Die Bänder laufen langsam wieder an
Die Firma Niesmann + Bischoff schloss als erste die Produktion, Hymer, Hobby und Dethleffs folgten. Langsam nehmen die Wohnmobil-Produktionen seit ein paar Tagen bei allen Betrieben wieder Fahrt auf.
Langsam rollen die Bänder bei den deutschen Wohnmobilhersteller wieder. Bei Niesmann + Bischoff, Hobby, Hymer, Dethleffs und Knaus stand die Produktion einige Wochen still. Bei den anderen werden Wohnmobile und Wohnwagen werden trotz Krise weiterhin gebaut. promobil hat sich bei den deutschen Größen der Branche informiert.
Bürstner Knaus, Hymer, Pössl & Co.: Produktion zu Corona-Zeiten
Bei Bürstner galt ab dem 18.03.2020 Kurzarbeit. Der Grund: "Aufgrund der aktuell massiven Ausbreitung des Coronavirus in der Ortenau und besonders in den benachbarten Regionen auf der französischen Seite, sind viele unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, von behördlich vorgegebenen Einschränkungen betroffen." Der Produktionsstandort liegt an der deutsch-französischen-Grenze.14.04.2020 ging es an allen Standorten weiter. In Kehl und Wissembourg wurden während der Pause alle umfangreichen Vorkehrungen getroffen, damit die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen höhere Sicherheitsmaßnahmen in Puncto Hygiene genießen können. Sogar die Möbelherstellung im elsässischen Wissembourg konnte die Produktion wieder aufnehmen, obwohl in Frankreich noch strengere Ausgangssperren gelten. Besonders erfreulich: "Trotz der langen Wartezeit an der Grenze waren fast alle Kolleginnen und Kollegen aus dem Produktionsbereich am ersten Produktionstag nach Ostern pünktlich um 6 Uhr da", berichtet Iskender Coskun, Werksleiter des Kehler Fertigungsstandortes.
Der Hersteller von Luxuswohmobilen Niesmann + Bischoff hat sich entschlossen, die Produktion in Polch zum 23.03.2020 zu schließen. Zu diesem Zeipunkt sollten bis zum 5. April keine Wohnmobile mehr vom Band laufen – laut Unternehmen sollte das für die Kunden eine Lieferverzögerung von mindestens zwei Wochen dauern. Am 20.04.200 sollte die Produktion lautFacebook-Post vom 6. April wieder starten.
Eine weitere Marke aus dem Hymer-Konzern, Dethleffs, schloss am 25.03.2020 ebenfalls die Produktionsbänder am Standort Isny. Am 14.04.2020 öffnete der Hersteller wieder. In der Zwischenzeit hat die Marke alle erforderliche Hygienemaßnahmen umgesetzt. Das betrifft alle Abteilungen und die Fertigungshallen selbst. Außerdem bekamen sämtliche Mitarbeiter eine Schulung zu den neuen Maßnahmen. Dethleffs hat für den internen Gebrauch außerdem ein zangenartiges Multifunktionstool zur Kontaktvermeidung entworfen, das jeder Mitarbeiter zum Bedienen von Griffen, Wasserhähnen oder Knöpfen nutzen kann.
Die Schwesternmarken Carado und Sunlight produzieren beide im Capron-Werk in Neustadt/Sachsen. Nach Aussage des Marketing-Chefs Frank Kramers läuft hier bislang alles wie gehabt weiter – unter verschäften Sicherheitsmaßnahmen. Alle Veranstaltungen und Dienstreisen sind bis auf weiteres abgesagt. Gleichzeitig versucht Capron allen Verpflichtungen gegenüber Kunden, Lieferanten und Partnern nachzukommen. Die Versorgungslage mit Material sei noch gut. Kramers Worten zufolge kann sich die Situation allerdings jederzeit ändern: "Um uns weiterhin möglichst sicher aufzustellen und der Verantwortung gegenüber unseren Mitarbeiter/innen und Kunden gerecht zu werden sowie wirtschaftlichen Schaden vom Unternehmen abzuwenden, werden permanent weitere Präventivmaßnahmen geprüft."
Hersteller Hobby in Norddeutschland hat sein Werk in Fockbek zum 23.03.2020 komplett geschlossen, um die 1000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schützen. Nach vierwöchigem "Shutdown" nimmt das Hobby-Wohnwagenwerk sukzessive die Fertigung auf. Am 20. April gingen erste Bereiche unter strengen Hygienevorschriften wieder in Betrieb. Seitdem mussten sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an zahlreiche Schutzvorrichtungen gewöhnen, dazu gehören neu eingerichtete Laufwege und nach Bereichen aufgeteilte Pausenzeiten. Wo Abstände nicht eingehalten werden können, muss die Belegschaft Gesichtsmasken tragen. "Gesichtsmasken müssen beispielsweise in den Waschräumen und auf den Fluren, vor der Stempeluhr und vor allem in engen Arbeitsbereichen getragen werden. Die Verhaltensregeln sind überall im Unternehmen sichtbar ausgehängt und wir werden sehr darauf achten, dass sich alle Mitarbeiter an die Vorgaben halten. Bezüglich unserer Maßnahmen haben wir uns mit dem Gesundheitsamt abgestimmt und die staatliche Arbeitsschutzbehörde war bereits bei uns im Werk", sagt Christian Pahl, Verantwortlicher für das Ressort Arbeitssicherheit.
Bei Hymer wurdem zum 26.03.2020 die Fließbänder in Bad Waldsee stillgelegt. Schon zuvor galt eine eingeschränkte Produktion. Der Produktionsstopp sollte zunächst drei Wochen lang dauern. Am 20.04. gab es ein erstes Pressestatement, dass der Betrieb langsam wieder ans Laufen gehen soll: "Nachdem auch die Signale unserer Lieferanten positiv waren, haben wir uns dazu entschlossen, die Kurzarbeit zunächst aufzuheben und die Produktion mit dem heutigen Montag wiederaufzunehmen." Für die Angestellten gelten besondere Gesundheitsmaßnahmen, beispielsweise Schichtmodelle, Stoffmasken und entzerrte Prouduktionsflächen, sodass direkter Kontakt auf ein Minimum beschränkt ist. Hinzukommen wie bereits vorher geltende flexible Arbeitsmodelle und Home-Office-Lösungen in den Bereichen, wo das möglich ist. Hymer blickt optimistisch in die Zukunft: "Unser Ziel ist es, in den kommenden Wochen schrittweise zur gewohnten Normalität zurückfinden. Obwohl wir die weiterhin dynamische Situation selbstverständlich im Blick behalten und wo nötig flexibel agieren, sehen wir für Hymer zuversichtlich auf die kommenden Monate."
Bei Knaus herrschte ab 1.04.2020 Betriebsruhe. Diese war zunächst auf zwei Wochen geplant. Am 4.05.2020 wurde sie nach viereinhalb Wochen wieder aufgehoben. Mitarbeiter sollten in dieser Zeit Urlaub nehmen und waren dazu angehalten, während der Osterfeiertage Überstunden abzubauen. Geschäftsführer Gerd Adamietzki zur Wiederaufnahme des Betriebs: "Dies ist ein erfreulicher Schritt in Richtung Normalität, der nur möglich war, weil wichtige Zulieferer der Region ebenfalls ihre Fertigung wieder aufnehmen konnten und wir vorbereitend für den Schutz der Gesundheit unserer Mitarbeiter*innen gesorgt haben." Laut Pressesprecher Stefan Diehl wappnet sich Knaus gegen das Virus mit verschiedenen Mitteln: "Zu diesen Maßnahmen zählen neben der Installation von Desinfektionsstationen in unserem Haus, verstärkte Hygiene-Richtlinien und klare Verhaltensweisen bei Symptomen der Erkrankung inklusive der Einrichtung einer Telefon-Hotline für unsere Mitarbeiter." Durch Dezentralisierung und Homeoffice soll sichergestellt sein, dass im Fall einer Quarantäne die Abteilung weiterhin voll einsatzfähig ist.
Bei Carthago wurde die Produktion zum 19. März 2020 deutlich zurückgefahren. Der Grund: Bei Carthago gab es einen bestätigten Corona-Fall. Die Gesundheitsbehörde riet daraufhin, einen Großteil der Mitarbeiter nach Hause zu schicken. Darüber hinaus schließen immer mehr Zulieferer ihre Produktion, was es Carthago zunehmend schwerer macht, weiter zu produzieren. Seit dem 20.04. steigerte Carthago die Fertigung wieder auf volle Kapazität. "Um unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bestmöglich vor Infektionen zu schützen, haben wir die Produktion und damit die Arbeitsplätze deutlich entzerrt", so Anton Fetscher, Geschäftsführer Technik bei der Carthago Reisemobilbau GmbH. Die Fertigungsstraßen wurden entzerrt, sodass mehr Platz entsteht zwischen den einzelnen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Wo das nicht möglich ist, sorgen zusätzliche Trennwände für den notwendigen Abstand.
Beim Campingbus-Hersteller Pössl bietet sich ein ähnliches Bild. Die Produktion läuft weiter nach aktuellen Angaben von Vertriebsleiter und Pressesprecher Robert Hein. Allerdings sind durch Produktionsschließungen bei Lieferanten die Lieferketten in Gefahr und das Unternehmen rechnet mit Lieferverzögerungen. Um die Kontaktkette zu unterbrechen, wurden alle Handelsbetriebe mit Publikumsverkehr geschlossen und die Verwaltungseinheiten sind mit maximal einer Person pro Büro besetzt. Der Großteil der Mitarbeiter arbeitet auch hier aus dem Home-Office. "Es gilt, die Lage täglich neu zu bewerten", sagt Robert Hein. Ein ausführliches Interview mit dem Geschäftsführer Markus Wahl gibt's auf Youtube:
Ausbauer Reimo hat aufgrund der Corona-Krise auf einen Zwei-Schichten-Betrieb umgestellt, um die Mitarbeiterdichte zu entzerren. Die Produktion läuft aber wie gewohnt weiter, da der Hersteller noch viele Aufträge hat und bereits vor der Pandemie viele Fahrzeuge vor Ort auf Lager waren. Bis auf wenige Ausbauvarianten, die auf Teile aus Italien angewiesen sind, läuft die Produktion des Ausbauers (Stand 26.03.2020) weiter.
Auch bei Zulieferer Truma wurde die Produktion wieder aufgenommen. Mit ärztlicher Beratung hat das Unternehmen ein umfangreiches Paket an Maßnahmen und Hygienevorschriften umgesetzt. "Dies ermöglicht uns, alle Vorgaben des Robert Koch Institutseinzuhalten und unsere Belegschaft bestmöglich zu schützen," sagt Unternehmenschef Alexander Wottrich.
Bei Trigano in Frankreich wurde die Produktion in Tournon sur Rhône am 17. März niedergelegt. Seit dem 4. Mai wird die Fertigung schrittweise wiederaufgenommen. Die Firma produziert die Campingbusse und Wohnmobile der Marken Chausson und Challenger, sowie die Caravans der Marken Streckeman und Caravelair.
Adria hat sein Werk am 18.3.2020 geschlossen. Seit dem 07.04.2020 wurde die Produktion langsam wieder hochgefahren
Was bedeutet Corona für die Wohnmobil-Branche?
Der Caravaning Industrie-Verband Deutschland (CIVD) rechnet nicht mit Umsatzeinbrüchen bei Wohnmobilen. Käufer von Freizeitfahrzeugen erfüllten sich mit dem Kauf einen jahrelangen Traum und schieben diesen höchstwahrscheinlich nur auf. Außerdem prognostiziert der Verband, dass Wohnmobil-Reisen besser aus dieser Krise hervorgeht als Urlaube mit Massenverkehrsmitteln.