Windmühlen, Naturparks & Hansestädte
Mit Fahrrad, Bahn und Reisemobil von Groningen nach Lüneburg: eine bestens kombinierbare Tour an der frischen Friesenluft bietet viel Abwechslung & Natur.
Groningens Zentrum ist von unserem Stellplatz aus nur einen Katzensprung entfernt. So radeln wir durch den von Kanälen umschlossenen autofreien Kern der alten Hansestadt und steuern auf die Martinikerk zu. Am "Groten Markt" herrscht reger Radverkehr. Daneben befindet sich der Vismarkt, gesäumt von gut erhaltenen alten Stadthäusern und der historischen Kornbörse (Korenbeurs) mit der dahinterliegenden Aa-Kirche. Moderne Architektur repräsentiert das erweiterte Ensemble des Groninger Museums auf einer Insel im Verbindingskanaal beim zentralen Bahnhof.
Am Vismarkt versorgen wir uns mit Kibbelingen und Matjes und radeln weiter zum Eemskanal, wo ein Radschild mit der Bezeichnung Lf 9b (Breda–Bad Nieuweschanz; NAP-Route) den Weg weist. Vorbildlich beschildert führt die Strecke uns über asphaltierte Nebenstraßen aus der Großstadt heraus ins flache westfriesische Grünland. Wir durchkurven schmucke Weiler, kreuzen Kanäle und erfreuen uns an der weiten Weide- und Wiesenlandschaft mit Windmühlen am Horizont.
Entspannt kommen wir am Nachmittag in Winschoten an, bekannt für seine drei Stadtwindmühlen und sein farbenprächtiges Rosarium. Nach gemütlicher Besichtigung bringt uns der Zug wieder zurück nach Groningen. Gegen Abend setzen wir dann noch unser Mobil nach Blijham − nahe Winschoten − um, wo wir auf dem gut ausgestatteten Stellplatz die Nacht verbringen.
Auf dem Rad durchs Emsland
Neuer Tag, neues Glück. Wir lenken unsere Räder entlang des Lf 9b, Richtung Bad Nieuweschanz, dem letzten niederländischen Ort vor der Grenze. Vom Europaweg zweigt ein Pfad über eine kleine Hubbrücke ab. Dahinter beginnt das Emsland. Unveränderte Landschaft, aber die Häuser in den Dörfern präsentieren sich anders, was gleich schon in Bunde auffällt. Kurzer Aufenthalt an einer Eisdiele, und weiter geht’s entlang der Bahnlinie nach Weener. Ein nettes Städtchen mit einem beschaulichen Hafen an der Ems, wo sich auch unser nächster Reisemobilstellplatz befindet.
Die längste Eisenbahnklappbrücke Deutschlands, die Friesenbrücke, die auch über einen Radweg verfügt, wurde am 3. Dezember 2015 von einem Frachter gerammt und beschädigt. Seither ist die Zugverbindung zwischen Leer und Winschoten unterbrochen. Wir nehmen deshalb den Zug von Weener aus, um unser Wohnmobil zu holen.
Am dritten Tag bewegen wir zuerst unser Fahrzeug nach Leer – das morgendliche Umsetzen des Campers hat den Vorteil, dass man in der Saison fast immer einen freien Platz bekommt. Die reizvolle ostfriesische Stadt an der Leda hat eine entzückende Flussansicht am Museumshafen mit der Altstadt, dem Rathausturm und der alten Klappbrücke. Dort genießen wir noch in einer behaglichen Teestube einen echten Ostfriesen mit Kluntjes, bevor wir losstrampeln. Etappenziel ist Bad Zwischenahn.
Nach wenigen Pedalumdrehungen überqueren wir die Leda auf einem schmalen Steg neben den Gleisen einer alten Eisenbahnbrücke und stoßen südlich von Ihrhove wieder auf die alte Routenführung. Nun beginnt ein Zickzackkurs durchs Fehngebiet.
Fehne sind Kanäle, die einst für den Torftransport gegraben worden sind. Enge Schleusen und Klappbrücken, Windmühlen und Backsteinkirchen mit dicken Türmen prägen diese einzigartige Marsch- und Moorlandschaft. Das alte Kanalwärterhaus in Elisabethfehn beherbergt ein schnuckeliges Moor- und Fehnmuseum. Hier wird anschaulich erklärt, wie Hochmoore entstanden sind und wie der Mensch die Fehnlandschaft geprägt hat.
Die "Perle des Ammerlandes" erreichen wir spätnachmittags. Bad Zwischenahn liegt malerisch an Niedersachsens drittgrößtem Binnensee, dem Zwischenahner Meer. Zu den Highlights des Kurbads zählen die 43 verschiedenen Themengärten im "Park der Gärten" am See. Im nahen Kurpark dreht die alte Kappenwindmühle munter ihre Flügel, und das Freilichtmuseum "Ammerländer Bauernhaus" stellt mit seinen 17 historischen Häusern und Nebengebäuden die bäuerliche Lebenskultur in der Zeit um 1700 vor. Jetzt aber geschwind zum Bahnhof und zurück nach Leer.
Fix machen wir am neuen Tag unser Reisemobil startklar und fahren nach Bad Zwischenahn. Keine Stunde später sitzen wir wieder in den Sätteln. Parallel zur Bahn geht’s nach Oldenburg. Im Mittelalter gegründet, erlebte die Stadt eine wechselvolle Geschichte, kam mal unter dänische Verwaltung, wurde später Herzogtum und war drei Jahre lang unter Napoleons Herrschaft.
Fotogene Städte & Naturschutzgebiete
Heute ist Oldenburg eine Universitätsstadt mit einem prunkvollen Stadtschloss im Renaissancestil. Am Hafen überqueren wir auf klapprigen Gitterrosten einer Stahlbrücke den Fluss Hunte und gelangen über Wüsting nach Hude, wo einst ein Kloster des Zisterzienserordens stand. An der Ruine kann man dessen enorme Ausmaße noch erahnen. Auf dem nachfolgenden Abschnitt nach Bremen folgen wir den Radwegweisern Richtung Delmenhorst – Bremen taucht erst sehr spät auf den Schildern auf. Endlich haben wir die Hansestadt vor uns. Noch eine knappe Stunde durchs Stadtgebiet geradelt samt Fotostopps am Welterbe-Rathaus, dem Roland und dem St.-Petri-Dom, dann treten wir die Bahnrückreise nach Bad Zwischenahn an.
Mit dem Reisemobil geht es frühmorgens zunächst nach Bremen. Unsere fünfte Radetappe führt uns in die "Borgfelder Wümmewiesen" und die "Fischerhuder Wümmeniederung" – beides Naturschutzgebiete, denen Rückbaumaßnahmen zugutekamen. Deiche wurden verlegt, der Grundwasserspiegel angehoben und landwirtschaftlich genutzte Flächen zu Brach- und Grünland umgewidmet. Der so neu entstandene Röhricht- und Auenwaldbereich hat sich zu einem Vogelschutzgebiet entwickelt, in dem Zugvögel rasten und überwintern.
Wir passieren den malerischen Ort Fischerhude und bleiben nahe der Wümme, bevor wir mittags in Scheeßel einrollen. Heutiges Pensum geschafft. Zurück in Bremen verbringen wir einen netten Abend im urigen Schnoorviertel.
Anderntags starten wir vom Campingplatz Lauenbrück bei Scheeßel durch die "Obere Wümmeniederung". Unsere Velos durchstreifen Wiesen, Mischwälder und abgeerntete Felder. Hinter Undeloh steigt die Strecke allmählich an. Unterdessen nähern wir uns der typischen Heide. Hier ist radlerisches Geschick gefragt, denn der Weg besteht aus Feldsteinen und ist nur leidlich am Rand auf einer schmalen Sandspur befahrbar.
Die höchste Erhebung weit und breit: Der 169 Meter hohe Wilseder Berg
Offene Pferdekutschen holpern an uns vorbei und karren Touristen über breite Sandpisten nach Wilsede, einem idyllischen Dorf im Naturschutzgebiet "Lüneburger Heide". Von hier aus führt ein beschilderter Weg zum Wilseder Berg, der mit 169 Metern höchsten Erhebung weit und breit. Für die beschwerliche Auffahrt werden wir mit einem fantastischen Panorama belohnt: blühendes Heidekraut mit Wacholderbüschen und Birken ringsherum – wie im Bilderbuch. Wieder unten in Wilsede, strampeln wir noch sandig bis Döhle, danach ist die Radroute überwiegend asphaltiert.
Unsere Strecke windet sich einmal mehr durch Kuhweiden, Höfe, Felder und dichte Laubwälder. Dann liegt die alte Hanse- und Salzstadt Lüneburg vor uns. Hier verbringen wir auf dem zentralen Stellplatz "Sülzwiesen" die Nacht.
Der Aufstieg Lüneburgs begann im Mittelalter, als man mit der Salzgewinnung begann, wodurch die Stadt unermesslich reich wurde. Prächtige Patrizierhäuser mit kunstvoll verzierten Giebeln und Bürgerhäuser in norddeutscher Backsteingotik zeugen von jener Zeit. Der Markt und der Bereich am "Alten Kran" sind stilvoll umgeben von diesen eindruckvollen Bauten.
Neuer Tag. Wir machen unsere Räder reisefertig, statten zunächst dem altehrwürdigen "Kloster Lüne" einen Besuch ab und kommen zum Schiffshebewerk Scharnebeck am Elbe-Seitenkanal. Es galt bei der Eröffnung 1974 als größtes Hebewerk der Welt. Zwei unabhängig voneinander arbeitende Tröge mit jeweils 12.000 Tonnen Gewicht werden von 240 Stahlseilen hinauf und herunter bewegt und überwinden dabei mit den Schiffen 38 Meter Höhenunterschied.
Der Kanal begleitet uns nun ein Stück durch das ausgedehnte Marschgebiet bis zur Elbe bei Hohnstorf, wo eine alte, lange Kastenbrücke aus Stahlfachwerk den Strom überspannt und uns nach Lauenburg bringt. Die Elbe macht an dieser Stelle einen Bogen und hat hinter dem Abzweig des Elbe-Lübeck-Kanals einen 68 Meter hohen Geestrücken ausgebildet. Unten am Fluss, am Hang des Steilufers, liegt die hübsche Altstadt Lauenburgs mit zahlreichen Gasthäusern, Cafés und Hotels. Viele Radwanderer machen hier Station, denn der beliebte Elberadweg führt durch den Ort.
Bevor wir mit der Bahn nach Lüneburg zurückkehren, genießen wir noch den Blick über die Elbe von der Terrasse eines Cafés und lassen die Reisemobil-Rad-Reise Revue passieren: eine schöne Tour in einzigartiger Natur mit außergewöhnlichen Highlights.
Mit Rad und Wohnmobil von Holland in die Heide: Infos zur Streckenplanung
Die Kombination von Reisemobil- und Fahrradtour ist beim Holland-Heide-Radweg gut zu realisieren, da es fast immer parallel zu den einzelnen Etappen eine direkte Zugverbindung für die Rückfahrt zum Ausgangsort gibt. Der Holland-Heide-Radweg kombiniert vorhandene Radfernwege wie den Lf 9b (Lf = Landelijke Fietsroutes; landesweite Fahrradrouten) in den Niederlanden, den Geest-Heide-Radweg und den Wümme-Radweg. Die zumeist asphaltierten Wege sind selten verkehrsreich. Es gibt auch sandige Abschnitte im Naturpark Lüneburger Heide. Verzichtet man auf den Aufstieg zum Wilseder Berg, so ist die Radreise durchaus familientauglich. Die Anforderungen an das Rad sind gering.
Beispiele für die Etappenplanung mit dem Fahrrad
- Von Groningen nach Winschoten: 60 km
- Von Blijham nach Weener: 40 km
- Von Leer nach Bad Zwischenahr: 56 km
- Von Bad Zwischenahr nach Bremen: 73 km
- Von Bremen nach Scheeßel: 64 km
- Von Lauenbrück nach Lüneburg: 87 km
- Von Lüneburg nach Lauenburg: 24 km
Stellplatz-Tipps für den Holland-Heide-Radweg