Wasser, wilde Natur und Wohlfühl-Plätze

Wer in der grandiosen Weite Finnlands unterwegs ist, hat beste Chancen, alle Hektik des Alltags hinter sich zu lassen. Eine Mobil-Tour mit Inseln, bunten Holzhäusern, Naturparks, wilden und seltenen Tieren und viel Platz für Reisemobile.
Es schaukelt. Bei Wind und Wellen bringt uns die Fähre von Tallinn ganz gelassen nach Finnlands Hauptstadt Helsinki, die wir von einer früheren Tour bereits kennen. Auch diesmal besuchen wir den Markt Kauppatori am Hafen mit seinen stibitzenden Möwen und der alten Markthalle, in der wir uns mit Graved Lachs, Rentierschinken und Moltebeermarmelade eindecken. Dann lenken wir unseren Bus in Finnlands Schärengarten.
Knapp 130 Kilometer westlich von Helsinki liegt Hanko auf einer Landspitze, umrahmt von Ostsee und finnischem Meerbusen. Villen zeugen von Hankos prächtiger Vergangenheit als Seebad des russischen Adels zur Zarenzeit. Heute ist das Städtchen beliebte Sommerfrische der Finnen. Kleine Sand- und Felsbuchten laden zu Entdeckungsspaziergängen ein.
Die Insel- und Schärenwelt im Süden Finnlands lässt sich natürlich per Boot erkunden. Aber geht das auch per Reisemobil? Wir beginnen unsere Kreuzfahrt durch den Schärengarten-Nationalpark in Kaarina nahe der Großstadt Turku. Von dort aus geht es auf der Schärenringstraße in Richtung Meer. Eiland reiht sich an Eiland, über 20.000 kleine Felsinseln sollen hier vor dem Festland liegen. Nach etlichen Brückenüberquerungen und einer kurzen Fährpassage erreichen wir abends Nauvo. Hier ist für heute Schluss, die nächste Fähre legt erst am nächsten Morgen ab.
Am Hafen mit seinen Restaurants und der Fischräucherei geht es quirlig zu. Gerne verbringen wir hier den Abend. Um neun Uhr am nächsten Morgen sticht die Fähre in See. An Deck, mit Kaffeetassen in der Hand, ziehen wir an bewaldeten und mit Holzhäuschen bestandenen Inseln vorbei. Skandinavien wie im Bilderbuch!
Fantasiefiguren & Seen ohne Ende
Wieder auf vier Rädern unterwegs, führt uns die Kleine Schärenringstraße noch eine gute Strecke durch herrliche Natur, bis wir Naantali, Heimat der Mumins, erreichen. Mumins? Die flusspferdähnlichen Figuren, geschaffen 1940 von der Schriftstellerin und Künstlerin Tove Jansson, sind nicht nur in Finnland Kult. In Naantali entdecken wir sie auf Straßenschildern, im Mumin-Shop an der Hafenmeile und im Muminland, einem liebevoll gestalteten Freizeitpark, der von Juni bis August und auch eine Woche im Februar geöffnet ist. An Naantali gefällt uns aber auch die Altstadt mit ihren bunten Holzhäusern, Galerien und vielen Restaurants.
Mit stylischen Mumin-Emaille-Tassen im Campinggepäck rollen wir weiter in die drittälteste Stadt Finnlands, nach Rauma. Ihre Altstadt beherbergt eines der größten und besterhaltenen Holzhausareale Skandinaviens. Hätten wir es eilig, dann könnten wir die Altstadt sogar mit dem Mobil auf breiten Kopfsteinpflasterstraßen erfahren. Überhaupt chauffiert es sich in den finnischen Städten entspannt mit dem Reisemobil; alles ist weiträumig, leicht findet man Parkmöglichkeiten.
Wir machen jetzt Strecke, um die Finnische Seenplatte zu erreichen, eine Landschaft, die das typische Finnland.Bild prägt: Tausende von Seen inmitten tiefer Wälder, weit und flach bis zum Horizont. Über Tampere geht es auf der Schnellstraße 9 bis Jyväskylä. Von dort lockt uns eine kleine Holzkirche zu einem Abstecher nach Petäjävesi. Das idyllisch zwischen Schafweiden gelegene Kirchlein zählt zum Unesco-Weltkulturerbe und betört mit seiner Urigkeit, den vielen Schnitzereien und einem uralten Friedhofshügel.
Weiter östlich liegt der Linnansaari-Nationalpark, dessen besondere Bewohner wir treffen wollen. Die Saimaa-Ringelrobben gehören zu den am stärksten bedrohten Robbenarten weltweit. Die Art wurde durch Landhebung in der letzten Eiszeit von der Ringelrobbenpopulation der Ostsee abgeschnitten. Nur noch 360 Individuen gibt es heute. Sie alle leben im Saimaa-See. In diesem Wasserlabyrinth gehen wir mit Wildlife-Guide Joonas Hokkanen im Motorboot auf Robben-Safari.
Keinesfalls verlassen wollen wir die Region, ohne Savonlinna und seine Burg Olavinlinna gesehen zu haben. Die imposante Festung liegt malerisch auf einer Felseninsel vor der Stadt und ist über eine Brücke zu erreichen. Ihre Gemäuer beherbergen ein Geschichts- und ein kirchliches Museum und sind Veranstaltungsort von Musikfestspielen. Mehr über die Schutzbemühungen für die Saimaa-Robbe erfahren wir in Savonlinnas Naturkundemuseum.
Das wilde Finnland hautnah erleben
Von Savonlinna aus könnten wir über die Straße 5 oder 6 zurück nach Helsinki fahren. Wir haben noch ein bisschen Zeit, und so reisen wir weiter in Richtung Norden. Auf dem Weg zum Koli-Nationalpark passieren wir Kerimäki mit der größten Holzkirche der Welt. Gut zwei Stunden später treffen wir in Koli ein, gelegen in einer der wenigen Berglandschaften im vorwiegend flachen Finnland. Vom großen Parkplatz aus bringt uns ein Lift zum Besucherzentrum, wo wir uns über den Park und die Wandermöglichkeiten informieren. Wir nehmen die kurze Route mit vielen Treppen hinauf auf den 347 Meter hohen Ukko-Koli-Gipfel, um die Aussicht zu genießen, von der uns andere Finnland.Freunde vorgeschwärmt hatten. Unsere Blicke schweifen über den riesigen Pielinen-See mit seinen Inseln, über weite Wälder, und ganz da hinten am Horizont ahnen wir das benachbarte Russland.
Nun hat es uns richtig gepackt. Wir wollen ganz tief eintauchen in das "wilde Finnland. und rollen weiter in eine Region mit einsamer Urnatur, in der die größte Braunbärenpopulation Europas leben soll – die Wildmark zwischen Kuhmo und Kuusamo. Die Stadt Kuhmo finden wir nicht besonders aufregend, aber der Besuch des Petola Visitor Center, etwas außerhalb Kuhmos am Lammasjärvi-Gewässer gelegen, erweist sich als lohnend, um sich mit der Tierwelt dieses urtümlichen Landstrichs vertraut zu machen. Im Center gibt es eine interaktive Ausstellung zu Elch, Vielfraß, Wolf und Bär, und wir bekommen Hilfe bei der Buchung einer Tierbeobachtungstour.
Je weiter wir parallel zur russischen Grenze nach Norden fahren, desto reizvoller erscheint uns die Landschaft. Ein Höhepunkt unserer Tour ist Finnlands jüngster und 40. Nationalpark mit dem lustigen Namen "Hossa". Hier finden wir gut erschlossene Wanderrouten, Bade- und Angelmöglichkeiten sowie ein regelrechtes Paradies für Kanuten. Es ist bereits acht Uhr abends, als wir den Campingplatz am Besucherzentrum Hossa erreichen. Die nordischen Lichtverhältnisse jetzt im Juli erlauben uns aber noch eine kleine, feine Wanderung auf dem drei Kilometer langen Naturlehrpfad, der direkt am Campingplatz startet. Dabei umrunden wir einen See, passieren Lagerfeuerplätze, an denen die Angler ihre Forellen brutzeln, und entdecken eine Rentier-Mutter mit Nachwuchs im Farndickicht.
Das sollen nicht die letzten Rentiere sein, die wir hier im hohen Norden sichten. Schon am nächsten Tag auf unserem Weg zum Julma-Ölkky-Canyon passiert eine Herde die Straße, und immer wieder kommen wir in Gebiete, wo mit Schildern und Gattern darauf hingewiesen wird, dass sich hier die Jagd- und Weidegründe des indigenen Volks der Sami befinden, die seit jeher Rentiere hüten.
Bei 25 Grad im Weihnachtsmanndorf
Der Julma-Ölkky-See wird von 50 Meter hohen Felswänden umrahmt. Wir haben die Wahl, den Canyon auf unterschiedliche Art zu erleben: auf einer geführten Bootstour, paddelnd im Kanu oder wandernd auf dem Felsenkamm und über eine spektakuläre Hängebrücke. Der Bootsanleger samt Kiosk befindet sich direkt am Wanderparkplatz.
Nun sind wir schon einmal so weit in Finnlands Norden, da wollen wir auch noch nach Lappland und den Nordpolarkreis überqueren. Daraus machen wir uns einen Spaß: Wir besuchen das Weihnachtsmanndorf und den Santa-Park am Polarkreis in Rovaniemi, schmausen dort Rentierbratwurst und schütteln dem Weihnachtsmann persönlich die Hand – das alles bei 25 Grad und Sonnenschein.
Gen Süden, zurück nach Helsinki, könnte die weitere Finnland.Runde nun immer entlang der Küste führen, wo Sandstrände, Dünen, pittoreske Fischerdörfer und als Kontrast nach all den großartigen Naturerlebnissen auch die Städte Oulu und Vaasa entdeckt werden wollen. Wir sparen uns das für ein andermal auf, sagen tschüss zu Finnland und reisen von Rovaniemi aus weiter nach Schweden, um den Bottnischen Meerbusen zu umrunden.
Wildlife erleben
Saimaa- Ringelrobben: Saimaa-Holiday veranstaltet Ringelrobbensafaris im Boot auf dem Saimaa-See in der Zeit vom 1. Mai bis 10. Juni sowie 100-Inseln-Safaris in der Zeit vom 1. Mai bis 30. Oktober. Geleitet werden die Touren von erfahrenen Wildlife-Guides, die Rücksicht auf die Lebensräume der Tiere nehmen, bei Safaris den nötigen Abstand einhalten und Tiersichtungen garantieren. Kontakt: Saimaa-Holiday Oravi, Kiramontie 27, 58130 Oravi, Telefon 0 03 58/ 4 42 74 70 78, E-Mail oravi@saimaaholiday.net
Braunbären: Beobachtung von April bis Oktober möglich. Die höchste Dichte Europäischer Braunbären lebt bei Kuhmo und nahe der russischen Grenze. Viele verschiedene Anbieter organisieren Beobachtungstouren (Beispiele: "Wild Taiga", "Wild Brown Bear" oder "The Boreal Wildlife Center"). Orientierung und Hilfe bei der Buchung: Petola Visitor Center, Lentiirantie 342, 88900 Kuhmo, Telefon 0 03 58/2 06 39 63 80, E-Mail petola@metsa.fi, www.metsa.fi/web/en
Rentiere: Um diese halbwilden Tiere zu sichten, von denen rund 200.000 in Finnisch-Lappland leben, muss man keine Tour buchen. Je weiter man nach Norden kommt, desto häufiger begegnet man Rentieren auf der Straße oder beim Wandern. Schilder am Wegrand weisen darauf hin, dass man ein Weidegebiet der Tiere erreicht hat – vorsichtig fahren!
Überblick über die nordische Tierwelt: Im Ranua-Zoo nahe Rovaniemi, dem nördlichsten Tierpark Finnlands, begegnet der Besucher 50 arktischen Tierarten vom Elch über den Otter bis hin zum Polarfuchs. Auch Safaris sind buchbar. Ganzjährig geöffnet. Rovaniementie 29, 97700 Ranua. Telefon 0 03 58/4 05 17 74 36, E-Mail ranuawildlife@ranua.fi, www.ranuazoo.com
Fähren nach Finnland./strong>
Estland–Finnland: Wer viel Zeit hat und auch noch andere Länder bereisen möchte, fährt über Polen, Litauen, Lettland nach Estlands Hauptstadt Tallinn. Von dort ist es nur eine kurze Fahrt mit der Fähre (Viking Line, Eckerö Line oder Tallink) nach Helsinki. Dauer: rund zwei Stunden, Preis: 80 bis 130 Euro (Reisemobil, zwei Personen, Hund). Preis variiert abhängig von Reisezeit, Zeitspanne der Vorausbuchung und Fahrzeuggröße.
Schweden–Finnland: Es gibt eine Vielzahl an Überfahrten von Schweden nach Finnland. Fähren verbinden vier Häfen in Schweden mit vier Häfen in Finnland durch die Fährgesellschaften Finnlines, Tallink Silja, Viking Line, Eckerö Line, St. Peter Line, Wasaline. Beispiele: Mit Finnlines von Kapellskär über die Åland-Insel nach Naantali; Dauer rund neun Stunden, Preis 150 bis 350 Euro. Mit Viking Line von Stockholm nach Helsinki. Dauer 17 Stunden, Preis: 180 bis 230 Euro.
Deutschland–Finnland: Übernachtfahrt mit Finnlines von Travemünde nach Helsinki. Dauer: 29 Stunden, Preis: 450 bis 850 Euro (Reisemobil, zwei Personen, Hund, Innenkabine). Preise abhängig von Reisezeit, Zeitspanne der Vorausbuchung, Fahrzeuggröße, Kabinenklasse. Haustiere dürfen nicht im Fahrzeug bleiben, es muss eine Haustierkabine (max. 2 Tiere) gebucht werden.
Weitere Informationen zu Fähren in Nordeuropa finden Sie hier.
Camping, Stellplätze & Jedermannsrecht
Mehr als 300 Campingplätze gibt es in Finnland (Info: www.camping.fi). Außerdem finden sich etwa drei Dutzend Reisemobilstellplätze, und zwar vorwiegend an Gasthäusern. Die Übernachtung außerhalb von Campingplätzen ist legal auf Privatgrund mit Erlaubnis des Besitzers möglich sowie auf öffentlichen Straßen und Parkplätzen, wenn es kein lokales Verbot gibt. Das Jedermannsrecht besagt, dass jeder die Natur zum Wandern, Baden, Angeln, Beeren- und Pilzesammeln sowie Zelten nutzen darf. Es gilt für Reisende mit Zelt, nicht für Reisemobile. Wer frei stehen will, wird am ehesten dort geduldet, wo die Natur weit und die nächsten Wohnhäuser fern sind. In jedem Fall nimmt man Rücksicht auf andere Menschen, Tiere und die Natur, verhält sich ruhig und hinterlässt keinen Müll. Das Jedermannsrecht gilt nicht in Nationalparks, auf landwirtschaftlich genutzten Flächen, an Stränden und in Militärgebieten.