Test des Software-Updates beim Fiat Ducato
Seit dem Modellwechsel 2021 treten beim Fiat Ducato gehäuft Schäden an der 9-Speed-Automatik auf. Ein Software-Update soll die Defekte verhindern. Wie wirkt es sich auf die Fahrleistungen aus? promobil hat’s getestet.
Die Schilderungen der promobil-Leser und -Leserinnen, die in ihrem Ducato mit einem kapitalen Automatikgetriebeschaden irgendwo gestrandet sind, lesen sich teils dramatisch. Die Umstände, bis das Wohnmobil endlich wieder einsatzfähig ist, samt langen Wartezeiten auf Werkstatttermine oder Ersatzgetriebe, gleichen oft einer wahren Odyssee. Hier finden Sie noch einmal alle Infos zu den Getriebeproblemen beim Fiat Ducto.
Von Defekten potenziell betroffen sind Fiat-Fahrzeuge ab dem Modellwechsel zum Ducato 8, die mit dem 2,2-Liter-Motor mit 160 oder 180 PS ausgestattet sind. Bei der 140-PS-Variante in Kombination mit dem Automatikgetriebe gibt es laut Fiat keine überdurchschnittliche Schadenshäufigkeit, und auch die Ducato-Exemplare vor 2021 mit 2,3-Liter-Motor, die bereits mit der 9-Speed-Automatik ausgestattet waren, zeigen keine Auffälligkeiten.
Software-Update gegen Schäden
Fiat hat inzwischen reagiert und ein Software-Update entwickelt, das solche Getriebeschäden verhindern oder das Risiko zumindest deutlich minimieren soll. Dabei werden sowohl die Steuerung des Motors als auch des Getriebes angepasst und – im Idealfall besser – aufeinander abgestimmt.
Einige Besitzer befürchten, dass Leistung und Drehmoment dabei reduziert werden und der Wagen hinterher kraftloser fährt. Daher herrscht Unsicherheit, ob man sich das Update wirklich aufspielen lassen soll. Um die Auswirkungen des Updates auf die Fahrleistungen zu testen, wählte promobil den Integrierten Bürstner Lyseo I 744: ein Modell, das typischerweise fast immer mit dem 180-PS-Topmotor und der Neungang-Automatik ausgestattet wurde.
"Wurde" deshalb, weil inzwischen mit der Ducato-Generation 9 ein neues Achtgang-Automatikgetriebe die bisherige 9-Speed abgelöst hat. Bei der neuen Automatik ist bislang nichts über solche Defekte bekannt. Aktuell stehen jedoch noch zahlreiche Fahrzeuge mit der Neungang-Automatik auf den Höfen der Händler, sodass diese Thematik durchaus nicht nur Besitzer, sondern auch Käufer von Neuwagen betreffen kann.
Ablauf des Updates
Wie kommt man zu dem Update? Da es keine offizielle Rückrufaktion ist, werden die Besitzer betroffener Fahrzeuge nicht direkt informiert. Beim nächsten Besuch einer Fiat-Professional-Werkstatt, etwa für den turnusgemäßen Service, poppt das Update mit der internen Nummer 6926 nach der Eingabe der Fahrgestellnummer automatisch auf und wird dann mit ausgeführt.
In der Regel wird der Servicemitarbeiter bei der Auftragsannahme den Fahrzeugbesitzenden über diese zusätzliche Maßnahme informieren. Manche Leserinnen und Leser, die ihre Werkstatt direkt auf das Update angesprochen haben, berichten allerdings davon, dass diese noch nie etwas von der Maßnahme gehört haben will. Andere erzählen, dass sie eine Servicegebühr für das Aufspielen bezahlen mussten – obwohl die Maßnahme von Seiten Fiat grundsätzlich kostenlos ist.
In der Fiat-Professional-Werkstatt Boos im badischen Bühl hat man schon einige Updates durchgeführt und geht dementsprechend routiniert zu Werke. Einziges Hindernis ist, anfangs den Integrierten samt Spiegeln durchs schmale Tor in die Werkstatt zu bugsieren. Nachdem das geschafft ist, wird an die Starterbatterie eine externe Stromversorgung angeschlossen. Das ist wichtig, denn sollte das Bordnetz während des Update-Vorgangs zusammenbrechen, wird es kompliziert, das System wiederherzustellen, verrät Serviceleiter Horst Schmieder.
Die Verbindung vom Fahrzeug zum Werkstatt-Laptop, über den das Update aufgespielt wird, funktioniert heutzutage kabellos mit einem WLAN-Adapter, der an der OBD-Schnittstelle links unten im Armaturenbrett eingesteckt wird. Nachdem das Fahrzeug erkannt und der Status analysiert wurde, zeigt eine Menügrafik alle Steuergeräte, die in diesem Fahrzeug eingebaut sind, per Icon an – in dem Fall sind es gut 20 solcher Blackboxen. Die Steuergeräte, für die ein Software-Update ansteht, sind mit einem grünen Blitzsymbol markiert. Die Maßnahme 6926 umfasst dabei gleich zwei Updates – für das Steuergerät des Motors (ECM) und des Getriebes (TCM). Geht alles nach Plan, sind beide Updates nach rund einer dreiviertel Stunde aufgespielt.
Wie fährt sich der Ducato nach dem Update?
Bleibt die spannende Frage: Wie fährt der Bürstner nach dem Update? Die geschürte Erwartungshaltung sorgt dafür, dass man als Fahrer auf den ersten Kilometern natürlich hypersensibel in den Wagen "hineinhorcht". Ist hier vielleicht ein schlechteres Ansprechverhalten oder da etwa ein längeres Ausdrehen des Gangs zu bemerken? Mit der Zeit setzt sich im Test allerdings die Erkenntnis durch, dass falls Unterschiede vorhanden sind, diese nicht sehr groß sein können.
Daher muss unbestechliche Meßtechnik für Klarheit sorgen. Unter identischen Bedingungen und auf derselben Strecke ermittelt unser GPS-gestütztes Präzisionsmessgerät von 2D die Werte für Beschleunigung, Wiederbeschleunigung und Höchstgeschwindigkeit – vor und nach dem Update.
Die Ergebnisse zeigen im Rahmen der Messtoleranzen tatsächlich keine signifikanten Unterschiede für die Fahrdynamikwerte vor und nach dem Update. Die Befürchtung, dass mit der neuen Steuerung eine spürbare Verschlechterung der Fahrleistungen einhergeht, können die promobil-Messwerte zumindest beim getesteten Fahrzeug nicht bestätigen.
Aber auch bei den fast 50 Rückmeldungen von promobil-Lesern zeigt sich, dass die überwiegende Mehrheit mit dem Update zufrieden ist und keine oder sogar positive Veränderungen an ihrem Fahrzeug feststellen kann. In manchen Fällen wird allerdings auch von einer geringeren Leistung, einem höheren Verbrauch oder – in einem Fall – sogar von einem Getriebeschaden kurz nach dem Update berichtet.
Das ist natürlich tragisch, kann aber auch nicht wirklich als Beweis dafür gelten, dass das Update nichts bringt. Mutmaßlich war das Getriebe zu diesem Zeitpunkt schon geschädigt, und das Update konnte dann auch nicht mehr viel retten. Andererseits berichten auch einzelne promobil-Leser davon, bereits einige tausend Kilometer mit dem Update gefahren zu sein – und zwar ohne Probleme. Das ist ermutigend, aber auch noch kein Nachweis dafür, dass das Update in der Breite tatsächlich wirkt und seinen Zweck erfüllt, nämlich das Risiko von Getriebeschäden deutlich zu verkleinern.
Das lässt sich erst sagen, wenn eine größere Anzahl von upgedateten Fahrzeugen einige tausend Kilometer zurückgelegt haben werden und dabei keine Ausfälle zu beklagen sind. Darum sind wir auch weiterhin interessiert an Ihren Erfahrungen mit der Neungang-Automatik und dem Update, insbesondere, wie es sich auf den ersten 5.000 oder 10.000 Kilometern bewährt.
Daten und Messwerte
Technische Daten
- Modell: Bürstner Lyseo I 744
- Basis: Fiat Ducato 180 Multijet3, Flachrahmen, Vorderradantrieb, 132 kW/180 PS, Drehmoment 450 Nm, Neungang-Wandlerautomatik
- Maße (L/B/H): 7,36/2,32/2,91 m
- Zul. Gesamtgewicht: 4.400 kg; Testgewicht: ca. 3.700 kg
- Kilometerstand: ca. 11.700 km
Messwerte (Beschleunigung vor dem Update/ nach dem Update)
- 0–50 km/h: 6,77 s/ 6,78s
- 0–80 km/h: 13,51 s/ 13,52 s
- 0–100 km/h: 20,38 s/ 20,36 s
Wiederbeschleunigung (Beschleunigung vor dem Update/ nach dem Update)
- 60–80 km/h: 4,88 s/ 4,91 s
- 60–100 km/h: 11,90 s/ 11,77 s
- 80–100 km/h: 7,02 s/ 6,86 s
- Höchstgeschwindigkeit:*152 km/h151 km/h
Erfahrungen der promobil-Leser
D. Hölzig, per E-Mail: Bei unserem Dethleffs Alpa 6820-2 wurde das Update bei der 50.000-km-Inspektion aufgespielt. Wir hatten vorher keine Probleme mit dem Getriebe, und auch nach dem Update sind wir bislang problemlos unterwegs. Mir ist nur aufgefallen, dass der Verbrauch um ca. 0,8–1,0 L/100 km gestiegen ist.
Stefan Ziegler, Velbert: Unser Pilote-Wohnmobil hatte bei rund 12.000 km einen Getriebeschaden und stand dann insgesamt fünf Monate, bis es wieder einsatzfähig war. Nachdem ich von dem Update erfuhr, habe ich es so schnell wie möglich aufspielen lassen. Anschließend ist mir beim Schaltverhalten aufgefallen, dass der Motor in einem höheren Drehzahlbereich gehalten wird. Außerdem geht beim Anfahren nach dem Loslassen der Bremse immer ein kleiner Ruck durch das Fahrzeug. Auf Empfehlung der Werkstatt bewegen wir das Fahrzeug jetzt immer im Power-Modus. Laut Werkstattleiter sei mit dem Eco-Modus der Getriebeschaden vorprogrammiert.
Winfried Leiser, per E-Mail: Mein Eindruck: Die Automatik schaltet nach dem Update früher hoch, und man kommt schneller und öfter in den neunten Gang. Wir fahren einen Carthago Compactline mit dem 160-PS-Motor, Baujahr 2022.
Jürgen Mayerhofer, Heidenheim: Ich hatte bisher keine Probleme mit dem Getriebe und habe auch nach dem Update keine Veränderung im Fahrverhalten bemerkt.
Gordon Lässig, per E-Mail: Das Schalten funktioniert besser und geschmeidiger nach dem Update. Das Fahrzeug nutzt bergab nun auch die Motorbremse. Das gab es vorher nicht. Gefühlt hat die Leistung aber nachgelassen. Gerade im Bereich zwischen 100 und 130 km/h – meiner Lieblings-Reisegeschwindigkeit – fühlt sich das Beschleunigen zäh an. Sporadisch nebelt der Motor auch, allerdings zu völlig unbestimmten Zeiten, manchmal während der Fahrt, manchmal im Standgas. Das Getriebe wurde bei rund 18.000 km schon mal getauscht. Ehrlicherweise habe ich Angst, dass das neue Getriebe bis zum Garantieende hält und später trotzdem wieder aussteigt.
Peter Neye, Berlin: Auf unserer sechswöchigen Reise nach Italien und Kroatien legten wir mit unserem Roller-Team-Integrierten seit dem Update bereits rund 6.700 km zurück – ohne irgendwelche Probleme. Das Fahr- und Schaltverhalten hat mich vorher schon begeistert, und ich muss zugeben, dass ich keine Veränderung nach dem Update feststellen konnte. Das Getriebe hat auf geraden und bergigen Straßen immer zuverlässig funktioniert. Das ruhige und ruckelfreie Schalten macht wirklich Spaß und ermöglicht ein entspanntes Fahren.
Miran Stanko, Krsko/Slowenien: Meiner Meinung nach schaltet das Getriebe nach dem Update sanfter als zuvor. Bergauf ist der Motor leiser und arbeitet geschmeidiger. Ich fahre einen Carthago E-Line mit 4.800 kg zulässigem Gesamtgewicht.
Klaus Eger, Hochmössingen: Nach dem Update, das in 25 Minuten erledigt war, zog das Wohnmobil von unten heraus nicht mehr zufriedenstellend und hatte keine Leistung mehr, da die Drehmomentspitzen offenbar drastisch begrenzt wurden. Bei unserem nächsten Kurzurlaub – keine 150 km nach dem Update – erschien die entsprechende Fehlermeldung im Display "Getriebe überprüfen lassen". Nach Löschung der Fehlermeldungen durch die Werkstatt kam sie aber bald wieder. Der Wagen wartet nun auf ein neues Getriebe. Wir fahren einen 8,99 m langen Dreiachser mit 5,5 t zulässigem Gesamtgewicht. Kilometerstand 7.683 km.
Anonym, per E-Mail: Unsere Freunde hat es bei einem Kilometerstand von rund 6.000 in Norwegen erwischt: Getriebeschaden. Mit neuem Getriebe und Update läuft ihr Fahrzeug inzwischen wieder. Aber dann hat es auch uns ereilt. Auf der Heimfahrt vom Gardasee ging – ebenfalls bei rund 6.000 km – bei unserem Reisemobil die rote Getriebewarnlampe an. Das Fahrzeug steht nun seit Oktober in der Werkstatt. Wir überlegen ernsthaft, ein anderes Fahrzeug zu kaufen, mit Iveco- oder Mercedes-Fahrgestell.
Thomas & Christa Schlageter, per E-Mail: Das Update erhielten wir nur auf aktive Nachfrage und gegen Bezahlung von ca. 30 Euro. Der Mitarbeiter zeigte sich skeptisch, ob das Update etwas bringt. Die Schaltvorgänge sind nach unserem Empfinden nun noch geschmeidiger. Einen Leistungsverlust konnten wir bisher nicht feststellen.