Funktionaler Freizeit-Van für viele Lebenslagen

Fast unscheinbar kommt das Jubiläumsmodell von Pössl daher. Auf den ersten Blick. Dann wird klar: Hier stecken 30 Jahre Erfahrung im Kastenwagen. Modern aufbereitet, zielsicher umgesetzt.
Schnell stellt sich das Gefühl ein, zu Hause angekommen zu sein. Der Trenta 600 von Pössl hat eine besondere Raumwirkung: Er wirkt einfach stimmig. Mit seinen sechs Metern ist er ein Kastenwagen, ein großer Camper Van, der mit seinen Abmessungen zwischen Wendigkeit und Raumangebot jongliert. Nicht zu kurz, nicht zu lang, damit innen nicht zu eng und noch agil im Straßenverkehr. Das Querbett lässt genügend Raum, die Art, wie man Gepäck transportiert, ist clever gelöst, das Bad ist zwar keins für Duschfans, aber eines, das in den wesentlichen Punkten gut funktioniert. Es fehlt ein Kleiderschrank, dafür gibt es jede Menge Kleiderhaken.
Die Sichtachse ist damit schön offen, der Innenraum hell, zwischen Bett und Küche stört kein raumhohes Möbel, kein Kühlschrank. Der findet sich an der Stirnseite der Küchenzeile. Seine Tür lässt sich beidseitig öffnen. So kommt man an die Butter von innen und ans Bier von außen. Schon in den ersten Momenten im Van, beim ersten Rundgang wird klar, dass Pössl mit Erfahrung ans Werk ging. Dann lösen sich plötzlich die Schrauben aus der Tischaufhängung –drei Gewindegänge halten keine massive Platte. Nur ein Versehen? Das Vertrauen ist ein bisschen erschüttert. Drei Tage zu zweit im Trenta legen seine Stärken und Schwächen offen.
Wohnen
Das Testcampen mit dem Pössl Trenta 600 hatte den Feldberg zum Ziel, im Spätherbst. Mal trommelten Regentropfen hart auf das Dach und mal schien sanft die Sonne durch die Dachhauben. Drei Tage frei stehen, zu zweit, auf dem Berg mit allen Wetterkapriolen.
Der Kaffee dampft schon auf dem Zweiflammherd mit elektrischem Zünder. Der Mann mümmelt noch im Querbett, es ist so bequem. Durch das breitere Ende der Matratze und das Seitenfenster in Fahrtrichtung rechts ist die Schlafrichtung weitgehend vorgegeben. Wenn nötig – etwa bei Schrägläge – schläft man aber auch umgekehrt ganz erholsam. Auf beiden Seiten gibt es praxisgerechte Ablagen. Die Lesespots lassen sich frei positionieren und spenden ein angenehmes Licht zum Lesen, aber auch so. Auch die indirekte Beleuchtung gefällt.
Die Verkleidung der Hecktüren ist vorbildlich geschnitten, Mückennetz und Faltverdunkelung sind gut integriert und laufen anstandslos. Aber ein bisschen Kälte zieht schon herein durch den Türstoß – bei 8 Grad draußen. Immerhin gibt es einen Heizungsausströmer an den Hecktüren, der den Wärmeverlust aber nicht vollständig kompensieren kann. Beim Rauf- und Runtersteigen vom Bett hilft ein Tritt in der Schottwand zum Heckstauraum. Aufgrund der Enge zwischen Bad und Küche ist aber dennoch etwas Gelenkigkeit und Klettertalent vonnöten.
Der Kaffee ist fertig. Die Milch steht noch im Kompressorkühlschrank. Der war nachts auf leise gestellt – das hat sich bewährt. Die Tür des Kühlschranks lässt sich beidseitig öffnen, was lässig ist. Groß ist er allerdings nicht (70 Liter), und die Fächer sind eng übereinander positioniert. Kaffeetassen, Besteck und Töpfe finden in den drei Schubladen des Küchenblocks Platz und in einem schmalen Schränkchen seitlich. Ein Gewürzregal gibt es nicht.
Die Vordersitze sind gedreht. Der Tisch steht stabil, ist groß, die Verlängerung arretiert sauber. Auch hier ist das Fenster elegant eingefasst. Warm strömt die Heizungsluft an die Füße – und die Schuhe, die von der Regenwanderung trocknen. Die nassen Kleider hängen im ganzen Mobil an den vielen Haken. Eine Handtuchstange soll in der Serie noch hinzukommen.
Auf der Toilette sitzt man hoch. Der Platz im Bad ist nicht üppig, aber für so einen Sechs-Meter-Kastenwagen wohl proportioniert. Das Waschbecken lässt sich prima nutzen, und der Schrank ist geschickt in die Wandverkleidung versenkt. Der Duschvorhang erweist sich als etwas kurz – ohnehin gibt es für die Abtrennung inzwischen deutlich modernere Lösungen. Vielduscher wählen besser ein anderes Pössl-Modell. Trotzdem: Es ist ein gutes Bad. Auch dank kleinem Fenster und Dachhaube, angenehmem Licht und vor allem der stabilen Duschtasse unter den Füßen.
Drei Tage zu zweit sind vorbei. Gefallen hat die Beleuchtung und das Bad, das Bett war bequem, wenn auch mit engem Zustieg. An der Küche vermisst man ein Erweiterungsbrett für die Arbeitsplatte, dafür gibt es einen großen und im Prinzip stabilen Esstisch. Am Testwagen fehlten lediglich USB-Steckdosen. Die offeriert Pössl aber über individuell konfigurierbare Pakete.
Beladen
Klar, Sperriges kann der Trenta auch transportieren. Das Bett lässt sich abbauen, und dann wandert der Großeinkauf beim Möbelabholmarkt ins Heck. Auf Reisen sieht das anders aus. Da soll das Bett möglichst aufgebaut bleiben. Bei der Ausgestaltung des Heckstauraums gibt es unterschiedliche Konzepte. Im Trenta findet sich die gängige Variante mit einem langen, schmalen Fach zwischen den relativ wuchtigen Möbelzeilen rechts und links, die Frischwassertank und Gaskasten beherbergen. Außerdem gibt es links unter der Matratze auch noch Fächer für Dinge, die man nicht so oft braucht.
Für lange Gepäckstücke können die Schottbretter, die den Stauraum vom Gang abtrennen, entfernt werden. Dabei bewährt sich auch die Schiebetürlösung des Bads, die etwa Surfern trotz eingeladener Bretter den Zugang zur Toilette weiter ermöglicht. Acht Hängeschränke über Sitzgruppe und Heckbett nehmen einiges an Kleidung, Reiselektüre und Kleinzubehör auf. Unterm Tisch im Bodenpodest gibt es auch noch zwei Fächer. Sie fallen bei der Bewertung oft auch im übertragenen Sinn unter den Tisch, obwohl sie im Alltag wirklich praktisch sind, etwa für Schuhe.
Vor allem mit der Auflastung von 3,3 auf 3,5 Tonnen hat der Trenta auch genügend Zuladungsreserven für alles, was zwei Personen üblicherweise dabeihaben.
Technik
Auch wenn es nicht direkt mit dem Pössl zu tun hat, muss an dieser Stelle einmal mehr der "Kampf" mit dem Truma-Heizungsbedienteil CP Plus erwähnt werden. Es meldet einen Fehler, wenn die Gaszufuhr unterbrochen ist. Das kann passieren, wenn die Flasche nicht richtig aufgedreht, der Absperrhahn zu ist oder der Gasdruck langsam nachlässt, selbst wenn der Kocher damit noch ein munteres Feuerchen entfachen kann. Trotz großem Display wird dann ein kryptischer Fehlercode angezeigt, den nur Eingeweihte direkt interpretieren können.
Einen Lösungsansatz findet man schließlich auf der Truma-Homepage oder in der Service-App. Aber selbst dann ist das Prozedere des Resets noch langwierig und wenig bedienerfreundlich. Ansonsten macht die Heizung schön warm, keine Frage. Sie ist an optimaler Stelle in der Sitzbanktruhe untergebracht. Ausströmer gibt es genug, und die sind auch gut platziert. Beim Brennstoff kommt ausschließlich Gas zum Einsatz. Die Flaschen stehen links im Heck und sind ohne Probleme zugänglich. Der Kasten ist vorschriftsgemäß belüftet, und die Spanngurte erfüllen ihren Zweck.
Strom speichert eine AGM-Batterie mit 95 Ah. Das reicht meist für zwei, drei Tage ohne Landstrom. Weil allerdings auch der rein elektrisch betriebene Kühlschrank an den Energievorräten knabbert, wäre mehr Autarkie sinnvoll. Darum empfiehlt sich, über die zweite Bordbatterie, den 25-A-Ladebooster und am besten gleich noch ein Solarpanel nachzudenken. Serienmäßig finden sich im Ausbau lediglich zwei 230-Volt-Steckdosen. Wer noch ein paar 12-Volt-Dosen oder praktische USB-Ladebuchsen mag, wird auf Pakete verwiesen, die extra kosten.
Der Dieseltank kann von den serienmäßigen 75 auf 90 Liter erweitert werden – 99 Euro, die gut angelegt sind, für weniger Tankstellen-Suchstress im Urlaub. Beim Wasservorrat ist der Trenta mit seinem 100-Liter-Reservoir gut aufgestellt. Der 92-Liter-Abwassertank sitzt unterflur und ist optional isoliert und beheizt. Eine Tauchpumpe transportiert das Wasser zu den Armaturen. Beim Duschen ist der Wasserdruck nicht besonders hoch. Das Abspülen nach dem Schamponieren kann da für Langhaarige etwas zeitintensiv werden.
Fast schon Schmerzen bereitet der Warnpiepser, wenn beim Zündungsstart die Trittstufe noch ausgefahren ist. Hier würde ein zweiter Einfahrknopf am Armaturenbrett schneller und bequemer Linderung verschaffen. Dafür schließt der elektrische Endeinzug die Schiebetür zuverlässig und leise, was das laute Zudonnern unnötig macht. Schicker und stabiler als die vorgehängten Serienexemplare sind die optionalen Alu-Rahmenfenster.
Lichtcheck
Die Tischplatte ist mittelmäßig beleuchtet. Wobei der Fensterplatz noch am meisten Licht abbekommt. Die gleiche LED-Leiste wie am Tisch erhellt auch die Küche – mit eher schwachen 137 Lux. Im Bad ist der Durchschnittswert ähnlich. Das Gesicht im Spiegel erreichen aber stolze 700 Lux. Mit 75 Lux im Schnitt ist es gemütlich im Bett. Die 191 Lux der Lesespots sind aber kein Idealwert.
Fahren
Wenn die Ampel vor einem auf Gelb springt, sollte man gelassen bleiben und bremsen. Das Drehmoment des Citroën-Jumper-Motors im unteren Drehzahlbereich hat nicht den Wumms, der notwendig wäre, um noch sicher über die Ziellinie zu schieben. Im Testwagen brummt der 165-PS-Top-Motor. 140 Serien-PS würden wohl auch genügen, doch das Mehr an Agilität steht einem Van für Aktive gut. Die Alternative wäre, den Fiat Ducato mit 160- oder 177-PS-Motor zu nehmen, was allerdings 1000 bis 3000 Euro Mehrkosten verursacht. Neben 10 bis 30 Nm mehr Drehmoment und einem besseren Servicenetz ist eines der wichtigsten Argumente für den Fiat die zwar rund 3000 Euro teure, aber komfortable Neungang-Wandlerautomatik. Beim Citroën gibt es keine Alternative zum Sechsgang-Schaltgetriebe.
Der Citroën-Motor klingt kernig-hell. Sein Sound ist stets präsent, auch weil vom Ausbau kein Geknarze oder Gepolter ans Ohr dringt. Wie die Citroën- und Fiat-Kastenwagen fahren, ist bekannt – kurz zusammengefasst: sehr lenkpräzise, agil, aber mit poltriger, grob gefederter Vorderachse. Große Räder mit gewichtsangepasstem Luftdruck helfen. Komfortfederbeine von Zubehöranbietern sind überlegenswert.
Grundsätzlich kommt man mit so einem Sechs-Meter-Bus auch in Städten ganz gut zurecht. Der große Wendekreis schränkt die Handlichkeit aber ein.
Das fiel uns auf
(+) Angenehm zu bedienende Hakenschnäpper an den Klappen, die elegant verdeckt montiert sind.(+) Fast überall im Fahrzeug sind Haken verteilt – das gleicht das Fehlen eines Kleiderschranks aus.(+)(-) Ungewohnt sind die offenen Sägekanten: sehen ganz hübsch aus, können aber ausfransen.(+)(-) Top: Die Kühlschranktür lässt sich beidseitig öffnen. Kleiner Flop: geht echt eng zu da unten drin.(-) Zumindest bedenklich ist die Abdichtung an manchen Stellen im Bad. Vor allem an den Rundungen.(-) Die Schrauben, die Tischplatte und Einhängeleiste zusammenhalten, sind zu kurz.
Nachgefragt
Robert Hein, Leiter Vertrieb, Marketing und PR bei Pössl, nimmt Stellung ...
... zur defekten Verschraubung des Tisches: Wahrscheinlich wurden die Sicherungshebel zum Entriegeln nicht gedrückt. Das passiert zu 99 % bei Fehlbedienung.
... zu den fehlenden USB-Dosen im Serienzustand: Was heißt fehlend? Optional gibt es zwei E-Pakete mit verschiedenen Steckdosen. Und für die Steckdosen gibt es entsprechende Adaptervariationen, da macht es keinen Sinn, irgendwo eine USB-Dose serienmäßig einzubauen. Zumal jeder eine andere Position bevorzugt. Und mittlerweile bräuchte man dann auch noch USB-C.
... zur etwas müde wirkenden Beleuchtung: Das Licht ist ein Stimmungslicht und bewusst nicht aufdringlich. Wir wollten den Wagen nicht fluten, sondern für harmonische Wohlfühlbeleuchtung sorgen. Es gab hierzu bislang keinerlei Beanstandungen. Wir wissen aber, dass Pössl-Kunden nicht nur qualitäts-, sondern auch preisbewusst sind, daher möchten sie ein teures Beleuchtungskonzept in Serie nicht bezahlen.
Preise
Der Basispreis von 41.000 Euro ist wie meist eher eine theoretische Größe, um den Käufer behutsam an den eigentlichen Kaufpreis heranzuführen. Der Testwagenpreis von gut 47.500 Euro ist da schon ein realistischerer Wert. Wirklich viel lässt sich aus seiner Konfiguration kaum herausstreichen. Das All-in-Paket mit knapp 2000 Euro ist Pflicht, weglassen könnte man die Alufelgen und das Zusatzbett. Eher kommen aber noch das Winterpaket, das Elektropaket mit USB-Anschlüssen und die wertigeren Rahmenfenster dazu. Aber auch dann bleibt der Trenta 600 noch unter 50.000 Euro.
Pössl Trenta 600 (2021)
Gurte/Schlafplätze: 4/3 Zul. Gesamtgewicht: 3500 kg Länge/Breite/Höhe: 5,99/2,05/2,58 m Grundpreis: 40.999 Euro (Citroën Jumper 2.2, Motor 103 kW/140 PS) mit TÜV und Zulassungsbescheinigung II Testwagenpreis: 47.575 Euro
Konkurrenten
Adria Twin Axess 600 SP Grundpreis: 43.199 Euro (19 % MwSt.) Basisfahrzeug: Fiat Ducato, 88 kW/120 PS Länge/Breite/Höhe: 5998/2050/2590 mm Leer-/zul. Gesamtgewicht: 2770/3300 kg(+) Gibt es auch mit Citroën-Basis als attraktives All-in-Sondermodell(-) Serienmäßig nur 3,3 t zGG, kein Beifahrerairbag serienmäßig
Hobby Vantana Ontour K60 FTGrundpreis: 41.570 Euro (19 % MwSt.) Basisfahrzeug: Fiat Ducato, 88 kW/120 PS Länge/Breite/Höhe: 5998/2050/2642 mm Leer-/zul. Gesamtgewicht: 2822/3300 kg(+) Sehr umfangreiche Serienausstattung, auch mit Beifahrerairbag (-) Zum Grundpreis nur 3,3 t zGG
Westfalia Amundsen 600 DGrundpreis: 42.190 Euro (19 % MwSt.) Basisfahrzeug: Fiat Ducato, 88 kW/120 PS Länge/Breite/Höhe: 5998/2050/2600 mm Leer-/zul. Gesamtgewicht: 2850/3300 kg(+) Hochwertiger Möbelbau, automotive Rücksitzbank, variabler Heckstauraum (-) Serienmäßig nur 3,3 t zGG
Die Baureihe Pössl Trenta
Preise: 40.999–43.999 Euro Basis: Citroën Jumper/Fiat Ducato Länge: 5,99–6,36 m Gesamtgewicht: 3300–3500 kg Weitere Modelle: 1
Mit dieser Reihe feiert Pössl dreißig Jahre Kastenwagen-Ausbau – als Pionier, Marktführer und Innovationstreiber. Der Markenname steht inzwischen fast schon wie "Tempo" für Taschentücher für das Segment der Camper Vans, wie man die ausgebauten Kastenwagen auch nennt. Zwei Modelle umfasst die kleine Trenta-Reihe. Den getesteten 6-Meter-Bus und einen 6,36er mit Längseinzelbetten. Beide zeichnet die offene Sichtachse, das moderne Design und die schicke Ambientebeleuchtung aus. Und als Reminiszenz an die Vergangenheit gibt es optional Bullaugenfenster.