So fährt das Supercar mit V10-Saugmotor und 612 PS
Porsche hat mit dem Carrera GT 2003 einen V10 mit Le-Mans-Genen auf die Straße gebracht. Wie fährt sich das Supercar mit Saugmotor und Schaltgetriebe auf einer nassen Landstraße?
Respekt. Wer vor dem Porsche Carrera GT steht, und nicht nur einsteigen, sondern fahren darf, empfindet Respekt. Vor dem Wert des Autos, denn in gutem Zustand sind 1,5 bis 2 Millionen Euro fällig. Vor der Leistung, denn der V10-Mittelmotor leistet bei 8.000 Touren 612 PS. Vor dem Anfahren. Denn die Keramikkupplung ist extrem kompakt und der Motor hat eine geringe Schwungmasse. Das führt dazu, dass der Fahrer schnell dasteht wie ein Depp. Oder?
Carrera GT war 2003 schnellstes Auto im Supertest
Im Supertest von sport auto war ein Carrera GT 2003 "der bisher schnellste, je gemessene Straßensportler", schrieb Horst von Saurma. Selbst der Supertest-Pilot empfand die Kupplung als gewöhnungsbedürftig.
Kupplung mit 169 mm Durchmesser
Die Kupplung gilt als speziell, weil die Scheiben aus Keramik bestehen. Sie ist deshalb erheblich leichter und um ein Drittel kleiner als eine gewöhnliche Kupplung. Die Kupplung mit 169 Millimeter Durchmesser macht es möglich, dass der V10-Mittelmotor tief im Kohlefaser-Chassis sitzt, was den Schwerpunkt senkt und die Straßenlage verbessert.
Von Saurmas Nordschleifen-Zeit von 7.32 Minuten – auf teils feuchter Strecke und bei kühler Witterung Mitte Oktober – hat Porsche-Entwicklungsfahrer Jörg Bergmeister Ende 2024 um 20 Sekunden unterboten.
Hauptgrund für die schnellere Zeit: Neu entwickelte Michelin Pilot Sport Cup 2 mit der Porsche-Kennung N0 bieten mehr Grip. Das verbessert die Fahrstabilität vor allem in den schnellen Passagen.
In 3,9 s auf 100 km/h
Das mit dem Anfahren ist übrigens ganz einfach: Kupplung kommen lassen, Fuß vom Gas, die Elektronik regelt die Drehzahl ganz allein. Kein Krawall, keine Blamage, kein Schaden am teuren Material. Wer es drauf anlegt und beherrscht, könnte in 3,9 Sekunden von null auf 100 km/h beschleunigen und wäre nach zehn Sekunden mit 200 km/h unterwegs.
Bei 330 km/h erreicht der Carrera GT seine Höchstgeschwindigkeit. Damit gehört der Mittelmotor-Sportwagen 23 Jahre nach Produktionsbeginn immer noch zu den schnellsten Autos auf der Straße.
So fährt der Carrera GT auf der Landstraße
Das Fahren mit dem Carrera GT macht auch dann Spaß, wenn man gerade nicht auf der Nordschleife unterwegs ist, sondern bei Regen auf einer schwäbischen Landstraße. Die Karosserie ist zur Seite und nach hinten unübersichtlich, aber nicht ausladend. Mit ein wenig Gewöhnung lässt sich das Auto auch auf schmalen Straßen präzise platzieren.
Eines der letzten analogen Supercars
Das Lenkrad ist rund, hat keine Schalter und aus der Mittelkonsole ragt ein Holzknauf: Der Carrera GT ist eines der letzten analogen Supercars. Einzig eine abschaltbare Traktionskontrolle hält die Kräfte im Zaum.
Die Gänge muss der Fahrer selbst wechseln. Zum Glück, denn ein besseres Getriebe könnte man sich kaum wünschen: präzise geführt und mit dem perfekten Maß an Schwergängigkeit ausgestattet. Die Anschlüsse des kurz gestuften Getriebes passen auch deshalb perfekt, weil der V10 praktisch immer genügend Kraft hat, den 1.280 Kilogramm leichten Carrera GT eindrucksvoll zu beschleunigen. Das Drehzahlband des Saugmotors ist breit, die Leistung entwickelt sich wunderbar linear.
Detaillierte Darstellungen zu Technik, Design und Entwicklung des Porsche Carerra GT findest du im Bildband hier beim Motorbuch Versand.
Beeindruckend präzise: Fahrwerk und Lenkung
Kaum ein Auto reagiert so präzise und unmittelbar auf die Eingaben des Fahrers über Lenkrad oder Gaspedal. Die Feder-Dämpfer-Einheiten sind wie in einem Rennwagen liegend. Dabei bleibt genügend Komfort übrig. Schlecht gepflegte Landstraßen schluckt das Fahrwerk besser als manche tiefergelegte Kompaktwagen.
Die Präzision, mit der Lenkung und Fahrwerk arbeiten, hat mit normalen Straßenautos nichts zu tun. So ist es auch mit der Akustik: Die Mechanik mahlt und rasselt beim langsamen Fahren. Je höher die Drehzahl, desto deutlicher wird der Renncharakter des Motors hörbar. Richtung Nenndrehzahl schickt der Zehnzylinder Grüße von der Hunaudières in Le Mans. Denn dafür war der Motor gedacht. Aus dem Einsatz beim 24-Stunden-Rennen wurde jedoch nichts, also nahmen die Porsche-Entwickler den fertigen Motor, bauten ihn in ein Kohlefaser-Chassis und machten das Ganze straßentauglich. Natürlich war es in Wahrheit etwas komplizierter und von der Premiere der Studie während des Automobilsalons in Paris im Jahr 2000 bis zur Serienfertigung in Leipzig vergingen rund drei Jahre.
Heute ist ein Carrera GT 1,5 Mio. Euro wert
Porsche berechnete für den Carrera GT einen Neupreis von 452.690 Euro. Fast die Hälfte der 1.270 Exemplare ging an Kunden in Nordamerika. Heute werden bei Auktionen zwischen 1,5 und 2 Millionen Euro fällig.