem Fahrer ein herrliches Gefühl von Souveränität gibt!
Wem der V8 zu viel säuft, der sollte zum 381 PS starken Turbodiesel M50d mit nur sechs Liter NEFZ-Verbrauch greifen. Wenn der BMW X6 nur nicht so breit wäre.
BMW X6 ist ein übergewichtiges Kurvenwiesel
Dabei haben die Ingenieure das Kunststück vollbracht gefühlt eine halbe Tonne wegzuregeln. Der optimierte fahrdynamische Allradantrieb mit hecklastiger Kraftverteilung, die clevere Wankstabilisierung und die aktive Kraftverteilung an der Hinterachse (Torque Vectoring) lassen den BMW X6 Haken schlagen wie einen Hasen. Schon der Alte war beeindruckend, der Neue scheint an die Grenzen der Fahrphysik für ein so großes und schweres Auto heranzueilen. Und so wedelt er wie ein Coupé im Hochparterre selbst durch ondulierte Serpentinen. Bei BMW raunt man sich sogar zu, dass er, was die Vertikalbewegungen anbetrifft, Benchmark innerhalb der Marke auf der Nordschleife sei.
Verblüffenderweise schafft er es trotzdem angenehm komfortabel für lange Touren und überraschend geländegängig für den Offroard-Ausritt zu bleiben. Letzteres bleibt aber vor allem eine Frage der Reifenwahl.
Für alle die jetzt noch ein paar pragmatische Argumente brauchen: Er hat etwas mehr Laderaum als bisher, bietet eine Reihe neuer Assistenzsysteme, für die Sicht nach hinten gibt es ja auch eine Kamera und so unbequem sitzt es sich im Fond nicht. Aber mal ganz ehrlich: BMW X6-Interessenten für die das wichtig ist, kaufen dann doch einen günstigeren X5.
BMW X6 bleibt polarisierend, aber genial gemacht
Die BMW X6-Hasser werden weiterhin sagen er könne nichts wirklich richtig, während ihm die Fans die Vereinigung des eigentlich unvereinbaren attestieren. Er ist verdammt schnell für einen SUV und ein ziemlich guter Kraxler für ein Coupé. Mit den Spezialisten der jeweiligen Kategorien sollte er sich aber nicht anlegen. Es bleibt legitim den X6 zu hassen – aber den Ingenieuren muss man zur Kreation eines genialen Wolpertingers gratulieren.