Nach Bayern-Ballyhoo um Nagelsmann: Hoffenheim legt Fehlstart hin

Nach Bayern-Ballyhoo um Nagelsmann: Hoffenheim legt Fehlstart hin
Sinsheim (SID) - Julian Nagelsmann blieb sekundenlang entgeistert auf seiner Bank sitzen. Dann suchte der ehrgeizige Trainer von 1899 Hoffenheim den direkten Weg in die Katakomben und ließ seine Mannschaft nach dem Fehlstart in die Europa League auf dem Rasen stehen. Belastet durch das Bayern-Ballyhoo, das er selbst durch ein Interview ausgelöst hatte, unterlag die TSG 1:2 (1:1) im Heimspiel gegen Sporting Braga aus Portugal - und steht in ihrer Debütsaison auf internationalem Parkett bereits gehörig unter Druck.
"Das war eine komplett unnötige Niederlage. Wir hätten Braga in den ersten 30 Minuten besiegen müssen. Wir könnten 3:0 in Führung liegen", sagte Nagelsmann: "Ich konnte das mit dem Interview völlig ausblenden, das war ein Thema für die Medien." Verteidiger Ermin Bicakcic erklärte: "Wir hatten uns das ganz anders vorgestellt. So wollten wir nicht in die Europa League starten. Das ist bitter."
Nationalstürmer Sandro Wagner (24.) brachte den Kraichgauer Fußball-Bundesligisten in Führung, doch Joao Carlos (45.+1) und Dyego Sousa (50.) drehten die Partie, in der Hoffenheim vor allem in der letzten Stunde nicht zum ersten Mal reichlich Lehrgeld auf internationalem Parkett zahlte: Für die TSG, die in den Play-offs zur Champions League am FC Liverpool gescheitert war, war es im dritten Europapokal-Auftritt der Vereinsgeschichte bereits die dritte Niederlage.
Die Tage vor der Partie wurden vom Rummel um Nagelsmann beherrscht. Der "Trainer des Jahres" hatte in einem Interview über seinen Traum vom Job bei Rekordmeister Bayern München gesprochen und damit für großes Aufsehen gesorgt. Der Coach sah sich deshalb schon am Mittwoch dazu genötigt, seine Aussagen zu relativieren und Bayern-Trainer Carlo Ancelotti per SMS zu kontaktieren.
"Leider hat das Interview extrem große Wellen geschlagen - auch im Hinblick auf meinen Kollegen Carlo Ancelotti, vor dem ich großen Respekt habe", äußerte Nagelsmann: "Das Interview hatte keinen aktuellen Bezug. Es ging um Visionen und Zukunftsplanungen meines Lebens. Es war keine Bewerbung." Als erstes Ziel für die Europa League hat der Coach das Überstehen der Gruppenphase ausgegeben.
Vor 15.714 Zuschauern in der kaum mehr als zur Hälfte besetzten Rhein-Neckar-Arena bestimmte der Bundesliga-Zweite, der am Sonntag in der Liga auf Hertha BSC trifft, zunächst das Spiel. Echte Torchancen konnten sich die Hoffenheimer trotz ihrer deutlichen Feldüberlegeneit aber nicht erarbeiten.
Erst in der 23. Minute wurde es gefährlich. Braga-Torwart Matheus lenkte einen Schuss des Tschechen Pavel Kaderabek an die Latte. Wenige Sekunden später war Wagner nach Vorarbeit von Kaderabek mit dem Kopf zur Stelle und erzielte aus kurzer Distanz das erste Europa-League-Tor der TSG.
In dieser Phase schien sich die Rotation Nagelsmanns auszuzahlen. Obwohl die Gastgeber ohne Serge Gnabry, Mark Uth und Adam Szalai auskommen mussten, hatte der Trainer seine Stammkräfte Benjamin Hübner, Steven Zuber und Nadiem Amiri auf die Bank gesetzt. Dafür liefen unter anderem die Neuzugänge Nico Schulz und Florian Grillitsch auf.
In der 37. Minute hätte Andrej Kramaric die Führung ausbauen müssen, der Kroate scheiterte aber kläglich an Matheus. Diese Nachlässigkeit wurde in der Nachspielzeit der ersten Hälfte durch das Gegentor bestraft, bei dem Joao Carlos unbedrängt einköpfte.
Nach dem Seitenwechsel wurde es vor allem in der Abwehr nicht besser. Die Gäste nutzten die Schwäche der TSG umgehend und gingen in Führung. Danach wirkten die Hoffenheimer endgültig verunsichert und hatten erst in der Schlussphase wieder nennenswerte Offensivszenen. In der 88. Minute scheiterte Hübner bei einem Versuch aus spitzem Winkel an der Latte.