Hymer-Verkauf an Thor Industries

Nach Unregelmäßigkeiten bei Geschäftsaktivitäten der EHG North America hat der US-Riese Thor Industries die Hymer-Übernahme nachverhandelt. Das Ergebnis: Der Deal findet statt, allerdings ohne Hymers Nordamerika-Geschäft.
Es war eine der Nachrichten des Reisemobiljahres 2018: Thor Industries kauft das Familienunternehmen Erwin Hymer Group (EHG) aus Bad Waldsee. Von rund 2,3 Milliarden Euro war zu beginn die Rede. Nachdem im Januar Unregelmäßigkeiten im Berichtswesen der Erwin Hymer Group North America (EHG NA) festgestellt wurden, hat Thor die Übernahme-Bedinungen noch einmal angepasst, jetzt wurde die EHG für 1,9 Milliarden verkauft.
Deal in trockenen Tüchern
Nach dem längeren Verhandlungen gab Thor Industries mit Wirkung zum 1. Februar 2019 den Abschluss seiner Übernahme der Erwin Hymer Group bekannt. Allerdings ohne Hymers Nordamerika-Geschäft. Der zunächst verhandelte Kaufpreis sinkt um 170 Millionen Euro, die für den US-Riesen zu übernehmenden Verbindlichkeiten um 180 Millionen Euro.
In einer Pressemitteilung erklärt Martin Brandt, CEO der Erwin Hymer Group: „Der Abschluss des Verkaufs der EHG an Thor markiert den Beginn der nächsten Wachstumsphase für unser Unternehmen. Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit, auf die Möglichkeiten voneinander zu lernen und unsere Unternehmensprozesse weiter zu verbessern, um unseren Kunden und ihren Familien überzeugende Produkte zu bieten.“
Bereits in den Tagen zuvor hatte sich Brandt in der Schwäbischen Zeitung trotz der Schwierigkeiten optimistisch geäußert: „Beide Seiten wollen den Deal machen.“ Auch Christian Hymer./span>, Sohn des Gründers Erwin Hymer, zeigt sich zufrieden: „Thor wird mit seinen Ressourcen den Unternehmergeist, der die Erwin Hymer Group auszeichnet und die Unternehmenskulturen beider Unternehmen durchdringt, weiter fördern. Als Anteilseigner ist unsere Familie voll und ganz dem langfristigen Erfolg von Thor und der Erwin Hymer Group verbunden.“
Das Ziel des Investors? „Diese Transaktion stellt für Thor die einmalige Chance dar, sich mit dem europäischen Marktführer für Freizeitfahrzeuge zusammenzuschließen und gemeinsam mit ihm zu wachsen,“ sagte Mitte 2018 Bob Martin, Präsident und Vorstandsvorsitzender von Thor ( promobil berichtete).
Warum dauerte der Vertragsabschluss so lange?
Bereits 18. September 2018 hatte Thor Industries die Übernahme des schwäbischen Freizeitfahrzeug-Herstellers für rund 2,3 Milliarden Euro bekannt gegeben. Der Kaufpreis sollte durch Barmittel und mit Eigenkapital finanziert werden. Der Verkauf kam nicht überraschend, schließlich hatte die EHG schon länger nach einem passenden Investor gesucht.
Im Januar 2019 hatte Hymer gefälschte Absatz- und Mitarbeiterzahlen von Managern der Nordamerika-Tochter Roadtrek bestätigt. Wie das amerikanische Wohnmobil-Fachmagazin RV Today berichtete, seien mindestens 1700 Rechnungen im Wert von 90 Millionen Euro manipuliert worden – mit der Zustimmung von ganz oben. Externe Wirtschaftsprüfer untersuchen derzeit den Fall. Top-Manger der Tochtergesellschaft wie Vorstandschef Jim Hammill oder Finanzvorstand Mark Weigl mussten bereits gehen.
Wie erwartet kam es durch die Vorfälle bei Roadtrek kam es zur Senkung des Kaufpreises, da das Nordamerikageschäft aus dem Deal ausgelassen wurde. Dieser Teil verbleibt in der Hand der Familie Hymer. Doch das verringert die Dimensionen des Kaufs keineswegs: Durch den Kauf der Erwin Hymer Group wird Thor Industries zum größten globalen Hersteller für Freizeitfahrzeuge.