Wie Sie sich richtig versichern

Die Auswahl an Versicherungen ist groß. Fast jedes Risiko lässt sich inzwischen finanziell absichern. Doch welche Policen sind wirklich wichtig?
Durchschnittlich hat jeder Deutsche laut Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) sechs Versicherungen abgeschlossen, die ihn jährlich im Mittel 1385 Euro kosten. Doch ist er damit auch gut versichert?
So staunen die Experten des Bundes der Versicherten (BdV) immer wieder, welche Policen sich in den Ordnern deutscher Familien finden. Da gebe es zuhauf »Geldfresser«, wie Glasbruch– oder Fahrradversicherungen, die viel kosten und wenig nützen würden. Andererseits verfügten zahlreiche Haushalte nicht einmal über so wichtige Versicherungen wie Berufsunfähigkeit oder Privathaftpflicht.
Welche Versicherungen sind wichtig?
Ob Kranken–, Hausrat–, Lebens–, Renten–, Glas–, Ausbildungs– oder Sterbegeldversicherung – das Angebot an Versicherungen in Deutschland ist groß. Aber welche Versicherungen sind wirklich nötig? Als Faustregel hierbei gilt, vorrangig die »Größten Anzunehmenden (existenzbedrohenden) Unfälle« abzudecken, wie Berufsunfähigkeit, Haftpflicht oder auch Tod. Der Verlust des Reisegepäcks oder eine zerbrochene Fensterscheibe wird die Besitzer kaum in den finanziellen Ruin treiben. Entsprechende Policen sind daher nachrangig bis unnötig.
Versicherungsbedarf regelmäßig prüfen
Darüber hinaus sollten Verbraucher bedenken, dass sich ihr Versicherungsbedarf je nach Lebenssituation ändern kann. So braucht beispielsweise ein Single andere Policen als ein Familienvater, für den eine Risiko–Lebensversicherung von großer Bedeutung ist. Andererseits braucht ein Rentner keine Berufsunfähigkeitsversicherung mehr, während sie für den Berufseinsteiger zwingend notwendig ist.
Ob Studenten, Singles, Paare und Familien oder Rentner – für wen welche Versicherung von Bedeutung ist, erfahren Sie auf den nächsten Seiten.
Die folgende Tabelle zeigt Ihnen, welche Versicherungen Sie in welchem Lebensabschnitt unbedingt benötigen. Dazu kommen noch die gesetzliche oder private Krankenversicherung, sowie etwaige Autohaftpflicht–, Auslandsreisekranken– oder Rentenversicherungen. (Zu letzterem siehe auch: So sorgen Sie für die Rente vor)
Wer sich in der Ausbildung befindet (und noch keine eigene Familie hat), ist in der Regel im Rahmen der privaten Haftpflicht– und Hausratversicherung über die Eltern mitversichert. Spätestens nach der Ausbildung sollte eine Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen werden.
Paare benötigen nur eine private Haftpflicht– und Hausratversicherung, über die im Normalfall beide versichert sind. Wichtig ist auch der Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung, welche zur Absicherung des Partners (und eventueller Kinder) mit einer Risikolebensversicherung kombiniert werden kann. Für Kinder wird schon in jungen Jahren eine Unfallversicherung benötigt.
Anders sieht es bei Rentnern aus. Sie haben ihr Berufsleben abgeschlossen und brauchen auch keine Hinterbliebenen mehr abzusichern. Weiterhin unverzichtbar bleibt jedoch die private Haftpflichtversicherung. Ebenfalls ratsam ist eine Unfallversicherung.
Rechtsschutz ist Kann–Police
Noch ein Wort zu den viel beworbenen Rechtsschutzversicherungen. Rechtsschutz ist nicht existenziell, daher handelt es sich hier um Kann–Policen. Am sinnvollsten ist dabei der Verkehrsrechtschutz, da es bei Streitigkeiten nach einem Autounfall schnell teuer werden kann. «Bei Personenschäden mit Behinderungen liegt der Streitwert schnell über der Millionenmarke», erklärt Thorsten Rudnik vom Bund der Versicherten. «Da erhöht sich das Prozesskostenrisiko auf 25.000 Euro und mehr».
Ein unvorsichtiger Schuppser auf der Treppe und schnell ist beispielsweise die teure Digitalkamera des Angerempelten kaputt oder der Besitzer gar unglücklich gestürzt und schlimmstenfalls berufsunfähig. Solche kleinen Unaufmerksamkeiten oder unglücklichen Umstände können jedem passieren – und sie können ziemlich teuer werden.
Unglücke können schnell teuer werden
Laut Gesetz haftet man für anderen zufügten Schaden unbegrenzt, unter Umständen ein Leben lang. Wer dieses unkalkulierbare Risiko nicht abgesichert hat, riskiert den finanziellen Ruin! Doch trotz dieses Risikos fehlt in fast einem Drittel aller Haushalte die unverzichtbare Privathaftpflichtversicherung. Zumal die Versicherung nicht nur bei berechtigten Schadensansprüchen einspringt. Bei unberechtigten Ansprüchen begleitet sie ihren Kunden vor Gericht und trägt die Prozesskosten.
Wichtig: Die Deckungssumme im Rahmen einer privaten Haftpflichtversicherung sollte pauschal für Personen– und Sachschäden mindestens drei Millionen Euro betragen. Allerdings zahlt die Versicherung nicht bei Schäden infolge von Gefälligkeit, also bei Umzugshilfe oder einem geliehenen und runter gefallenen DVD–Spieler. Gleiches gilt für vorsätzlich verübte Beschädigungen.
Haftpflicht für Sonderfälle
Zusätzlich gibt es Fälle, die über gesonderte Haftpflichtversicherungen abgesichert werden müssen. So brauchen Autohalter beispielsweise eine Kfz–Haftpflicht, Hunde– und einige andere Tierbesitzer benötigen eine Tierhaftpflicht und Bauherren eine Bauherrenhaftpflichtversicherung.
Etwa jeder dritte Arbeiter und jeder fünfte Angestellte wird vor dem Rentenalter berufs– oder erwerbsunfähig. Doch noch immer wird dieses Risiko von vielen unterschätzt. Dabei kann der Verlust der Arbeitskraft schmerzhafte finanzielle Folgen nach sich ziehen. Zumal Betroffene seit Januar 2001 aus der Rentenkasse keinen Cent mehr bekommen, solange sie noch in einem anderen Job arbeiten können.
Für den Fall, dass Sie Ihren aktuellen Beruf durch Krankheit oder Unfall auf Dauer nicht mehr ausüben können, sollten Sie mit einer Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) vorsorgen. (Beamte sollten zusätzlich die so genannte Dienstunfähigkeitsklausel vereinbaren.) Bei einer Berufsunfähigkeit bekommen Sie durch die Versicherung eine monatliche BU–Rente zusätzlich zu Sozialrenten oder anderen Versorgungsbezügen.
Rechtzeitig abschließen
Prinzipiell sollte Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen werden, solange die versicherte Person noch kerngesund ist, da schon kleine Leiden oder Vorerkrankungen später zur Ablehnung eines Antrages führen bzw. die Beiträge in die Höhe treiben können. Für den Fall der Fälle sollte die Versicherungs– und Rentenzahlungsdauer möglichst bis zum absehbaren Rentenbeginn vereinbart werden.
Wichtig: Beantworten Sie bei Antragstellung alle Fragen zur Gesundheit wahrheitsgemäß. Sonst kann der Versicherer noch nachträglich von seinen Pflichten zurücktreten und Sie stehen mit leeren Händen da. Achten Sie zudem auf »rückwirkende Leistung« und den Verzicht auf die »abstrakte Verweisung«. Sonst kann Sie die Versicherung auf einen anderen Beruf verweisen, welcher aufgrund Ihrer Ausbildung, Erfahrung und Lebensstellung mit dem bisherigen vergleichbar ist.
Unfallversicherung
Wer keine BU–Versicherung abschließen kann (wie Kinder oder Erwerbstätige mit Vorerkrankungen), sollte zumindest eine Unfallversicherung abschließen. So kann ein Verlust der Arbeitskraft zumindest teilweise abgesichert werden. Die Leistung erfolgt als Kapitalzahlung und/oder in Form einer Rente bei Unfallinvalidität.
Invaliditätsgrad entscheidet
Im Gegensatz zur Berufsunfähigkeitsversicherung wird jedoch keine vorher fest vereinbarte Leistung erbracht, sondern nur ein Prozentsatz der gewählten Invaliditätssumme ausgezahlt. Dieser richtet sich nach dem Grad der Invalidität (z.B. Auge = 50 Prozent Invalidität). Vereinbaren Sie daher für den Invaliditätsfall eine hohe Versicherungssumme. Als grobe Richtlinie gilt hierbei für den Ernährer einer Familie: Bei 30jährigen das sechsfache Bruttojahreseinkommen, bei 50jährigen das vierfache Bruttojahreseinkommen.
Bei einer Unfallversicherung können Sie im Allgemeinen zwischen zwei Auszahlungsformen wählen, je nachdem ob Unfallinvalidität oder Unfalltod. Wer jedoch Hinterbliebene zu versorgen hat, für den ist der Abschluss einer Risiko–L ebensversicherung sinnvoller.
Risiko–Lebensversicherung
Auch wenn es schwer fällt: Eine Familie sollte sich rechtzeitig fragen, wie es finanziell weitergeht, falls der Hauptverdiener plötzlich stirbt. Wie viel Geld muss da sein, um die Hinterbliebenen vor dem Ruin zu bewahren? Hier hilft eine Risiko–L ebensversicherung (RLV), die im Todesfall eine vertraglich vereinbarte Versicherungssumme zahlt.
Zur Hinterbliebenen– und Kreditabsicherung
Die Höhe der abzusichernden Summe ist abhängig von der jeweiligen familiären und finanziellen Situation. Dabei gilt, dass für jüngere Hinterbliebene (Kinder) ein höherer Kapitalbetrag erforderlich ist, als für Ältere. Neben der Absicherung für die Hinterbliebenen kann über eine RLV auch einer Absicherung von Krediten erfolgen. Das erfolgt in Form einer günstigeren Restsschuldversicherung, deren Versicherungssumme entsprechend der Tilgung oder um einen festen Beitrag abnimmt.
Alle drei bis fünf Jahre sollte die Risiko–Lebensversicherung überprüft und Ihren jeweiligen Lebensumständen angepasst werden. Müssen Sie Ihren Partner nicht mehr absichern, sind die Kinder aus dem Haus und selbiges abbezahlt, können Sie die Police auch kündigen. Denn: Je länger eine RLV läuft, desto teurer wird sie. Schließlich steigt mit der Laufzeit auch das Risiko, dass der Versicherungsnehmer stirbt.
Bei Antrag nichts verschweigen
Wichtig: Beantworten Sie bei Antragstellung alle Fragen zur Gesundheit wahrheitsgemäß. Bei arglistig verschwiegenen Vorerkrankungen hat der Versicherer noch innerhalb von zehn Jahren die Möglichkeit, den Vertrag anzufechten. Das passiert in der Regel erst, nachdem ein teurer Versicherungsfall eingetreten ist. Die Versicherungen sind nicht verpflichtet, Ihre Angaben bereits bei der Antragstellung zu überprüfen.
Hausratversicherung
Mit einer Hausratversicherung können Schäden durch Einbruch, Wohnungsbrand, Sturm, Hagel oder Leitungswasser abgedeckt werden. Doch ob man eine Hausratversicherung abschließt, ist Ermessensfrage. Gleiches gilt für die Höhe der Deckungssumme. Entscheidendes Kriterium hierbei ist die »Werthaltigkeit« Ihres Haushalts.
Wie viel ist ihr Haushalt wert?
So kann die versicherte Summe für eine spärlich eingerichtete »Studentenbude« deutlich geringer ausfallen, als für eine Wohnung mit vielen Wertgegenständen. Beachten Sie also, dass der Wert des Hausrats nicht die im Vertrag genannte Summe übersteigt, sonst sind Sie unterversichert. Nicht versichert sind übrigens durch Leichtsinn oder Unachtsamkeit entstandene Schäden oder auch der »einfache Diebstahl« (von der Wäscheleine oder aus dem Auto).
Wertsachen dokumentieren
Wichtig: Erstellen Sie rechtzeitig genaue Auflistungen oder Fotos ihres gesamten Hausrates, die Sie am Besten außerhalb der Wohnung aufbewahren. Gleiches gilt auch für Kaufbelege, die sie insbesondere für wertvolle Gegenstände aufbewahren sollten. Denn als Versicherungsnehmer sind Sie im Schadensfall beweispflichtig.
Wohngebäude–Versicherung
Schäden an einem Haus werden oft sehr teuer und bedrohen schnell die finanzielle Existenz des Eigentümers. Für Hausbesitzer ist daher eine Wohngebäudeversicherung ein absolutes Muss (und wird in der Regel schon bei der Finanzierung von den Geldinstituten verlangt). Mit ihr lässt sich das Haus gegen Schäden durch Feuer, Leitungswasser, Sturm und Hagel einzeln oder im Paket absichern.
Wichtig: Melden Sie wertsteigernde Ein–, An– oder Umbauten. Andernfalls ist Ihr Wohngebäude schnell unterversichert und Sie bekommen im Schadensfall eventuell nicht genug Geld für eine (Teil–) Reparatur oder einen Wiederaufbau.
Zusätzlich: Elementarschaden–Versicherung
Der Versicherungsschutz von Hausrat– und auch Wohngebäudeversicherung umfassen keine Schäden durch Hochwasser, Witterungsniederschläge oder einen durch diese Gefahren hervorgerufenen Rückstau. Insofern sind beispielsweise vollgelaufene Keller im Normalfall nicht versichert. Hier kann der Abschluss einer so genannte »Elementarschaden–Versicherung« helfen und ist vor allem für Hauseigentümer auch sinnvoll.
Diese Versicherungen brauchen Sie nicht
Viele Haushalte bezahlen für ihre Versicherungen zu viel Geld. Und das nicht nur, weil beispielsweise in der Hausratversicherung zu hohe Deckungssummen vereinbart wurden. Oftmals wurden auch Versicherungen abgeschlossen, die wenig bringen, aber viel kosten. Als solche »Geldfresser« bezeichnet der Bund der Versicherten beispielsweise folgende Policen:
Glasbruchversicherung
Eine kaputte Scheibe stürzt in der Regel niemanden in den finanziellen Ruin. Zudem sind die Beiträge im Verhältnis zur möglichen Schadenhöhe viel zu teuer. Ähnlich überflüssige Luxuspolicen sind auch Elektrogeräte– und Handyversicherung.
Fahrradversicherung
Auch hier sind die Beiträge verhältnismäßig hoch, gemessen am möglichen Schaden. Wird das Fahrrad aus einem verschlossenen Keller gestohlen, haftet im Allgemeinen auch die Hausratversicherung.
Insassenunfallversicherung
Werden Insassen in einem Kfz verletzt und Ansprüche gegen den Fahrer geltend gemacht, zahlt die Auto–Haftpflichtversicherung. Für die Familie und den Fahrer, der gegen sich selbst keine Ansprüche geltend machen kann, ist der Abschluss einer Unfallversicherung sinnvoller. Sie ist kaum teurer und gilt 24 Stunden am Tag weltweit, und das nicht nur bei Autounfällen.
Reisegepäckversicherung
Wertsachen wie Kameras, Schmuck oder Pelze sind oft nur begrenzt versichert. Zudem kann dem Geschädigten von den Versicherungen schnell vorgeworfen werden, bei Diebstahl oder Beraubung grob fahrlässig gehandelt zu haben. Übrigens zahlt bei Einbruch und Raub im Ausland auch die Hausratversicherung.
Krankenhaustagegeldversicherung
Wer bei langer Krankheit Einkommensverluste zu befürchten hat, kann die Lücke besser mit einer zusätzlichen Krankentagegeldversicherung absichern. Sie zahlt im Gegensatz zur Krankenhaustagegeldversicherung auch dann, wenn die Krankheit zu Hause auskuriert wird.
Mehr Geld von Staat und Chef
Versicherungen können schnell relativ viel Geld kosten. Da sollten Sie sich nicht die Geldgeschenke von Arbeitgeber und Vater Staat entgehen lassen. Zwischen 600 und 700 Euro zusätzlich sind drin. Wie, das lesen Sie hier!
Autor: Marvin Brendel