Wohnmobil-Tour an der Ostsee
Ehrwürdige Bauten künden noch heute vom Stolz der Hanse, die im
Mittelalter als Wirtschaftsmacht vor allem im Ostseeraum wirkte.
Rund 40 Städte locken nun mit ihrem großen Kulturerbe Urlauber an –
promobil zeigt alle Ziele für eine Reisemobiltour entlang
der Europäischen Route der Backsteingotik.
Auf dem Stellplatz am Fischereihafen von Travemünde, Seebadeort und Stadtteil von Lübeck, riecht es nach Meer, Schiffsdiesel und ein wenig nach geräuchertem Aal. Der Platz ist recht einfach und eng, liegt aber genial nur wenige Meter von der Kaimauer entfernt. Wir spazieren an kleinen Kuttern entlang, direkt von Bord wird frisches Meeresgetier verkauft, nebenan qualmen Räucheröfen. Eine turmhohe Autofähre vom benachbarten Skandinavienkai schiebt sich langsam die schmale Trave hinunter in Richtung Ostsee. Möwen kreischen, es weht eine frische Brise.
Nach wenigen Minuten ist der Anleger der MS Hanse erreicht. Das weiße Panoramaschiff mit weitem Oberdeck, großen Fenstern und Platz für bis zu 300 Passagiere bietet die wohl schönste Annäherung an ein Highlight auf der Route der Backsteingotik: die Altstadt von Lübeck. Nach rund 90 Minuten gemütlicher Fahrt den Fluss hinauf ist das Zentrum der Kaufmannsstadt erreicht, das Schiff macht gegenüber vom Europäischen Hansemusem fest. Lübeck zählt zu den wichtigsten der rund 40 Orte und Städte an und nahe der Ostseeküste, die sich zum Verein „Europäische Route der Backsteingotik e.V.“ zusammengeschlossen haben. Mit Hunderten ehrwürdiger Backsteinbauten wie Kirchen, Rathäuser, Stadttore und -befestigungen, Bürgerhäuser und Kontore künden sie von Stolz und wirtschaftlicher Macht der Hanse, die 1267 als Zusammenschluss niederdeutscher Kaufleute gegründet wurde, gegenseitigen Schutz zu Lande und zu Wasser bot und wirtschaftliche Interessen wahrte. Daraus entwickelte sich eine Gemeinschaft, der zur Glanzzeit rund 200 Hafen- und Binnenstädte angehörten, mit Schwerpunkten an der Nord- und Ostseeküste, aber auch Niederlassungen in Novgorod, Lissabon und Venedig.
Mit dem Wohnmobil auf den Spuren der alten Hanse
Lübeck gilt als Königin der Hanse – und hat auf der dicht bebauten, von der Trave umflossenen Altstadtinsel entsprechend viele Meisterstücke der Backsteingotik zu bieten. St. Marien zum Beispiel, die drittgrößte Kirche der Republik, mit der sich reiche Hansekaufleute einst ein Denkmal gesetzt haben. St. Petri mit ihrem unverwechselbaren Turm, die im Lauf der Jahrhunderte zu einer imposanten fünfschiffigen Hallenkirche ausgebaut wurde. Das mächtige Holstentor am Eingang der Altstadt oder das Rathaus, „steinernes Märchen“ mit opulenter Fassade und pompösen Hallen. „Ein Ort, an dem Denkmale verfallen, ist wie ein Mensch, der sein Gedächtnis verliert“, heißt es im Sprichwort – Lübeck mit seiner zum Unesco-Welterbe zählenden Altstadt verfügt demnach über ein exzellentes Gedächtnis.
Einige der rund 40 Städte (plus die Insel Rügen), die zum Verein Europäische Route der Backsteingotik zählen, liegen im benachbarten Dänemark, Polen oder hierzulande ein Stück weit von der Küste entfernt. Sie alle zu erkunden kann Wochen dauern – wir haben uns während dieser Mobiltour auf einige Highlights rings um die heimischen Ostseegestade beschränkt.
Backsteingothik-Tour durch die deutsche Ostsee-Region
Angefangen im Norden, in Flensburg, der alten Seehandelsstadt, die 400 Jahre unter dänischer Krone lebte und wo es neben vier großen Kirchen im Stil der Backsteingotik auch noch zwei (von früher 200!) Rum-Manufakturen gibt. Nachmittags erreichen wir dann Schleswig an der Schlei und finden noch Unterschlupf auf dem schönen Stellplatz am Stadthafen (oft ausgebucht) mit seinen guten Sanitäranlagen, direktem Blick auf die Yachten und einem netten Fischrestaurant gleich nebenan. In wenigen Minuten ist von dort der mächtige St.-Petri-Dom erreicht, eines der wichtigsten Bauwerke norddeutscher Kirchengeschichte mit hochgotischem Hallenchor – vor dem berühmten dreiflügeligen Brüggemann-Altar steht man nur in Ehrfurcht und staunt.
Wismar heißt dann die nächste Station nach unserem Besuch in Lübeck, das gotische Viertel rund um den Marktplatz und mächtige Backsteinkirchen prägen diese Hansestadt von Format. Am nächsten Tag lockt ein weiteres Highlight auf der Route der Backsteingotik: Schwerin, als Kapitale Mecklenburg-Vorpommerns die kleinste Landeshauptstadt Deutschlands, zieht uns in seinen Bann. Als Basis zur Erkundung der City wählen autark Reisende gerne den Stellplatz Jägerweg, der zwar keine Versorgungseinrichtungen, dafür aber einen netten Bäcker um die Ecke hat und zudem kurze Wege zum Schweriner Schloss und zum Dom – zwei Adressen vom Feinsten.
Der dreischiffige Dom, errichtet zwischen dem 13. und 15. Jahrhundert, prägt die Silhouette der Stadt und zählt zu Norddeutschlands berühmten Kirchen der Hochgotik; seine Orgel ist weithin berühmt. Noch spektakulärer ist das mächtige Schloss, ein wahrer Märchenpalast mit goldener Kuppel, 1001 Türmchen, Erkern und Balustraden, das neben Museum und dem großen Park samt „ schwimmendem Garten 2.0“ auch ein charmantes Café in der Orangerie bietet – wo einst exotische Pflanzen überwintert haben, sitzen wir nun feudal zu gutem Kaffee und Kuchen.
Stralsund heißt dann das östliche Ziel dieser Tour. „Dat ken Kramer is, de blief da buten, oder ik schlag em up de Schnuten“, heißt eine Inschrift in der Backsteinkirche St. Nikolai von 1276, wo Hansekaufleute ihr eigenes Gestühl und eindeutig das Sagen hatten. Die Hafenstadt am Strelasund gilt als Norddeutschlands Backsteinkönigin, ein Bummel durch die Altstadt (zählt wie die von Lübeck und Wismar zum Unesco-Welterbe) ist wie der Spaziergang durch ein großes Museum mit steinreichem Ensemble gotischer Bauten.
Und es gibt noch so viele weitere Ziele auf dieser Route, die einen Abstecher lohnen. Die Insel Rügen etwa zum Besuch der Marienkirche in Bergen, der mächtigen Kreidefelsen und zum Räucherfischessen im Fischerdorf Vitt. Greifswald mit seinen Giebelhäusern oder Wolgast und Anklam. Also: auf ein Neues bei der nächsten Tour!