Im Vergleich zum kantigen Vorgänger V70 hat der Volvo V90 an
Größe und Eleganz zugelegt und konkurriert jetzt nun endgültig mit
Edelkombis wie dem Audi A6 Avant.
Ein erster Fahrvergleich soll zeigen, ob der große Schwede nun
wirklich eine ernstzunehmende Alternative im hart umkämpften
Segment der Edelkombis ist.
Mit 4,94 Metern Länge trifft er zudem das Gardemaß des Audi A6
Avant bis auf wenige Millimeter. Der pragmatische V70 hat sich mit
dem Namens- und Modellwechsel zu einem edlen Familien- und
Freizeitbegleiter entwickelt
Frühere Volvo-Kombis schwänzten ja gern mal die Sportstunde und
schlugen sich lieber im Baumarkt den Laderaum voll. Der 90er steht
Leibesübungen jedoch aufgeschlossen gegenüber...
... was auch an der neuen Lenkung aus dem XC90 liegt, die für
den V90 nochmals verfeinert wurde und jetzt gefühlvoller arbeitet.
Auch beim Federungskomfort ist ein Fortschritt zu spüren.
Ohne rumzutrödeln, wuchtet der Zweiliter den schweren Wagen aus
dem Block und dreht leichtfüßig durchs Drehzahlband. An die
Souveränität eines Sechszylinder-Diesels kommt er jedoch nicht
ran.
Um das gefürchtete Turboloch zu eliminieren, setzen die
Entwickler auf eine Power-Pulse genannte Technik, bei der ein
kleiner Kompressor Druckluft erzeugt, die in einem zwei Liter
großen Tank im Motorraum zwischengespeichert wird.
Wie ein Sechszylinder fühlt sich der D5 trotzdem nicht ganz an,
schon gar nicht, wenn man ihn mit einem so kräftigen Exemplar wie
dem Dreiliter-TDI im A6 Avant Competition vergleicht – quasi dem S6
der Dieselfraktion.
Ähnlich motiviert stürzt er sich auf Kurven, die er
beeindruckend leichtfüßig und schnell durchpflügt. Dabei ist der
Avant trotz aller Dynamik keine harte Rumpelkiste. Die adaptive
Luftfederung entschärft gröbere Unebenheiten ebenso gekonnt wie
kurze Querfugen.
Rumpelten ältere Volvo teils etwas unbeholfen über Bodenwellen,
nimmt das V90-Fahrwerk samt luftgefederter Hinterachse selbst
tiefen Schlaglöchern den Schrecken.
Wie im XC90 werden fast alle Funktionen über einen hochkant
eingebauten Tablet-PC gesteuert, der sich frei nach den Wünschen
des Fahrers konfigurieren lässt
Die optionalen Sportsitze im Audi beherrschen den Spagat
zwischen Halt und Komfort sehr gut. An den Kuschelfaktor der
Volvo-Sitze kommen sie jedoch nicht ganz heran.
Mit 560 Litern Ladevolumen stellt der V90 zwar keine Rekorde
auf, doch dafür lässt sich das Heckabteil praktisch unterteilen
indem ein Klappschott nach oben geschwenkt wird und damit das
Verrutschen von Gepäckstücken verhindert.
Wer mehr einladen will, betätigt einen Schalter an der
Seitenverkleidung, worauf in einer ausgeklügelten Choreografie
zuerst die Fondkopfstützen nach vorn schnellen...
... und sich anschließend die im Verhältnis 1/3 zu 2/3 geteilten
Rückenlehnen flach legen. So entsteht ein 1.526 Liter fassender,
zwei Meter langer Stauraum mit nahezu ebenem Boden.
Doch auch Audi weiß, was Hobby-Spediteure wünschen. Beim Avant
schwenken die Fondlehnen ebenfalls auf Knopfdruck vor, während ein
Schienensystem mit flexibel einsetzbaren Verzurrösen und
ausziehbaren Gepäckgurten für Ordnung sorgt.
Nach dem XC90 machen der V90 und sein Limousinen-Ableger S90 den
zweiten Schritt in Richtung Volvos Runderneuerung. Der große Kombi
sieht nicht nur klasse aus, er fährt sich auch toll.
Das einzige Manko? Vielleicht die Motorenpolitik, die
ausschließlich auf Vierzylinder setzt. Es bleibt abzuwarten, ob
Volvo-Kunden Vierzylinder-Autos zu Sechszylinder-Preisen
akzeptieren werden.