Drei Limousinen mit Dieselmotoren im Test

Treffen sich ein Franzose, ein Japaner und ein Deutscher in Stuttgart zum Siebenkampf. Fragt der Franzose den Japaner ... Ach, lassen wir das mal mit den Witzen. Wir berichten lieber darüber, wie die drei durch Kombis und vor allem SUV stark bedrängten Limousinen mit Dieselmotor sich im Vergleichstest schlagen.
Was man heute braucht oder zu brauchen meint, zeigt der Blick aufs Auto des Nachbarn. Der hat sich nämlich vor einem Jahr einen SUV gekauft. Warum? Weil Limousinen selbst in der Mittelklasse so uncool sind, wie es VW Derby oder Opel Corsa Stufenheck – lang, lang ist’s her – niemals waren.
Dabei zeugt eine Limousine, der einstige Mittelklasse-Platzhirsch, fast schon von souveräner Weltsicht. Denn die neue Kühltruhe lässt man liefern und auch in den Keller schleppen, für den Urlaub gibt es – ganz wie früher – zur Not eine Dachbox. Und ins Gelände geht’s ja ohnehin nicht. Wozu dann Allrad und anderes mit der Höher-Sitzen-ist-klasse-Denke verbundene Gedöns? Eben. Schauen wir also mal, wie sich der Alltime-Maßstab VW Passat , der coupéhafte Peugeot 508 und der Mazda 6 so schlagen. Drei Diesel-Limos für rund 35.000 Euro mit jeweils eigenem Charakter, in dem man auch landesspezifische Eigenheiten entdecken kann.
Mazda 6 und das Komplettpaket
Da wäre beim Mazda 6 etwa die asiatisch-geheimnisvoll anmutende Entscheidung, die Limousine auf acht Zentimetern mehr Radstand sieben Zentimeter länger zu machen als den – übrigens preisgleich angebotenen – Kombi. Denn dem Kofferraum (nur 480 Liter) hilft das wenig, und das Platzangebot gewann nur marginal: Auf der sehr bequemen und für zwei gut ausgeformten Rücksitzbank ist – etwas unerwartet – nur ein Zentimeter mehr Beinraum bis zu den Lehnen der Vordersitze.
Immerhin lassen sich diese – wichtig für lang geratene Fahrer – weiter zurückschieben als im Kombi, und im Zuge der Modellpflege, die dem Interieur feinere Materialien bescherte, wurden sie neu gepolstert und verbreitert, was dem Komfort durchaus zugutekommt. Die Lehnenneigung kann man allerdings nach wie vor nur in Rasten einstellen, die Neigung der Sitzfläche gar nicht.
Weiteren Feinschliff gönnte Mazda dem Fahrwerk und der Lenkung, sodass die Limousine mehr Fahrspaß bereitet als der in Heft 2/2018 getestete Kombi. Kurven lassen sich trotz der etwas indirekten Lenkung spielerisch vernaschen, obwohl der Mazda stärker wankt als seine Konkurrenten. Das tut er übrigens trotz seiner straffen Grundabstimmung, die ihn bei langsamer Fahrt stößiger anfedern lässt als die Konkurrenz.
Auch beim Bremsen verfehlt er das hohe Niveau des Peugeot und des VW, während die Sechsgangschaltung mit kurzen Schaltwegen und spielerischer Betätigung einfach klasse ist. Und der nun höher verdichtete, mit neu geformten Kolben und optimierten Injektoren arbeitende 2,2- Liter-Diesel legt untenherum kräftig los und hat nichts gegen höhere Drehzahlen. Das gilt allerdings auch für die Zweiliter der Konkurrenten, die zudem geschmeidiger laufen.
Und sonst so? Was das Schalten und Walten des Fahrers angeht, hat Mazda praktikable Lösungen gefunden, wenngleich das Cockpit kein Ambiente-Booster ist. Beim Blick in die Preisliste kommt dann das große Staunen: Die gehobene Exclusive-Line umfasst neben LED-Licht, Navigation, Head-up-Display, Rückfahrkamera, Sitzheizung, Abstandsregeltempomat, Spurwechsel- und -halteassistenz sowie digitalem Radioempfang im Grunde alles, was das Herz begehrt. Drei Jahre Garantie tun ein Übriges für den Sieg im Kostenkapitel. Doch addiert wird ja ganz zum Schluss.
Peugeot 508 und die Schönheit
Wobei das Anschauen ja der Anfang ist beim Autokauf. Und da punktet der 508 gewaltig, weil er breit, muskulös und doch elegant auf den Rädern steht – und geduckt. Er ist fünf Zentimeter niedriger als der Mazda und wirkt auch dadurch eher wie ein Coupé.
Der Einstieg, speziell in den Fond, ist deswegen aber beschwerlicher, und dort erwartet die Mitfahrer eine niedrige Dachlinie mit Folgen für Kopffreiheit und Raumgefühl. Der Beinraum hinter den wuchtigen, sehr bequemen Vordersitzen ist ebenso beschränkt, und die hart gepolsterte Rücksitzlehne steht sehr steil.
Aufs Platzangebot kam es Peugeot wohl eher nicht an, was ein Blick in den Kofferraum bestätigt. Der ist zwar durch eine große, weit öffnende Heckklappe gut belad- und nutzbar, scheitert aber wie der des Mazda an der 500-Liter-Hürde. Dafür macht dem 508 keiner was vor in Sachen Ambiente. Er wirkt liebevoll eingerichtet mit den vielen Kippschaltern unter dem großen Monitor (Navigation Serie), der Innenraum zeigt fließende Linien und Eleganz.
Beim Bedienen kommt das alles dem Neuling jedoch wie eine Handschrift vor, die toll aussieht, aber schlecht zu lesen ist. Klar, man kann sich daran gewöhnen wie der Apotheker an das Gekrakel auf den Rezepten – er weiß ja irgendwann, was gemeint ist. Doch zum Teil unlogische Menüstrukturen und verwechselbare Schalter sind eben nicht jedermanns Sache. Das gilt auch für das hochgesetzte i-Cockpit mit seinen gegenläufig rotierenden Zeigern für Drehzahl und Tempo über dem kleinen Lenkrad im Souterrain.
Hinter dem fühlt sich der Fahrer fast wie in einem Sportwagen, doch rundum harmonisch ist das dynamische Fahrerlebnis dann doch nicht. Der 508 lässt sich zwar zügig durch Kurven treiben, fordert aber erhöhte Aufmerksamkeit, weil jeder Dreh ansatzlos Wirkung zeigt. Und was da an den Vorderrädern passiert, bleibt weitgehend unbekannt. Selbst der Geradeauslauf im Bereich der Spitze von 230 km/h (Mazda: 211, VW: 220 km/h) leidet darunter.
Hier empfiehlt sich auf jeden Fall der Comfort-Modus der Adaptiv-dämpfer (1.000 Euro), um nicht durch die Sport-Stellung zusätzliche Nervosität ins Auto zu bringen. Nachteil des Comfort-Modus auf Landstraßen wiederum: Bodenwellen lassen das Heck kräftig nachschwingen, sodass das unbefriedigende Gefühl zurückbleibt, dass kein Fahrwerksmodus richtig passt.
Klasse sind der kräftige Diesel und die Achtstufenautomatik, die sich allerdings nicht am Wählhebel, sondern nur am Lenkrad manuell bedienen lässt. Dieser Antrieb macht den Peugeot 508 auf lässige Weise ohne großes Getöse oder Vibrationen schnell, angesichts des hohen Testverbrauchs wäre ein größerer Tank wie bei der Konkurrenz aber fein.
Der Peugeot profiliert sich mit seinem Nachtsichtassistenten (1.200 Euro) zwar als Mittelklasse-Avantgarde, patzt aber wie beschrieben bei einigen Basics. Dafür geht der Preis – gut 4.000 Euro über dem des Passat Comfortline – in Ordnung. Schließlich ist darin die Getriebeautomatik enthalten und fast so viel Ausstattung wie beim Mazda.
VW Passat und die Ordnung
Wer VW kennt, erwartet das vom Passat 2.0 TDI Comfortline nicht. Schließlich ist der mit 34.475 Euro die billigste Limousine dieser Runde. Dass die Knausrigkeit aber so weit geht, dass ohne Aufpreis nur eine simple Klimaanlage montiert ist (Mazda und Peugeot: Zwei-Zonen-Klimaautomatik), erstaunt dann doch. Sicher, gegen 575 Euro Aufpreis gibt es sogar eine Automatik mit Drei-Zonen-Regelung, aber so geht es munter weiter beim Konfigurieren: Wer den Passat auf das Niveau der Konkurrenz bringen will, muss etliche Tausend Euro nachschießen. 2.975 Euro gehen allein für Fahrerassistenten drauf, die beim Mazda serienmäßig eingebaut sind.
Man muss ihn sich also leisten wollen, den Volkswagen. Doch beim Fahren zeigt er sich schnell als großer Einschmeichler. Es ist nämlich schlicht so, dass so gar nichts stört an diesem VW außer seiner kühlen Aura im Innenraum. Von den guten Sitzen über das großzügige Platzangebot, die bestechend klar gezeichneten Rundinstrumente und Monitore bis hin zu Ablagen und Schaltern ist dieses Auto auf bestmögliche Bedien- und Nutzbarkeit optimiert wie ein Industriearbeitsplatz, an dem alles seine durchdachte Ordnung hat. Man wird den Passat vielleicht nicht so lieben wie der Peugeot-Käufer seinen 508, aber ihn jeden Tag schätzen als Mobilitäts-Ermöglicher, der unauffällig seinen Job erledigt.
Dazu tragen nicht nur der leise laufende, kräftige und sparsame Motor und die unbedingt empfehlenswerten Adaptivdämpfer für 1.000 Euro bei, die in „Comfort“ wirklich komfortabel und in „Sport“ wirklich dynamisch agieren. Auch die Bremsen machen einen guten Job, die Lenkung trifft einen gelungenen Kompromiss zwischen Leichtgängigkeit, Direktheit und Rückmeldung, der Geräuscheindruck ist – sicher auch wegen des verbauten Dämmglases für 365 Euro – am besten, und die Performance im Slalom und beim Ausweichen ist es auch.
Das älteste Auto steuert damit auf einen klaren Sieg zu. Den kann nicht einmal trüben, dass der Passat hier als einziger Testwagen nur nach Euro 6c zertifiziert ist. Durch die laxere Messmethode bringt ihm das unverdient Punkte beim normierten CO2-Ausstoß. Doch das egalisieren wir, indem wir seine Wiederverkaufschancen nicht besser einstufen als die des etwas speziellen Peugeot 508. Schließlich trägt der wie der Mazda das aktuelle Euro-6d-Temp-Siegel, wodurch beide ganz sicher auch in einigen Jahren überall gegen den SUV-Strom schwimmen können.