Hat der günstige Passat gegen teure Kombis Chancen?

Mercedes E 200 T, Volvo V90, VW Passat Variant

Drei Kombis, dreimal blau, dreimal 150 PS: Klingt nach einem fairen Vergleich? Nicht ganz, denn zum einen haben wir die Premium-Konkurrenten Mercedes E-Klasse T-Modell und Volvo V90. Die für ihn ungewohnte Rolle des Herausforderers übernimmt dagegen der VW Passat Variant.

Der ist im Grundpreis deutlich günstiger als seine Mitbewerber aus der Oberklasse. Wir haben herausgefunden, ob er sein Revier in der 150 PS-Klasse auch gegen luxuriösere Konkurrenz verteidigt und ob E-Klasse und V90 auch mit den schwächeren Dieseln noch Spaß machen.

34.750 Euro kostet der hier als Preisbrecher auftretende Passat in der guten Comfortline. Sachlichkeit und der Fokus auf das Wesentliche bringen oft so manch edleres Produkt in Bedrängnis. Und hier liegen die Stärken des VW.

Aber auch die Ausgangsposition des Mercedes ist vielversprechend: Durch seinen hohen Entwicklungsaufwand kann er besonders bei Komfort und Fahrverhalten groß auftrumpfen. Dazu trägt beispielsweise die angenehme Luftfederung Air Body Control für 1.785 Euro bei. Ja, unser Testwagen wurde trotz Basis-Diesel sehr gut ausgestattet.

Ein angenehmes Schwerer-Wagen-Gefühl stellt sich ein, ohne dabei Einschränkungen in der Dynamik machen zu müssen. Richtungswechsel sind dank der gefühlsechten, linear-direkten Lenkung kein Problem. Durch die gute Dämmung bleibt die Geräuschkulisse stets angenehm.

Der kleine Diesel aus der neuen Motorenfamilie OM 654 ist der Einstiegsmotor. Seine 150 PS reichen völlig aus, um im Alltag trotzdem flott unterwegs zu sein. Und mit einem Testverbrauch von 6,9 Litern auf 100 km bleibt er dabei auch noch richtig sparsam.

Mit 6,8 Litern Testverbrauch beherrscht auch der passat das sparsame Fahren. Das Sechsgang-Getriebe ist zwar gut abgestimmt, lässt sich aber nicht ganz so flüssig wie im Volvo durchschalten.

Für 1.200 Euro gibt es auch im VW adaptive Dämpfer. Selbst im Comfort-Modus kommen diese aber nicht ganz an die Konkurrenz heran. Im Vergleich zum Volvo und ganz besonders zum Mercedes fehlt es an der Sänfte.

Der Zweiliter-Turbodiesel von VW bietet wie gewohnt ordentlichen Durchzug, auch wenn er etwas brummig ist. Dank guten geräuschdämmenden vorderen Scheiben für 385 Euro wird es aber selbst auf der Autobahn nie unangenehm laut.

Der Fahrkomfort kann die Erwartungen an den Volvo nicht ganz erfüllen. Das Abrollen ist herber und stößiger als im Mercedes, was sich bei schnellerem Tempo zwar verbessert, aber nicht ganz zufriedenstellend ist. Auch die Hinterachs-Luftfederung mit adaptiven Dämpfern verbessert das nicht spürbar.

Die 150 PS in Verbindung mit 320 Nm müssen sich keinesfalls verstecken. Wenn man mit Vollgas die 4.000 Touren überschreitet klingt er immer noch verhalten, ohne auftretende Störgeräusche. In Verbindung mit der Sechsgang-Handschaltung kommt die traditionelle Volvo-Bürgerlichkeit auf.

So gut wie die anderen Motoren aus der Vierzylinder-Familie ist auch der D3: Man hat sich an die Vierzylindrigkeit des Volvos gewöhnt als Ausweis cleveren Denkens. Selbst im stärksten Modell mit 407 PS werkeln nur vier Zylinder, dann allerdings in Verbindung mit einem Elektromotor.

Seit jeher kennt man den Zweiliter-Diesel aus dem VW Passat als den perfekt geeigneten Motor. In diesem Revier wildert jetzt auch die Oberklasse, und der Reihenvierzylinder steht allen drei bestens zu Gesicht. Leistung ist eben oft nicht alles.

Gar nicht zum kleinen Motor scheint auf den ersten Blick die üppige Ausstattung der E-Klasse zu passen. Ist man länger mit dem Benz unterwegs, so entsteht jedoch der Eindruck eines insgesamt sehr stimmigen Autos.

Eine angenehme Atmosphäre herrscht im Cockpit, das teure Designo-Gedöns muss man schon mögen. 2.975 Euro Aufpreis kostet das Exclusive-Lederinterieur extra. Hierfür gibt es unter anderem einen zweifarbigen Mix aus Macchiatobeige und Espressobraun.

Das Widescreen-Cockpit für 1.012 Euro ist kein Schnäppchen, dafür liefert es bestechend scharfe Bilder. Die beiden großen, fließend ineinader übergehenden Bildschirme sind ein Alleinstellungsmerkmal der Modelle aus Stuttgart.

Drehen, drücken, malen: Das Auto versteht viele Kommandos. Der Wählhebel für die immer treffsichere Neungang-Automatik fehlt dagegen auf der Mittelkonsole. Wie bei allen neuen Mercedes-Modellen versteckt dieser sich hinter dem Lenkrad.

Trotz Frontantrieb macht der Passat in Kurven besonders Spaß. Und die subjektive Wahrnehmung bestätigt sich auch: Im Slalom und im Spurwechsel erreicht der Underdog Bestzeiten. Dadurch kommt auch auf Landstraßen Freude auf.

Mit den Jahren hat sich der VW Passat zu einem Muster an Bedienfreundlichkeit entwickelt. Im Vergleich zur edleren Konkurrenz fällt aber auf, dass das Ambiente dabei ein wenig zu kurz kam. Die Sitzposition ist höher, auf Extras wie Massagesitze muss man verzichten.

Die klassisch-analogen Rundinstrumente sind sehr übersichtlich. In der Gestaltung erscheinen sie im Vergleich zur ausgefalleneren Konkurrenz aber etwas bieder. Dafür findet man sich schneller zurecht.

Was man vom V90 gar nicht denken mag: Landstraßen machen großen Spaß, da er Kurven souverän nimmt. Bei hohem Tempo wird die Lenkung allerdings plötzlich schwergängig, weil die Servounterstützung zurückgefahren wird. Die Lenkbefehle erfordern dann deutlich mehr Krafteinsatz.

Er fasst sich sehr gut an, der V90. Sein vom Hochkantmonitor dominiertes Armaturenbrett ist kein Muster an Bedienfreundlichkeit. Weiches Leder und nette Details machen einfach Freude.

Nicht ganz so groß und elegant wie im Mercedes, aber trotzdem übersichtlich ist das digitale Kombiinstrument des Volvo. Auch er hat zahlreiche Assistenzsysteme an Bord, die besonders der Sicherheit dienen sollen, wie beispielsweise die eingeblendete Verkehrszeichenerkennung.

Die Mittelkonsole ist aufgeräumt und nahezu frei von Schaltern. Der Stil stellt einen deutlichen, eigenständigen Kontrast zum Mercedes dar. Mit Hilfe der Drive Mode Regelung ist das Wesen des V90 konfigurierbar, egal ob sportlich oder öko.

Die Heckansicht unterstreicht die Eigenständigkeit der drei Modelle. Der Mercedes elegant und luxuriös, der Volvo ausgefallen und mit eigenem Charakter, der VW als Pragmatiker, der jedem gefallen will. Und alle drei haben sie auf positive Weise ihr Image erfüllt.

LED-Scheinwerfer lässt sich Mercedes teuer bezahlen. 2.321 Euro muss das einem Kunden wert sein, wenn bessere Nachtsicht und das hübsche Scheinwerfer-Design gewünscht ist. Die Konkurrenten können das billiger.

Die 18-Zoll Felgen in Verbindung mit den Breitreifen stehen dem Mercedes. Und auch die größeren, gelochten Bremsscheiben mit Marken-Schriftzug machen nicht nur was her, sondern bringen den Kombi auch sicher zum Stehen. 88 Meter benötigt der E 200 d aus 160 km/h, um zum Stillstand abzubremsen.

Die bekannten Schwächen besitzt leider auch der E 200 d T. Eng ist es wahrlich nicht, doch die Sitzbank ist kurz. Die Sitzflächen liegen tief, die Rücksitzlehnen sind stark geneigt.

Traditionell lässt sich der große T-Wagen beim Ladevolumen nicht lumpen. Bis zu 1.820 Liter gehen rein, und dank der im Verhältnis 40:20:40 teilbaren Rücksitzlehen ist der Kofferraum auch noch sehr variabel.

1.090 Euro und damit nicht einmal halb so viel wie in der E-Klasse lässt VW seine Kunden für die optionalen LED-Scheinwerfer bezahlen. Neben dem Grundpreis ist also auch so manche Option in der Aufpreisliste deutlich günstiger.

Nicht nur Kindern, sondern auch Erwachsenen gegenüber ist das Fond im klassischen Familienkombi freundlich gestaltet. Durch die passgenauen Polster sitzt es sich in ihm am besten. Und Raumausnutzung - ja, diese Kunst beherrschen sie bei VW.

Das gilt auch für den Gepäckraum. Er erfüllt seine Pflicht als alltagstauglicher Lademeister. Und selbst bei umgeklappten SItzen lässt sich der Gepäckraum noch erweitern: Für 96 Euro kann man zusätzlich eine umklappbare Beifahrersitzlehne bestellen, was die Variabilität erhöht.

Vorbildlich: Im V90 gibt es LED-Scheinwerfer sogar serienmäßig. Das unterstreicht die Priorität, die Volvo dem Thema Sicherheit widmet.

In Verbindung mit den 245er-Reifen des Testwagens stoppt der Volvo aus 100 km/h am schnellsten und benötigt nur 34,4 Meter Bremsweg. Und was so oft gilt zeigt sich auch beim Volvo: Die breiteren Reifen stehen ihm zwar, wirken sich aber negativ auf auf den Fahrkomfort aus.

Freiheit haben die Beine genug, nur über dem Kopf könnte es mehr sein. Das große Panoramadach für 1.650 Euro mindert die Innenhöhe. Die Polsterung der Sitzte ist etwas zu straff.

Das Ladevolumen ist kleiner geworden, als man es seit jeher von den alten Volvos kennt. Mit 560 Litern muss er sich der Konkurrenz geschlagen geben. Klappt man die Sitze um, wird der Rückstand auf die beiden Kontrahenten noch größer, obwohl man mit 1.526 Litern nicht schlecht bedient ist.

Für den Underog in unserem Vergleich reicht es nicht für den ersten Platz. Der Passat beherrscht zwar vieles gut und liegt auf Augenhöhe. Am Ende liegt es aber vor allem an den fehlenden Assistenzsystemen, dass es nicht ganz nach oben reicht.

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