Wie geht's weiter bei Knaus Tabbert?

Jandelsbrunn in Niederbayern ist die Heimat der Knaus-Tabbert-Gruppe. Die Marke Knaus gibt es seit den 1960ern.
Produktionsstopp, Kursrutsch, Polizei-Razzien, Entlassungen – im Gespräch mit promobil auf der CMT 2025 skizziert die neue Führung den Weg des Konzerns aus der Krise.
+++ Update vom 24.1.2025 +++
Im Gespräch mit unserer Redaktion im Rahmen der CMT hat die neue Führung bei Knaus Tabbert den Weg des Konzerns aus der aktuellen Krisensituation skizziert. Erste Maßnahmen, wie der Stopp bzw. die Drosselung der Produktion in einigen Werken, zeigten bereits Wirkung, wie der neue CEO Wim de Pundert, zugleich Hauptaktionär der AG, ausführte. Die hohen Bestände an Wohnmobilen und Caravans beim Hersteller selbst sowie den Händlern schmelzen erkennbar ab – nicht zuletzt dank der stabilen Nachfrage seitens der Kundschaft. Das Interesse am Urlaub mit Wohnmobil und Wohnwagen sei nach wie vor sehr hoch, wenngleich sich die Nachfrage nach den extremen Boomjahren während der Corona-Pandemie auf Normalmaß einpendelt. Entsprechend soll ab Ende Januar die Produktion wieder anlaufen.
Weiterhin hoch ist allerdings der Druck, Kosten zu reduzieren. Knaus Tabbert setzt unter anderem beim Personal an. Wie die Passauer Neue Presse (PNP) berichtet, baut der Konzern Stellen ab. Zum 31. Januar verlieren 170 Mitarbeitende ihren Job. Das entspricht fast 10 Prozent der Belegschaft in Jandelsbrunn. Ende November habe das Unternehmen bereits 58 Leiharbeiter gekündigt. Damit soll der Personalstand dem geringeren Auftragsbestand angepasst werden.
"Als letzten Hebel" des Managements bezeichnete eine Konzernsprecherin den Schrumpfkurs beim Personal. "Wir sind uns der Einzelschicksale sehr bewusst und hätten das gern verhindert, aber leider Gottes ist der Stellenabbau unvermeidlich", zitiert die PNP weiter Anton Autengruber, den Betriebsratsvorsitzenden am Stammwerk Jandelsbrunn in Niederbayern.
Um diese aktuelle Entwicklung einzuordnen: Mutmaßlich bleibt die Knaus Tabbert AG mit dieser Sparmaßnahme kein Einzelfall in der Caravaning-Branche. Auch andere Wohnmobil- und Caravan-Hersteller stehen vor einer ähnlichen Situation, haben in den vergangenen Jahren viel Personal aufgebaut, um die vollen Auftragsbücher abzuarbeiten.
Trotz allem zeigt der Konzern auf der CMT 2025 in Stuttgart mit seinen Marken Knaus, Weinsberg, Tabbert und Morelo ein großes Modellprogramm. Mit den Besucherzahlen und dem Kundeninteresse zeigt sich der Hersteller zufrieden. Ob es bei der enormen Modellvielfalt bleiben wird, ist indes fraglich. Das neue Management überprüft derzeit intensiv das aktuelle Produkt-Portfolio.
Nischenprodukte wie etwa der Tourer Van auf dem VW Transporter der letzten Modellgeneration, der aktuell mit großen Rabatten gehandelt wird, dürften die Neuausrichtung des Modellprogramms nicht überdauern. Die Nachfrage nach dem kompakten Teilintegrierten hat das frühere Management überschätzt. Die Entwicklung künftiger Reisemobile und Caravans möchte der Hersteller wieder stärker an den Bedürfnissen der Kunden ausrichten. Dabei wird insbesondere die Zusammenarbeit mit den Händlern intensiviert. Sie sollen künftig stärker als bisher direkt in die Entwicklung neuer Fahrzeuge eingebunden sein.
+++ Update vom 20.12.2024 +++
Kurz vor den Feiertagen steht die Knaus Tabbert AG erneut in den Schlagzeilen. Wie der BR berichtet, ermittelt die Staatsanwaltschaft Stuttgart gegen ehemalige Vorstände und Mitarbeiter des Wohnmobil-Herstellers wegen Verdachts auf Betrug und Wettbewerbsverstöße. Dabei soll es um manipulierte Angaben zum technisch zulässigen Gesamtgewicht (zGG) bei Fahrzeugen bis 3,5 Tonnen gehen, wie das Unternehmen bestätigte.
Im Rahmen dieser Ermittlungen und eines Bußgeldverfahrens wurde am Mittwoch (18.12.2024) der Firmensitz in Jandelsbrunn (Niederbayern) durchsucht. Laut einer Sprecherin von Knaus Tabbert wurden Unterlagen sichergestellt. Man kooperiere umfassend mit den Behörden. Zudem seien bereits finanzielle Rückstellungen in der Bilanz gebildet worden, teilte das Unternehmen mit. Die neuerliche Ermittlung der Staatsanwaltschaft Stuttgart steht wohl nicht im Zusammenhang mit der Untersuchung der mutmaßlichen Korruptionsvorwürfe durch die Staatsanwaltschaft Landshut.
Der Druck, Wohnmobile mit einem zulässigen Gesamtgewicht (zGG) von unter 3,5 Tonnen auf den Markt zu bringen, hat seit der Einführung der B-Führerschein-Richtlinie im Jahr 1999 sowie durch verschiedene innereuropäische Regelungen zu Maut, Geschwindigkeitsbegrenzungen und anderen Verkehrsregel deutlich zugenommen. Für Fahrzeuge über 3,5 Tonnen gelten größtenteils dieselben verkehrsrechtlichen Bestimmungen wie für Lkw, etwa Durchfahrtsverbote in bestimmten Ortschaften, Überholverbote auf bestimmten Straßenabschnitten sowie außerhalb Deutschlands eine teurere Maut. Die Mehrheit der Kunden bevorzugt aus diesen Gründen Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen Gesamtgewicht. Gleichzeitig limitiert diese Obergrenze aber natürlich auch die Zuladung. Insbesondere bei Fahrzeugen, die auch durch mehr Komfort- und Sicherheitsausstattung immer schwerer werden, entsteht hier mitunter ein Konflikt: Je höher das Leergewicht bzw. die Masse im fahrbereiten Zustand, desto geringer fällt die Zuladung solcher Fahrzeuge aus. Diese ist jedoch entscheidend dafür, ob und wie gut ein Wohnmobil mit der zugelassenen Anzahl an mitfahrenden Personen funktioniert.
Vorwürfe der Manipulation des Gesamt- sowie des Leergewichts wurden in der Vergangenheit bereits gegen andere Hersteller in der Branche erhoben und damals durch Einigungen mit der Staatsanwaltschaft beigelegt. Als Konsequenz solcher Fälle werden Kaufinteressenten heute beim Besuch der Website eines Herstellers und beim Nutzen eines Wohnmobil-Konfigurators Pop-ups angezeigt, die erklären, was Leergewicht und Gesamtgewicht und Zuladung bedeuten, wie die Zuladung berechnet wird und welche Spielräume für Sonderausstattung sich daraus ergeben. Diese Pop-ups sollen sowohl die Sensibiliät und die Transparenz für die Nutzer erhöhen als auch eine rechtliche Verbindlichkeit für die Hersteller schaffen.
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Die aktuelle Krise bei Knaus Tabbert, die durch Ermittlungen, Razzien und einen Produktionsstopp ausgelöst wurde, hat nicht nur das Unternehmen, sondern die gesamte Caravan- und Reisemobilbranche erschüttert.
Die Ermittlungen gegen Führungskräfte des Unternehmens und die damit zusammenhängende Entlassung von COO Werner Vaterl und CSO Gerd Adamietzki, werfen einen Schatten auf den renommierten Hersteller. Im Raum steht der Verdacht der Bestechlichkeit. Führungskräfte sollen Bestechungsgelder von Zulieferern angenommen und diese als Gegenleistung bevorzugt behandelt haben.
Wie richtet sich Knaus künftig aus?
Mittlerweile hat die neue Führung das Ruder übernommen, das sind der Vorstandsvorsitzende und Hauptaktionär Wim de Pundert und der neue Finanzvorstand Radim Sevcik. Bei dem in Turbulenzen geratenen Unternehmen stehen etliche Hausaufgaben an. Dem Handelsblatt kündigte der Niederländer de Pundert bereits einen "Schrumpf- und Sparkurs" an. promobil und CARAVANING fragten nach: Was bedeutet das für Belegschaft und Kunden? Sind Werksschließungen geplant? Wie lange bleibt die Produktion ausgesetzt?
Wie groß der dem Unternehmen entstandene Schaden ist, lässt sich bislang nicht beziffern. De Pundert, der mit rund 41 Prozent der Firmenanteile zusätzlich Großaktionär von Knaus Tabbert ist, benennt als Hauptursache für die aktuelle Situation klar: Missmanagement. Der bisherige Vorstand ist bei Planung und Markteinschätzung offenkundig zu optimistisch vorgegangen. Einfach ausgedrückt: Die Nachfrage ist deutlich geringer als erwartet.
Für 2025 und die weitere Zukunft plane man eher konservativ, "auf Sicherheit und nicht auf Risiko", erläutert de Pundert. Das Unternehmen erwarte weniger Verkäufe – ohne konkrete Zahlen zu nennen. Im ersten Quartal 2025 fokussiere man sich besonders auf den Abbau der Bestände, man spricht von einer Überproduktion. Hunderte von Fahrzeugen stehen auf Halde, dazu kommen die überdurchschnittlich hohen Bestände im Handel. Die Fertigung soll vor allem der Nachfrage angepasst werden, sprich reduziert werden. Vorerst wolle man nur noch im Kundenauftrag Fahrzeuge produzieren. Ausgesetzt bleibt die Produktion in den Werken in Niederbayern und Ungarn nach nochmals nachjustierter Planung bis einschließlich Januar.
Bestellte Fahrzeug werden geliefert
Das heißt: Wer aktuell ein Modell von Knaus, Weinsberg oder Tabbert bestellt, bekommt das. Bereits bestellte Fahrzeuge sollen ausgeliefert werden. Ebenfalls keine Einschränkungen soll es in Bezug auf die Verfügbarkeit von Ersatzteilen geben. "Eigentlich sind Endkunden von der aktuellen Situation gar nicht betroffen", versucht de Pundert zu beruhigen. Gleichwohl herrscht unter Kaufinteressierten derzeit natürlich Unsicherheit.
Welchen Einfluss das auf die Anzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben wird, lässt das Unternehmen offen. "Wir können dazu aktuell nichts sagen, planen aber auch hier konservativ." Klar ist indes: geringere Stückzahlen brauchen weniger Menschen. Werksschließungen schließt der Vorstandsvorsitzende jedoch aus. Dafür spricht, dass die bestehenden Standorte jeweils eindeutige Ausrichtungen auf bestimmte Produkttypen haben. Nach wie vor wollen Knaus, Tabbert und Weinsberg Caravans, ausgebaute Kastenwagen sowie aufgebaute Wohnmobile anbieten. Die Kapazität des Wohnwagenwerks in Mottgers (Tabbert) ist aktuell laut de Pundert ohnehin bis Juni 2025 ausgeplant.
Neue Markeneinführung verschoben
In Innovationen will Knaus weiter investieren, allerdings in angepasstem Umfang und stärker als in der Vergangenheit ausgerichtet auf den Bedarf des Markts und der Kunden. Das derzeitige Modellangebot der Unternehmensmarken ist riesig. In der Vergangenheit versuchte man, viele Marktnischen zu besetzen. Möglicherweise zieht man sich aus der einen oder anderen wieder zurück. Anzeichen dafür: Die angekündigte Marke Xperian kommt nicht, wie ursprünglich geplant, zur CMT. Auf unsere Nachfrage, ob die aktuelle Marktsituation überhaupt noch eine weitere Marke verlangt, setzt Wim de Pundert ein "Fragezeichen".
Der Auftritt auf der Messe CMT Stuttgart im Januar steht indes nicht infrage. "Wir werden unsere Produkte im gleichen Umfang wie bisher und wie geplant dem Publikum präsentieren."
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Im Video: promobil und CARAVANING ordnen die Vorfälle ein
Der Verdacht der Bestechung richtet sich nicht gegen die Firma Knaus Tabbert selbst, sondern gegen Einzelpersonen innerhalb des Unternehmens. "Außerdem gilt immer noch die Unschuldsvermutung, bevor ein Urteil gefällt werden kann", sagt Dominic Vierneisel, Chefredakteur des Magazins promobil.
Knaus Tabbert hatte schon zuvor den Produktionsstopp bekannt gegeben: Die Produktion in den Hauptwerken in Jandelsbrunn und Ungarn wird bis Januar 2025 pausieren, um einen Überhang an unverkauften Fahrzeugen bei den Händlern abzubauen. "Die Ware steht sich, wenn ich das so salopp sagen kann, die Reifen platt", erklärt Ingo Wagner, Chefredakteur der Zeitschrift CARAVANING. Diese Maßnahme ist eine Reaktion auf die Überkapazitäten und den gesättigten Markt, der derzeit die Händler belastet. In den Werken von Tabbert in Sinntal und Morelo in Schlüsselfeld wird die Produktion fortgesetzt.
Der Produktionsstopp und die laufenden Ermittlungen belasten den Aktienkurs des Unternehmens stark. Der Rückzug des CEOs Wolfgang Speck Ende Oktober und die Interimslösungen in der Führungsebene sorgen zusätzlich für Unsicherheit. Doch der neue CEO Wim de Pundert, der das Unternehmen bereits 2008 aus einer Insolvenz geführt hat, könnte der "richtige Mann am Steuer" sein, so promobil-Redakteur Christian Becker. Dennoch bleibt die Frage, wie stabil das Unternehmen inmitten der Turbulenzen bleibt und ob es in der Lage sein wird, die Krise zu überwinden.
Für die Branche hat die Situation bei Knaus Tabbert weitreichende Folgen. Die KTAG zählt zu den großen Playern im Caravan- und Reisemobilmarkt, und eine solche Krise bei einem Marktführer könnte die gesamte Branche in Mitleidenschaft ziehen. Besonders die Händler und Zulieferer von Knaus Tabbert sind von den Entwicklungen betroffen. Einige Händler der betroffenen Marken haben bereits Insolvenz angemeldet, was die ohnehin schon schwierige Marktsituation weiter verschärft.
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+++ Update vom 05.12.2024 +++
Die Knaus Tabbert AG erweitert den Vorstand und bestellt Radim Sevcik zum neuen Chief Financial Officer (CFO), der erst kürzlich zum Finance Director ernannt wurde. Die Funktion des Finanzvorstands übernimmt Sevcik von CEO Wim de Pundert, der sich ab sofort stärker auf Vertriebs- und operative Themen konzentrieren wird.
Neben der angekündigten internen Untersuchung, für die das Unternehmen eine Arbeitsgruppe einsetzt, wurde außerdem die Zusammenarbeit mit allen Lieferanten beendet, die im Verdacht stehen, Bestechungsgelder an die beiden inzwischen entlassenen Vorstände gezahlt zu haben. Zudem hat Knaus Tabbert Schadensersatzklagen und einen Strafantrag eingeleitet. Der Vorstand und der Aufsichtsrat haben das Unternehmen Alvarez & Marsal mit der Sachaufklärung beauftragt. Dieses soll nicht nur das Ausmaß und die Auswirkungen analysieren, sondern auch Maßnahmen zum Schutz vor zukünftigen Vorfällen erarbeiten.
Überdies hat die Knaus Tabbert AG ein umfassendes Programm zur Erreichung ihrer Ziele initiiert. Unter anderem wurde FTI-Andersch, ein Transformationsberater aus Deutschland, mit einer Untersuchung der aktuellen Lage im Unternehmen und im Caravaning-Markt beauftragt. Um die Beziehung zum europäischen Händlernetz aufrechtzuerhalten und zu stärken, hat das Unternehmen persönliche Zusammentreffen organisiert, um Einblicke in die neue strategische Ausrichtung und organisatorische Veränderung zu geben. Des Weiteren will Knaus Tabbert Händler mit gezielten gemeinsamen Maßnahmen aktiv unterstützen.
+++ Update vom 28.11.2024 +++ Wie Knaus Tabbert heute in einer Pressemitteilung bekannt gab, hat der Aufsichtsrat die Verträge von COO Werner Vaterl und CSO Gerd Adamietzki mit sofortiger Wirkung gekündigt. Hintergrund sind die laufenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen zwei Personen aus dem Unternehmen. Hier gibt es eine erste Einordnung von unseren Branchen-Experten und Chefredakteuren Ingo Wagner und Dominic Vierneisel.
Knaus Tabbert betont, selbst Opfer der mutmaßlichen Bestechungsfälle zu sein, und kooperiert vollständig mit den Behörden. Eine interne Untersuchung soll klären, wie es zu den Vorfällen kommen konnte. Gleichzeitig kündigte das Unternehmen an, interne Prozesse und Kontrollen weiter zu verbessern, um ähnliche Ereignisse künftig zu verhindern.
+++ Update vom 27.11.2024 +++ Wie am 27.11. bekannt wurde, hat es bei Knaus Tabbert eine polizeiliche Durchsuchung gegeben. Nach Angaben der Behörden fanden die Maßnahmen am Hauptsitz in Jandelsbrunn und weiteren Standorten statt. Ziel der Ermittlungen sei es, mögliche Unregelmäßigkeiten in den Geschäftsbüchern und der Finanzkommunikation des Unternehmens aufzudecken. Laut einem Sprecher der Staatsanwaltschaft richtet sich die Untersuchung gegen einzelne Verantwortliche, konkrete Vorwürfe wurden bislang nicht öffentlich gemacht. Laut BR24 geht es "den Ermittlern zufolge um den Verdacht eines besonders schweren Falls der Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr." Knaus Tabbert bestätigte die Ermittlungen und erklärte, man kooperiert vollständig mit den Behörden, um die Vorwürfe zu klären.
Die neuen Entwicklungen erhöhen den Druck auf den kürzlich ernannten CEO und CFO Wim de Pundert, der seit dem 22.11.2024 in Personalunion das Steuer bei der KTAG übernommen hat. Unterstützt wird er von Radim Ševčík als Financial Director sowie dem unveränderten Führungsteam um Werner Vaterl (COO) und Gerd Adamietzki (CSO).
Wie BR24 weiter berichtet, stehen laut Staatsanwaltschaft und Polizei drei Manager im Alter zwischen 57 und 71 Jahren im Zentrum der Ermittlungen. Zwei Verdächtige arbeiteten offenbar im Management von Knaus Tabbert, der Dritte war Verantwortlicher einer im Saarland ansässigen Investment GmbH. Alle drei werden verdächtigt, Bestechungsgelder von Zulieferern angenommen und unter sich aufgeteilt zu haben. Im Gegenzug sollen die Zulieferer von den Managern bevorzugt behandelt worden sein und Aufträge erhalten haben.
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Wer ist Knaus Tabbert?
Zur Knaus Tabbert AG gehören bekannte Wohnmobil- und Wohnwagen-Marken wie Knaus, Weinsberg, Tabbert, T@b und Morelo. Zusätzlich betreibt das Unternehmen mit Rent and Travel eine Vermietungsplattform sowie insgesamt fünf Händler in Deutschland, die zu 100 % der Knaus-Tabbert-Gruppe gehören. Rund 4.000 Mitarbeiter beschäftigt die AG allein an den vier Produktions- und Verwaltungsstandorten. Vergessen darf man auch die Zulieferer und Zubehör-Unternehmen nicht, die ihre Produkte an die Marken verkaufen, sowie zahlreiche Händler, die die Produkte der Knaus-Tabbert-Gruppe vertreiben. Ernsthafte wirtschaftliche Probleme eines Unternehmens dieser Größenordnung hätten somit spürbare Konsequenzen für die gesamte Branche.
Welche Bedeutung hat Knaus Tabbert für den Wohnmobilmarkt?
Im Jahr 2023 erzielte Knaus Tabbert nach eigenen Angaben mit seiner Marke Knaus einen Marktanteil von 8,6 % bei den Neuzulassungen von Reisemobilen in Deutschland und beanspruchte damit erstmals den Spitzenplatz in diesem Segment. Auch die Marke Weinsberg konnte sich mit 5,7 % Marktanteil den dritten Rang der Neuzulassungsstärksten im Reisemobilmarkt sichern. Besonders bemerkenswert war die Entwicklung im Bereich der teilintegrierten Reisemobile: Knaus erreichte hier einen Marktanteil von 18,1 % und Weinsberg 10,0 %, was den beiden Marken Spitzenpositionen sicherte. Fast jedes dritte teilintegrierte Reisemobil in Deutschland stammte 2023 somit aus der Knaus Tabbert Gruppe. Auch für 2024 war der Auftragsbestand laut Angaben des Unternehmens nach wie vor hoch.
Die Hintergründe der Krise: Produktionsstopp bis Ende des Jahres
Seit dem 18. November 2024 steht bei großen Werken von Knaus Tabbert die Produktion still. Betroffen sind die Werke am Hauptsitz der Aktiengesellschaft in Jandelsbrunn mit 1.700 Mitarbeitern und in Nagyoroszi/Ungarn mit 1.300 Mitarbeitern. In beiden Werken werden Wohnmobile und Wohnwagen der Marken Knaus, Weinsberg und T@b gebaut. Insgesamt beschäftigt die AG rund 4.200 Menschen. Nicht betroffen sind die Standorte Mottgers (Tabbert Wohnwagen) und Schlüsselfeld (Morelo Reisemobile).
Hoher Lagerbestand, Kurseinbruch am Aktienmarkt
Durch diese Maßnahme sollen die Lagerbestände der Händler abgebaut werden. Schon im Juli dieses Jahres hatte Knaus Tabbert eine erste Gewinnwarnung veröffentlicht. Der Hintergrund war eine breit angelegte Hilfe für die Händler, um sie bei der Finanzierung des großen Fahrzeugbestands zu unterstützen. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Konzern die Werksferien von drei auf fünf Wochen verlängert.
Seit September 2024 ist die Belegschaft in Jandelsbrunn und am Standort Mottgers bereits in Kurzarbeit. BR24 zitiert Betriebsratsvorsitzenden Anton Autengruber: "Zum Wohle des Unternehmens müssen jetzt einfach die besten Lösungen gefunden werden." Er sei jedoch davon überzeugt, dass die Produktion 2025 wieder aufgenommen wird.
Laut einem Bericht der FAZ ist der Aktienmarkt "schockiert". Der Kurs der KTAG-Aktie war am Mittwoch, dem 13.11.2024, um ein Drittel gesunken. Zwar ging er am Folgetag wieder etwas nach oben, doch seit Juni beträgt das Minus der Aktie 70 Prozent. Dennoch gebe es "Hoffnungswerte", da Knaus Tabbert in Produktionskapazität investiert habe und damit in seine Effizienz.
Schlechte Vorzeichen: Korrektur der Ertragsprognose
Bereits am 7.11.2024 ließ die Knaus Tabbert AG verlauten, dass Umsatzziel und Marge für 2024 unter den Prognosen liegen werden. Die AG hatte ursprünglich mit einem Umsatz von 1,3 Milliarden gerechnet. Laut FAZ drehte der operative Gewinn im Vorjahreszeitraum von 12 Millionen Euro Plus auf 33 Millionen Minus.
Zuvor schon hatte die AG den Weggang des langjährigen CEO Wolfgang Speck bekannt gegeben. Seine Funktion übernahm interimsmäßig COO Werner Vaterl. Unterstützt wurde er dabei von Verkaufschef CSO Gerd Adamietzki. Die seit Februar unbesetzte CFO-Stelle sollte zeitnah nachbesetzt werden. Mehr zu den darauffolgenden Entwicklungen lesen Sie oben im Artikel.
Positiv in die Zukunft blicken kann das Unternehmen laut eigener Aussage aufgrund des hohen Auftragsbestandes. Am 30. September 2024 habe dieser ein Volumen von 577 Millionen Euro erreicht. Somit sei dieser "in einem raueren Marktumfeld" noch solide. Insgesamt sei die Nachfrage auf dem deutschen Markt für Freizeitfahrzeuge hoch.