Fragen und Antworten zu den Europaspielen in Minsk (zusammengestellt vom SID)

Fragen und Antworten zu den Europaspielen in Minsk (zusammengestellt vom SID)
Minsk (SID) - Was steht an?
Ursprünglich hatte die Niederlande den Zuschlag für die Ausrichtung erhalten, das deutsche Nachbarland machte 2015 noch vor Beginn der ersten Auflage aber einen Rückzieher. Das Event knüpft an die lange Tradition von Multisport-Veranstaltungen auf anderen Kontinenten an, wie die Asienspiele oder die Panamerikanischen Spiele.
Wer nimmt teil?
Alle 50 Nationalen Olympischen Komitees (NOK) in Europa haben ihre Teilnahme zugesagt. Insgesamt sind damit mehr als 4000 Athleten am Start - rund 2000 weniger als noch bei der Premiere in Baku. Auch das Team des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) ist mit 150 Sportlern (73 Frauen/77 Männer) deutlich kleiner als noch vor vier Jahren (265), was unter anderem auf das geringe Sportartenangebot zurückzuführen ist. Zu den prominentesten deutschen Startern gehören die Tischtennis-Asse Timo Boll und Dimitrij Ovtcharov. Fahnenträgerin bei der Eröffnungsfeier am Freitag ist Olympia-Silbermedaillengewinnerin Lisa Unruh (Bogen). Nicht vertreten ist Deutschland in den Sportarten Beachsoccer und Turnen.
Wie hoch ist der sportliche Wert?
Das ist pauschal nicht zu beantworten, die Bedeutung jeder Sportart ist unterschiedlich. In Minsk werden 15 Sportarten (13 davon olympisch) angeboten, in vier davon werden Qualifikationswettkämpfe für Tokio ausgefochten: Bogenschießen, Karate, Schießen mit Gewehr, Flinte und Pistole sowie Tischtennis. In der Leichtathletik, im Badminton, Radsport und Judo können Punkte für die Weltrangliste gesammelt werden, die jeweils für die Olympiaqualifikation herangezogen wird. Die Kanu-Rennsportler und Judoka ermitteln zudem ihre Europameister. Die wichtigsten olympischen Sportarten aber liegen brach: Schwimmen findet sich gar nicht im Kalender, die Leichtathletik- und Turn-Veranstaltungen weisen wenig bis gar kein internationales Topniveau auf.
Warum ist der Gastgeber Weißrussland umstritten?
Das seit 25 Jahren autoritär von Staatspräsident Alexander Lukaschenko geführte Regime gilt als letzte Diktatur Europas, die Gründe dafür sind vielfältig: Weißrussland ist das einzige Land des Kontinents, das noch die Todesstrafe vollstreckt. In jüngerer Vergangenheit gab es massives Vorgehen gegen die politische Opposition und friedliche Demonstranten. Auch unabhängige Medien und Blogger sind der repressiven Regierung ausgesetzt, unbegründete Durchsuchungen von Redaktionen und einer staatliche Kontrolle des Internets gehören zum Alltag. DOSB-Präsident Alfons Hörmann schloss einen Boykott im vergangenen Jahr zwischenzeitlich nicht aus.
Wie positionieren sich Politik und DOSB?
Die Kritik von Mitgliedern des Sportausschusses ist angesichts des autoritären Gastgebers groß. "Das kann definitiv weg, solche Spiele brauchen wir überhaupt nicht", sagte beispielsweise SPD-Politiker Frank Schwabe in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ). Weil es aber um Olympia-Startplätze geht, beteiligt sich der Bund finanziell. Nach DOSB-Angaben trägt der Steuerzahler "weniger als die Hälfte" der Entsendungskosten, die sich insgesamt auf 650.000 Euro belaufen. Der DOSB versichert, dass er sich durch Gespräche mit Menschenrechtsorganisationen und Nichtregierungsorganisationen "intensiv" mit der Situation vor Ort auseinandersetze. Den Sportlern sollen sämtliche Informationen an die Hand gegeben werden.
Wie ist die Perspektive der Europaspiele?
Das dürfte stark von der Akzeptanz der anstehenden Spiele abhängen. Die Europaspiele haben sich schon jetzt ein "Schmuddelimage" angeeignet. Das liegt an den bisherigen Ausrichterländern (2015 war es Aserbaidschan/Baku) sowie am sportlichen Wert der Veranstaltung, die einzig über die vereinzelte Europameisterschaften sowie Olympia-Qualifikationen an Attraktivität gewinnt. "Bei den Aktiven, den Zuschauern, den Medien und nicht zuletzt bei den Verbänden ist es noch ein langer Weg bis zur Anerkennung als sportlicher Höhepunkt", schrieb der DOSB in einem Kommentar von Christian Sachs, dem Leiter des Hauptstadtbüros des Deutschen Sports in Berlin. Die Elite der Zugpferde Leichtathletik, Schwimmen und Turnen fehlt und trifft sich lieber bei der "Gegenveranstaltung" European Sports Championships, die 2018 eine erfolgreiche Premiere feierte.
Werden die Europaspiele im TV zu sehen sein?
In Deutschland hat sich Sport1 die Rechte gesichert. Der Münchner Sender überträgt täglich live aus Minsk, insgesamt sollen mehr als 100 Stunden live gezeigt werden. Auf den digitalen Plattformen werden zudem Highlightvideos veröffentlicht. Auch im Fernsehen werden die Höhepunkte vier Mal pro Tag zusammengefasst.