Honda Shuttle 2.2i ES im Test

Im Van-Menü gibt es eine neue Alternative. Der Honda Shuttle verspricht viel Fahrkomfort durch eine Beschränkung des Platzangebotes auf sechs Sitze und eine serienmäßige Viergangautomatik.
Mit den sogenanntenMinivans,
so scheint es,entwickelt
sich für dieAutomobilbauer
ein fetter Happen.Der
Marktanteil der busförmigen
Familientransporter wächst,
und daraus wollen sich alle
ein ordentliches Stück herausschneiden
– selbst ein vergleichsweise
kleiner Hersteller
wie Honda, der seinen Produkten
bisher eher einen sportlichen
Touch zu geben versuchte.
Hondas neuer Van heißt
Shuttle, aber wer daraus Assoziationen
an das verblichene
Shuttle-Modell der Civic-Baureihe
ableitet, liegt falsch. Denn
diesmal baut der Honda nicht
auf einer vorhandenen Bodengruppe
auf, sondern wurde
komplett neu entwickelt. Und
er gehört keinesfalls, wie einst
sein Namensvetter, zu den
Micro-Vans, sondern meldet
mit 4,75 Meter Länge und 1,79
Meter Breite den Platzbedarf
einer gehobenen Mittelklasse-
Limousine an.
Da darf man im Innenraum
schoneiniges erwarten. Erfreulicherweise
verzichtete Honda
darauf, miteiner Vielzahl von
Minisesselneine in der Praxis
nur unterstarken Komforteinbußen
nutzbareTransportkapazität
zu schaffen. Sogibt es in
der mittleren Reihe nurzwei
Sitze, die aber dafür ebensobequem
geraten sind wie die für
Fahrer und Beifahrer. Ganz hinten
kommt noch eine Sitzbank
hinzu. Sie ist von eher dürftigen
Abmessungen, weil neben ihr
noch Platz für ein Notrad geschaffen
werden mußte. Der Shuttle ist somit ein
einigermaßenkommoder Fünfsitzer,
der seinenVorteil gegenüber
einerherkömmlichen Limousine
ähnlicherDimensionen
allein daraus bezieht,daß
zur Not auch einmal sechsPassagiere
mitfahren können.
Es gibt auch Nachteile: Der
Zugang durch die normal öffnenden
Türen ist nur zu den
vorderen vier Plätzen bequem,
wer ganz nach hinten verbannt
wird, muß sich durch den
schmalen Mittelgang schlängeln,
weil sich die Fondsitze
nicht umklappen lassen.
Der typische Van-Mangel, daß bei voller Besetzung nur wenig Kofferraum übrigbleibt, haftet auch dem Honda an. Gerade mal 290 Liter passen dann noch ins Heck, weniger als beispielsweise bei einem VW Golf. Viel Gepäck (738 Liter) darf also nur mit, wenn der Shuttle als Viersitzer genutzt wird. Dafür wenigstens hat sich Honda eine pfiffige Lösung einfallen lassen: Die hintere Sitzbank muß nicht mühsam ausgebaut werden, sondern läßt sich mit wenigen Handgriffen zusammenfalten, wobei sie im Wagenboden verschwindet und eine ebene Ladefläche freigibt. Ein rundum überzeugendes Karosseriekonzept ist beim Shuttle ebensowenig gelungen wie bei vergleichbaren Konkurrenzmodellen, zumal die üblichen Van-Nachteile wie die durch die großen Glasflächen extrem starke Aufheizung des Innenraums und die schlechte Übersichtlichkeit nach vorn auch für ihn zutreffen. Schon diese schlechte Übersichtlichkeit sorgt dafür, daß der Fahrer im Honda das Gefühl hat, ein größeres Auto zu bewegen, als es die Abmessungen der Karosse erwarten lassen.
Von limousinenhafter Handlichkeit kann jedenfalls keine Rede sein. Im Stadtverkehr stört der mit 12,5 Metern sehr große Wendekreis, auf kurvenreichen Landstraßen sind es die um die Mittellage etwas trägen Reaktionen auf die Lenkung und die starke Karosserieneigung, die das Handling des Shuttle beeinträchtigen. Letztere geht auf das Konto einer weich abgestimmten Federung, die aber trotzdem nur auf kleinen Unebenheiten ein befriedigendes Schluckvermögen zeigt, während große Bodenwellen wegen der zu schwachen Dämpfung vor allem für die Hintensitzenden sehr unangenehme Vertikalbewegungen hervorrufen. Auch das stark untersteuernde Eigenlenkverhalten, das den Honda schon bei mäßiger Kurvengeschwindigkeit spürbar über die Vorderreifen radieren läßt, schmälert das Fahrvergnügen, obgleich eine solche Auslegung natürlich hohe Sicherheitsreserven bietet. Die Grenze der Bodenhaftung kündigt sich frühzeitig an, und wenn der Fahrer eine Kurve unterschätzt haben sollte, bremst sich der Shuttle unter lautem Reifenquietschen von selbst ab. Auch erschrecktes Gaswegnehmen bringt ihn kaum aus der Ruhe.
Nur bei voller Zuladung kann es zu einem noch gut beherrschbaren Ausschwenken des Hecks kommen. Aber wer eine Großfamilie transportiert, wird ohnehin freiwillig auf vermeintlich sportliche Einlagen verzichten. Zu dem hohen Maß an aktiver Fahrsicherheit passen die Bremsen nicht ganz: Sie erzielen selbst in kaltem Zustand nur durchschnittliche Verzögerungswerte, bei warmer Bremse läßt die Wirkung deutlich nach. In seinem Element ist der Honda-Van auf der Autobahn. Hier läuft er bei hohem Tempo sauber geradeaus und läßt sich von Windböen kaum beeindrucken.
Mit einer Leistung von 150 PS ist zudem für schnelle Reise gesorgt, denn damit bringt es der Shuttle auf eine knapp über 180 km/h liegende Höchstgeschwindigkeit Auch die Beschleunigung kann sich sehen lassen, erst recht in Anbetracht der Tatsache, daß der Honda das Ziel des komfortablen Reisens mit einer serienmäßigen Vierstufen- Automatik ansteuert. Der Wählhebel befindet sich an der Lenksäule, und an dieser für europäische Kunden vielleicht etwas gewöhnungsbedürftigen Lösung ist höchstens auszusetzen, daß es keine Sperre zur Neutralstellung gibt und der Hebel etwas zu leicht von einer Position in die andere rutscht, was immer wieder zu einer falschen Vorwahl führt. Dafür bleibt der Raum zwischen den Vordersitzen frei, praktisch zum Durchstieg nach hinten. Die Automatik ist neu und verfügt über eine adaptive elektronische Steuerung, von der im Fahrbetrieb aber selten etwas zu spüren ist. Nur beim Bergabfahren macht sie sich nützlich, weil nicht unnötig in den höchsten Gang geschaltet wird.
Mit schnellen Reaktionen und weichen Schaltvorgängen paßt das Getriebe gut zu dem 2,2 Liter großen Vierzylindermotor, der trotz der hohen Drehzahl, bei der er sein maximales Drehmoment erreicht, auch schon im unteren Drehzahlbereich soviel Kraft bietet, daß nicht mit hoher Festbremsdrehzahl und ausgeprägtem Wandlerschlupf für Ausgleich gesorgt werden mußte. Diese Leistungscharakteristik dient auch dem Komfort, weil sie normalerweise jene Drehzahlen vermeidet, bei denen der durch zwei Ausgleichswellen beruhigte Honda-Motor seine guten Manieren vergißt und lautstark zu brüllen anfängt. Und sie trägt dazu bei, den Verbrauch zu begrenzen, der mit 11,3 Liter auf 100 Kilometer in einem für einen 1,5-Tonner noch erträglichen Rahmen liegt. Eine Überraschung ist der neue Honda-Van also nicht – weder in positiver noch in negativer Hinsicht. Aber weil der Van-Kuchen offenbar groß genug ist, wird wohl auch für ihn ein Stückchen übrigbleiben.