Wie gut ist der Sprinter mit Heckverlängerung?

Die Matratzen erreichen in Fahrtrichtung rechts 1,93 und links volle zwei Meter Länge. Dach und Wände sind kuschelig mit Stoff ausgeschlagen.
Der ungewöhnliche Malibu Genius 641 LE basiert auf einem Sprinter mit Gfk-Heckverlängerung. So schlägt sich der Grundriss im Test.
Die Grundidee ist so einfach wie überzeugend: Wenn es beim Sprinter ab Werk keine passende Karosserielänge für einen kompakten wie komfortablen Längsbetten-Campingbus gibt, dann baut man sie eben selbst. Während Westfalia beim James Cook einen technisch aufwendigen Heck-Slide-out als Lösung wählt, setzt Malibu bei seinem ersten Sprinter-Ausbau auf eine feste, rund 40 Zentimeter lange Heckverlängerung aus GfK-Sandwich.
Zugegeben, die Optik ist etwas gewöhnungsbedürftig, ein Campingbus mit 1,7 Meter Hecküberhang wirkt eher ungelenk. Was aber auch am relativ kurzen 3,67-m-Radstand des Sechs-Meter-Sprinter liegt, der dafür mit einer beachtlichen Wendigkeit überzeugen kann und den Genius zu einem handlichen Cityliner macht.
Malibu Genius 641 LE.
- Gurt-/Schlafplätze: 4/2-3
- Zul. Gesamtgewicht: ab 3,5 t
- Länge/Breite/Höhe: 6,41/2,02/2,69 m
- Grundpreis: ab 93.000 Euro
Der hinterradgetriebene Sprinter zeigt sich einmal mehr als komfortabler Reisewagen. Er federt noch kommoder als sein Pendant mit Vorderradantrieb. Die sehr leichtgängige Lenkung vermittelt allerdings etwas wenig Fahrbahnkontakt. Als angenehme Extras erweisen sich die hellen LED-Hauptscheinwerfer mit Fernlichtautomatik und der Abstandsregeltempomat. Bei Letzterem wünschte man sich jedoch, dass beim Ausfall der Sensorik – was bei Regen oder Schnee schnell mal passiert – wenigstens die Standard-Tempomatfunktion noch verfügbar wäre.
Das jüngste Update bescherte dem Sprinter ein neues, noch feineres Lenkrad mit Sensortasten und ein Display im Kombiinstrument mit aufgefrischter Grafik. Wie bei allen neuen Fahrzeugen zieht auch hier ein Geschwindigkeitsassistent ein, der jedes erkannte Tempolimit überwacht und per Warnton die kleinste Überschreitung anmahnt.
Der heckgetriebene Sprinter als Basis bietet außerdem die Option auf den Allradantrieb mit Höherlegung. Malibu macht daraus gleich eine eigene Modellvariante, nennt sie Genius Performance 4 x 4 und packt in allen Bereichen noch reichlich Ausstattung mit rein. Damit steigt der Preis allerdings auch auf 148.310 Euro.
Grundpreis von 93.000 Euro unrealistisch
Doch zurück zum Testwagen: Er ist mit dem Chassis-Plus-Paket ausgestattet, was ihm für 7.385 Euro extra 170 statt 150 PS, die Neungang-Automatik, Leichtmetallfelgen, die Klimaautomatik und die Armlehnen für die Fahrerhaussitze beschert. Damit ist die Besatzung rundum komfortabel unterwegs. Allerdings muss der Käufer zuvor bereits das praktisch obligatorische Basis-Chassispaket verdauen, das stolze 11.490 Euro kostet und neben typischer Komfortausstattung wie dem MBUX-Multimediacenter mit Navi und der elektrischen Feststellbremse auch so Grundlegendes wie die Basis-Klimaanlage und die Radiovorbereitung enthält. Damit relativiert sich der auf den ersten Blick für einen ausgebauten Mercedes Sprinter – zumal mit der Heckverlängerung – günstig wirkende Grundpreis von 93.000 Euro. Realistischerweise sollte man mit 120.000 bis 130.000 Euro rechnen.
Im Innenraum empfängt auch der Genius seine Gäste mit dem bekannt gediegenen Ausbaustil der Malibu-Modellgeschwister auf Fiat Ducato. Elegant laufen die Hängeschränke samt Baldachin und Ambientebeleuchtung von der Sitzgruppe bis nach vorn ins Fahrerhaus. Allerdings wird die Harmonie dadurch etwas gestört, dass die rechte Zeile stilistisch etwas anders gestaltet ist als links.
Doch das ist nur Optik. Wichtiger ist, dass die Sitzgruppe luftig und hell wirkt und bis zu vier Personen Platz bietet rund um den verlängerbaren Tisch. Pfiffiges Detail: Der Tisch lässt sich längs verschieben, ohne dass man ihn – wie sonst häufig – schräg anheben muss. Wenn man in die Rückbank reinrutscht, erspürt das Popometer allerdings einen seltsam ungleichmäßigen Sitzkomfort. Des Rätsels Lösung: Das Sitzpolster ist links nur halb so dick wie rechts. Grund: Damit wird der Absatz ausgeglichen, der für die verschiebbare Toilette darunter nötig ist.
Verschiebbare Toilette im Bad
Wie schon bei anderen Malibu-Vans ersannen die Konstrukteure auch für den Genius ein Bad, das sich ganz dem Duschkomfort verschreibt. Dafür muss die Toilette weichen, lässt sich schienengeführt unter die Sitzbank schieben. Um die Arretierung der jeweiligen Endposition zu lösen, gilt es jedoch an einem Hebel ganz unten am Toilettensockel zu ziehen – das erfordert Gelenkigkeit. Zudem vermittelt der wackelige Stand des Throns nicht gerade Solidität.
Weiterer Kniff, um Bewegungsfreiheit zu schaffen, ist das Klappwaschbecken, das sich in der Seitenwandverkleidung versteckt. Es ist nicht riesig und die Armatur eher von der schlichten Sorte, aber zum Händewaschen und Zähneputzen reicht es. Drei Türen in der Wand verheißen zudem Stauraum für Badaccessoires – die marginalen Fächer dahinter nehmen allerdings nur das Nötigste auf. Ein Fenster und eine Dachhaube sorgen für Frischluft – Kleiderhaken, Handtuchstange oder Klopapierhalter sucht man indessen vergeblich.
Dafür wurde viel Aufwand in eine möglichst große Duschkabine gesteckt. Drei Faltwände gilt es zum Aufbau auszubreiten und zu fixieren. Zuvor muss noch ein Ausgleichsbrett aus der Bodenwanne entnommen werden, um noch ein Stück des Gangs der Dusche zuschlagen zu können. Tatsächlich kann das Ergebnis überzeugen mit viel Bewegungsraum beim Duschen, und auch die flache Bodenwanne mit ihren beiden Abläufen verarbeitet den Wasserstrom gut, ohne in den Gang überzulaufen. Das Wasser fließt aber auch in die "Parknische" der Toilette. Immerhin lässt sich dieser Bereich von außen durch die Kassettenklappe reinigen.
Solide Küche
Eher herkömmlich, aber insgesamt solide präsentiert sich die Küche. Die klappbare Verlängerungsplatte am Einstieg beispielsweise ist stabil und liegt auf gleichem Niveau wie der Rest der Arbeitsfläche. Auch die Spüle sammelt Pluspunkte mit ihrer geteilten Abdeckung inklusive Schneidebrett – so kann man vorn schnibbeln und hinten Wasser ausgießen. Zudem hat das Becken eine gute Tiefe zum Spülen. Der Zweiflammkocher ist mit einer Elektrozündung ausgestattet. Bei offener Schiebetür dient eine festeingesetzte Glasscheibe als Windschutz für den Kocher – hilfreich.
Im Anschluss an die Küchenzeile folgt der 84-Liter-Kompressorkühlschrank mit Regalschrank obendrüber, der den Hängeschrank und die drei Schubladen gut ergänzt. Aushelfen kann auch noch die Schublade in der Sitztruhe, so wie die zwei Exemplare unter dem Fußende des rechten Einzelbetts – plus kleiner Schublade mit Mülleimer. Auch die Stufe hinauf zu den Heckbetten birgt etwas Stauraum.
Einzelbetten im Sprinter
Die beiden Liegeflächen sind rechts 1,93 und links glatt zwei Meter lang. Das reisende Paar ruht auf bequemen Kaltschaummatratzen mit Lattenrostunterbau. Dach und Wände sind rundum mit schaumkaschiertem Stoff ausgeschlagen, sodass sich ein kuscheliges Kajüten-Feeling ergibt. Zwei Seiten- (rechts optional) und ein Heckfenster dienen neben der Dachhaube zum Lüften. Am jeweiligen Kopfende der Betten findet sich nicht nur ein Lesespot, sondern auch eine USB-Ladebuchse und ein Ablagebord für Brille und Smartphone. Die geschlossene Heckkonstruktion macht sich vor allem beim Wintercamping positiv bemerkbar. Wo sonst teils unverkleidete oder gar undichte Hecktüren stören, ist hier alles zu. Im praktischen Wintereinsatz erweist sich die Platzierung der Kombi-Heizung unter dem Bett aber als nicht ideal wegen der vernehmlichen Gebläsegeräusche und der Temperaturregulierung: Während es im Schlafraum schnell zu warm wird, kühlt die Sitzgruppe bereits deutlich aus.
Im etwas verwinkelten Heckstauraum dienen Schienen im Boden dazu, einen von zwei optionalen Auszügen aufzunehmen: einen Regalauszug mit Euroboxen oder einen Schlitten, auf dem zwei Fahrräder mit abgenommenen Vorderrädern fixiert werden können. Für höhere Bikes gibt es zudem einen Mechanismus, um die Betten um fünf Zentimeter höherzusetzen, der allerdings mühsam zu bedienen ist. Recht umständlich gestaltet sich auch die Möglichkeit, den praktischen Schubladenschrank hinten rechts auszubauen, um mehr Platz für Sperriges zu schaffen. Insgesamt ist in Schränken und Fächern aber ein relativ großzügiges Maß an Stauraum vorhanden.
Technische Daten
- Basisfahrzeug: Mercedes Sprinter 417 CDI, Kastenwagen L2H2, Hinterradantrieb, Vierzylinder-Turbodiesel, Hubraum 1950 cm3, Leistung 125 kW/170 PS bei 3800/min, Drehmoment 400Nm bei 1700-2400/min, Neungang-Automatikgetriebe
- Gesamtgewicht: ab 3500 Kilo
- Länge/Breite/Höhe: 6,41/2,02/2,69 m
- Bettenmaße: rechts 1930 x 630–840 mm, links 2000 x 670–910 mm
- Auf- und Ausbau: Kastenwagen-Karosserie mit angesetztem Heck, Stahlverstärkungen, außen Stahl, Heck GFK, innen Textil/foliertes Sperrholz, Isoliermaterial Wand/Dach/Boden PU/XPS/XPS, 20/20/20 mm, Sitzgruppenpodest, 6 Kunststoff-Isolierfenster mit Alu-Rahmen, 2 Dachhauben, 1 Dachfenster
- Bordtechnik: Gas-Gebläseheizung/Boiler Truma Combi 4, 9 Ausströmer (2 x Sitzgruppe, 2 x Einstieg, Bad, hinterer Gang, 2x Einzelbetten, Heckstauraum), Wasseranlage: Frischwasserschläuche, Abwasserrohre, Tauchpumpe
- Grundpreis: ab 93.000 Euro