So viel Maut zahlen Sie im Wohnmobil drauf!
Der neue Klasse-B-Führerschein für Wohnmobile bringt Campenden mehr Freiheiten – und Zusatzkosten an den Mautschranken.
Die neue EU-Führerscheinrichtlinie beendet die Zweiklassengesellschaft auf Camping- und Stellplätzen. Immerhin sehen die Vorgaben von Europäischem Rat und Parlament vor, dass die Mitgliedsstaaten den Klasse-B-Führerschein für Wohnmobile bis zu einem zulässigen Gesamtgewicht von 4,25 Tonnen freigeben müssen.
Soweit die gute Nachricht für Camperinnen und Camper. Die Schlechte ist, dass der neue Klasse-B-Führerschein für Wohnmobile bis 4,25 Tonnen das Reisen teurer machen könnte. Kosten fallen nämlich nicht nur für den Zusatzkurs oder die Prüfung an, sondern für Fahrten auf der Autobahn. Denn: Wohnmobile und Campingbusse unter 3,5 Tonnen fahren in vielen europäischen Ländern mautfrei oder mit der Pkw-Maut, über der Gewichtsgrenze zahlen sie in vielen Ländern die Mautgebühren für Lastwagen.
Kurzum: Wenn die Nationalstaaten ihre Mautregelungen nicht anpassen, zahlen Wohnmobilfans, die den B-Führerschein bis 4,25 Tonnen machen, also zweimal drauf. Während sich die Mitglieder des CIVD das Geld für die Entwicklung robuster Leichtbausysteme sparen könnten, werden Camperinnen und Camper zur Kasse gebeten.
Das ändert sich beim Führerschein Klasse B
Die Nationalstaaten haben bis etwa 2030 Zeit, um ihre Führerscheinregeln an die neue EU-Führerscheinrichtlinie anzupassen. Ab dann gilt die neue Führerscheinfreiheit für alle Camperinnen und Camper, die nach 1998 ihre Fahrerlaubnis gemacht haben. Die durften bisher nur Wohnmobile und Campingbusse mit maximal zulässigem Gesamtgewicht von 3,5 Tonnen fahren, für alle schwereren Fahrzeuge mussten sie den teuren Lastwagenführerschein nachmachen.
3,5 Tonnen sind als Gewichtsgrenze jedoch schnell erreicht, sodass die Zuladungsreserven oft rar sind. Die neue EU-Richtlinie setzt der Zweiklassengesellschaft auf dem Campingplatz also ein Ende, worüber sich vor allem der Caravaning Industrie Verband e.V. (CIVD) freut: "Die Novellierung der EU-Führerscheinrichtlinie bietet die Chance, den naturnahen, nachhaltigen und familienfreundlichen Urlaub mit dem Reisemobil für Millionen von Menschen – insbesondere für junge und kommende Generationen – noch leichter zugänglich zu machen."
Wie teuer ist die Maut für Wohnmobile über 3,5 Tonnen?
Wie die Mautgebühren konkret aussehen werden, wenn der B-Führerschein in Deutschland, Österreich oder der Schweiz bis 4,25 Tonnen freigegeben wird, ist noch unklar. Es lässt sich aber sagen, wie hoch die Mehrkosten sind, die das Reisen mit einem Wohnmobil zwischen 3,5 und 4,25 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht heute kostet.
promobil hat es exemplarisch für die großflächigen Nachbarländer Deutschlands durchgerechnet, am Beispiel konkreter Reisen von unseren Autoren. Das Basisfahrzeug ist der Camperliebling Fiat Ducato, der die Euro6-Norm und die beste C02-Emissionsklasse 4 erreicht.
Mautkosten in Belgien
Allgemeine Mautbestimmungen:
- Wohnmobile bis 3,5 Tonnen: Allgemein besteht keine Mautpflicht auf Autobahnen. Für einige Tunnel fallen jedoch Gebühren an.
- Wohnmobile über 3,5 Tonnen: Wohnmobile sind wie Busse von der Autobahnmaut ausgenommen, die in Belgien für Transportfahrzeuge mit mehr als 3,5 Tonnen gilt.
Zwischenbilanz: Es wäre gut, wenn sich die Lobby-Verbände von Caravaning-Industrie und -Handel für das belgische Modell einsetzen würden, damit in jedem europäischen Staat für Wohnmobile und Campingbusse die gleichen Mautregeln gelten würden wie für Autos unter 3,5 Tonnen.
Mautkosten in Dänemark
Allgemeine Mautbestimmungen:
- Wohnmobile bis 3,5 Tonnen: Keine allgemeine Maut. Die Maut für die Fahrt über die Öresundbrücke nach Schweden wird nach Länge berechnet – unter 6 Metern Länge kostet die einfache Überfahrt 460 dänische Kronen (circa 62 Euro), zwischen sechs und zehn Metern Länge 929 dänische Kronen (circa 123 Euro).
- Wohnmobile über 3,5 Tonnen: Keine allgemeine Maut, Öresundbrücke wird nach Länge berechnet. Dänemark weitet derzeit seine Maut für Transportfahrzeuge aus, die aktuell erst ab 12 Tonnen gilt. Ab 2027 soll sie für Fahrzeug ab 3,5 Tonnen Gewicht gelten. Ob Wohnmobile betroffen sind, ist bisher nicht bekannt.
Zwischenbilanz: Wer mit dem Wohnmobil oder Campingbus unbedingt über die Öresundbrücke fahren will, zahlt bei 4,25 Tonnen nicht mehr Gewicht. Wer es öfter tut, sollte sich über Rabattprogramme ØresundGo informieren. Sie lohnen sich ab der zweiten Fahrt.
Mautkosten in Frankreich
Generelle Mautbestimmungen:
- Wohnmobile bis 3,5 Tonnen: Klasse 2 – Fahrzeuge zwischen zwei und drei Metern Höhe und unter 3,5 Tonnen Gewicht
- Wohnmobile über 3,5 Tonnen: Klasse 3 – Fahrzeuge, die über drei Meter hoch sind oder mehr als 3,5 Tonnen wiegen.
Die Beispiel-Route: Wer hat Lust auf eine Wohnmobiltour entlang der Route du Champagne? Sie verspricht sechs wunderschöne Fahrten mit dem Wohnmobil durch die Weinbaugebiete des Departement Marne. Zuerst müssen die Camper hinkommen an den Startpunkt in Reims. Aus Saarbrücken führt die Route über den Grenzübergang beim Französischen Stiring-Wendel und ab über die A4 bis Reims. 246 Autobahnkilometer berechnet der Mautkostenkalkulator der Autobahngesellschaft Vinci Autoroutes, die in Frankreich 4398 Autobahnkilometer bewirtschaftet. Die Route du Champagne selbst ist natürlich mautfrei. Nach der sechsten Etappe müssen die Camper aus Bar-sur-Aube wieder zurück nach Saarbrücken. Bis Saint-Dizier zum Glück erst mal mautfrei, ab dann über N4, A31 und A4 – laut Vinci Autoroutes – 208 Kilometer auf Mautstraßen.
Mautkosten bis 3,5 Tonnen: 41 Euro (Hinfahrt 32,8 Euro, Rückfahrt 8,2 Euro)
Mautkosten über 3,5 Tonnen: 61,9 Euro (Hinfahrt 50 Euro, Rückfahrt 11,9 Euro)
Zwischenbilanz: Der neue Wohnmobilführerschein bis 4,25 Tonen macht Reisen nach Frankreich teurer, ab dem ersten Kilometer. Wie hoch die Mehrkosten sind, hängt oft von der Autobahngesellschaft ab. Bei der Beispieltour ergibt sich eine Differenz von circa 8 Euro pro 100 Autobahnkilometer. Für eine Reise ist das ok. Wer oft und gerne mit dem Reisemobil oder Campingbus Frankreich bereist, zahlt deutlich drauf, wenn er mit einem Fahrzeug fährt, das über 3,5 Tonen wiegt. Jedenfalls dann, wenn an der Mautstation tatsächlich gewogen und nicht nur die Höhe gemessen wird. Manche Wohnmobile über 3,5 Tonnen sind nämlich niedriger als drei Meter.
Mautkosten in den Niederlanden
Allgemeine Mautbestimmungen
- Wohnmobile bis und über 3,5 Tonnen: Campingfahrzeuge, die einen eindeutig erkennbaren Wohnraum haben, unterliegen in den Niederlanden keiner allgemeinen Maut. Im Westscheldetunnel, dem Kilttunnel und auf der Blankenburgverbindung der A24 bei Rotterdam gilt eine Streckenmaut.
Zwischenbilanz: In den Niederlanden fahren Wohnmobilisten fast kostenlos. Wessen Mobil über 3,5 Tonnen wiegt, der sollte die A24 Blankenburgverbindung bei Rotterdam meiden. Eine Durchfahrt kostet derzeit 9,13 Euro. Unter der Gewichtsgrenze sind es nur 1,51 Euro.
Mautkosten in Österreich
Generelle Mautbestimmungen:
- Wohnmobile bis 3,5 Tonnen: Vignettenpflicht für Autobahnen und Schnellstraßen. Gültigkeitsdauer: digitale Eintagesvignette – 3,70 Euro, 10 Tage – 11,60 Euro, zwei Monate – 31,10 Euro oder ein Jahr – 103,810 Euro.
- Wohnmobile über 3,5 Tonnen: Elektronische Maut (Go-Box) auf den Autobahnen und Schnellstraßen. Gebühren: 0,2336 Euro pro Kilometer (Netto-Preis, Euro 6, CO₂-Emissionsklasse 4), für Abschnitte in belasteten Transitregionen in die Nachbarländer gelten teilweise höhere Sätze oder festgelegte Streckenmauten – Beispiel: Kufsteint – Innsbruck (Brenner) 21,60 Euro.
Die Route: In Österreich geht es ins Burgenland. Los geht es in Passau, in Suben über die Grenze und von dort bis Rust. Einmal um den Neusiedler See, dann nach Bad Tatzmannsdorf und Heiligenbrunn, bevor es über Graz zurück nach Passau geht. Rund um den Neusiedler See können sich Camper größtenteils auf mautfreien Straßen bewegen. Beim Transfer zwischen Eisenstadt am Neusiedler See und Bad Tatzmannsdorf ist es ratsam, die 50 Kilometer auf der S31 zu fahren. Kostenpunkt mit Wohnmobilen über 3,5 Tonnen laut Mautkalkulator Light der österreichischen Go-Maut: 17,11 Euro (brutto). Dann sind da noch die Kosten für die Hinfahrt auf der 306 Kilometer Autobahn von der Grenze bis Eisenstadt, die der Kalkulator mit 85,91 Euro (brutto) berechnet und für die Rückfahrt insgesamt 326 Mautkilometer ab der Anschlussstelle Rudersdorf auf die S7 und später bei Graz über verschiedene Autobahnen, die der Kalkulator mit 102,78 Euro (brutto) berechnet.
Mautkosten unter 3,5 Tonnen: 31,10 Euro (Vignette für zwei Monate)
Mautkosten über 3,5 Tonnen: circa 205,80 Euro
Zwischenbilanz: Mit einem Wohnmobil oder Campingbus, der mehr als 3,5 Tonnen auf die Waage bringt, verliert der Campingurlaub auf der Langstrecke den Status einer günstigen Reiseform. Selbst als Transitland auf dem Weg nach Italien wird Österreich dann deutlich teurer als mit leichten Wohnmobilen, obwohl die Campenden dann möglicherweise nur einen oder zwei Stunden im Land sind. Beispielrechnung für die Fernpass-Variante: Die Mautgebühr für die knapp 38 Autobahnkilometer zwischen der Anschlussstelle Mötz-Reutte und dem Knoten Innsbruck-Süd – Abfahrt zum Brenner – berechnet der Go-Maut Mautkalkulator auf 11,71 Euro (brutto). Die Tagesvignette im Mobil unter 3,5 Tonnen kostet 3,70 Euro. Die Streckenmaut von der Grenzregion ab Kufstein nach Insbruck liegt für schwerere Mobile sogar bei 21,69 Euro.
Mautgebühren in Polen
Generelle Bestimmungen:
- Wohnmobile bis 3,5 Tonnen: Keine generelle Maut auf den meisten Straßen, außer auf bestimmten privatwirtschaftlichen Autobahnen.
- Wohnmobile über 3,5 Tonnen: Mautpflicht auf allen Autobahnen und einigen Schnellstraßen. Gebühren: ca. 0,12 € bis 0,20 € pro km für Lkw, abhängig von Fahrzeugklasse und Strecke.
Die Route: Wir fahren die promobil-Tour zu Polens an Polens Ostseeküste und durch Masuren nach. Grenzübertritt ist bei Frankfurt Oder, von wo aus es über die schönen Zwischenstationen Posen und Bydgoszcz zum Start der Tour nach Elblag geht. Zurück geht es über Warschau auf dem schnellsten Weg. Der Mautrechner des Elektronisches Mauterhebungssystem der nationalen Steuerverwaltung – eToll kommt auf 1 533,98 Kilometer Gesamtstrecke, wovon 701,13 mautpflichtig sind. Auf der Strecke liegen der A2-Abschnitt von Świecko nach Posen und der Abschnitt der A1 zwischen Thorn und Danzig, für die privatwirtschaftliche Betreiber Mautgebühren für alle Fahrzeuge erheben. Insofern fallen für Wohnmobile und Campingbusse mit mehr als 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht nur auf den staatlichen Autobahn- und Schnellstraßenabschnitten zusätzliche Kosten an.
Zusätzliche Mautkosten Wohnmobile bis 4,25 Tonnen: 47,36 Euro (203,36 PLN) – staatliches Zollsystem.
Mautkosten in der Schweiz
Generelle Mautbestimmungen:
- Wohnmobile bis 3,5 Tonnen: Jahresvignette für alle Autobahnen und Schnellstraßen erforderlich. Kosten: 40 CHF (ca. 40 €) für eine Jahresvignette.
- Wohnmobile über 3,5 Tonnen: Pauschale Schwerverkehrsabgabe (PSVA) für Wohnmobile, die außerhalb der Schweiz zugelassen werden. Preis laut PSVA-Ticket Konfigurator 3,25 CHF pro Tag (Mindestabgabe 25 CHF – für 7 Tage), 58,80 CHF für einen Monat, 650 CHF für ein Jahr.
Zwischenbilanz Schweiz: Die Pauschale Schwerverkehrsabgabe kann an der Einreise am Grenzübergang oder digital bezahlt werden. Bei einem Kurztrip zu den Eidgenossen können Camperinnen und Camper mit Wohnmobilen über 3,5 Tonnen sogar sparen. Die Pauschale Schwerverkehrsabgabe des Landes beträgt bei tageweiser Abrechnung pro Tag nur 3,25 CHF. Im Vergleich zu Wohnmobilen und Wohnwagen unter 3,5 Tonnen zahlen die Besitzenden schwererer Wohnmobile ab dem 13. Tag in der Schweiz darauf. Wer weiß, dass er nur einmal im Jahr eine lange Reise durch die Kantone unseres Nachbarlands macht, kann die PSVA gleich für die Dauer eines Monats zahlen und die Kosten in Grenzen halten.
Mautgebühren in Tschechien
Generelle Mautbestimmungen:
- Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen: Mautpflicht auf Autobahnen und Schnellstraßen. Es gibt eine elektronische Vignette, die einen Tag – circa 8,40 Euro, zehn Tage – circa 11,60 Euro, einen Monat – circa 18,40 Euro oder ein Jahr – circa 97,50 Euro gültig ist.
- Fahrzeuge über 3,5 Tonnen: Elektronische Mautsysteme (vignettenpflichtig und auf Strecken mit Mautkassen). Gebühren: zwischen 0,10 € und 0,30 € pro km, abhängig vom Fahrzeugtyp.
Die Route: In Tschechien bereisen wir Südböhmen. Es geht los ab Dresden und bei Breitenau über die Grenze, von da in Richtung České Budějovice (Budweis) durch den Böhmerwald nach Horni Plana und wieder zurück nach Dresden. Der Mautkalkulator des elektronischen Mautsystems in Tschechien (myto.cz) kommt auf 645 km, davon knapp 414 auf mautpflichtigen Straßen.
Mautkosten unter 3,5 Tonnen: circa 11,60 Euro (290 Tschechische Kronen) – für die 10-Tages-Vignette.
Mautkosten mehr als 3,5 Tonnen: circa 12,39 Euro (311,75 Tschechische Kronen)
Zwischenbilanz: In Tschechien kommen Camperinnen und Camper mit einem Wohnmobil oder Campingbus über 3,5 Tonnen ziemlich weit fahren, bis sie die Vignettenpreise der leichteren Campingfahrzeuge erreicht haben. 100 Kilometer im Wohnmobil bis 4,25 Tonnen kosten derzeit gerade mal 64,56 Euro. Wird die Strecke lang, entstehen rund um die goldene Stadt Prag Mehrkosten auf der Autobahn, wenn das Wohnmobil über 3,5 Tonnen wiegt.
Endabrechnung: B-Führerschein bis 4,25 t macht Campen teurer
Dieser Text umfasst nur Beispielrechnungen von Mautkalkulatoren, die nicht immer exakt die realen Kosten widerspiegeln. Eine Tendenz lassen sie erkennen: Wer mit einem Wohnmobil über 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht durch Deutschlands Nachbarländer tourt, zahlt gerade in den Campingländern Frankreich, Polen oder Österreich deutlich mehr fürs Reisen. Camper, die nach 1998 ihre Fahrerlaubnis gemacht haben, sollten sich also genau überlegen, ob sie in Zukunft den Klasse-B-Führerschein für Wohnmobile bis 4,25 Tonnen machen wollen. Der Nervenkitzel beim Packen bleibt durch die zusätzlichen Zuladungsreserven zwar aus, was durch Mautkosten aber teuer bezahlt wird.
Es lohnt sich auf jeden Fall die Überlegung, lieber mehr Geld in das Fahrzeug eines Herstellers zu investieren, der ein robustes und leichtes Fahrzeug auf die Reifen stellt und dafür dann an der Mautschranke weniger. Für die Wohnmobil- und Campingbushersteller heißt das umgekehrt, dass offen ist, wie viele junge Campende ihre Fahrerlaubnis wirklich auf 4,25 Tonnen auflasten. Denn: Wohnmobile und Campingbusse unter 3,5 Tonnen sind genau deshalb attraktiv: Weil sie geringere Reisekosten versprechen.