Fahnenträger Kasai sorgt für Olympia-Novum
Fahnenträger Kasai sorgt für Olympia-Novum
Noriaki Kasai ist nervös. Eigentlich hat Japans "Flugsaurier" schon alles erlebt in 29 Jahren als Skispringer: Mit 16 trat er im Parallelstil gegen Jens Weißflog an, mit 42 gewann er in Kuusamo, er kommt auf 13 WM- und 537 Weltcup-Teilnahmen. Doch am Freitag ist das alles egal.
"Ich bin unglaublich aufgeregt. Das wird ein Höhepunkt meiner Karriere", sagte Kasai, der bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Winterspiele in Pyeongchang die japanische Fahne tragen darf.
Eine bessere Wahl hätte es kaum geben können. Denn Kasai wird in Südkorea ein kleines bisschen unsterblich: Als erster Sportler der Geschichte nimmt der 45-Jährige zum achten Mal an Winterspielen teil. Bisher hatte er sich den Rekord mit Rodler Albert Demchenko geteilt, nun gehört ihm die Bestmarke alleine. 1992, 1994, 1998, 2002, 2006, 2010, 2014, 2018 - die Schauplätze wechselten, Kasai blieb.
Und ein Ende ist nicht in Sicht. "Ich will noch fünf Jahre, oder sogar noch zehn Jahre bei euch bleiben", sagte er im Januar auf Deutsch, als ihm beim Weltcup am Kulm ein ganzer Abend gewidmet wurde. Die Veranstaltung glich einer Huldigung. Die Trainer aller Top-Nationen sangen auf der Bühne für Kasai "We are the world", zuvor waren sie extra in ein Tonstudio gegangen. "Das war das erste Mal nach der Volksschule, dass ich wieder gesungen habe", sagte Bundestrainer Werner Schuster.
"Noriaki ist ein Phänomen"
Kasai war gerührt, verneigte sich höflich - und flog einen Tag später auf Rang fünf. "Noriaki ist ein Phänomen. Er ist ein würdiger Botschafter unserer Sportart", sagte Schuster. Und Kasai? Hat noch lange nicht genug. "Mein Ziel ist es, in Pyeongchang vor den Augen meiner Familie eine Medaille zu gewinnen", sagt er.
Dreimal stand Kasai bei Olympia bereits auf dem Podium. 1994 in Lillehammer holte er Silber mit der Mannschaft, 20 Jahre später in Sotschi Team-Bronze und Einzel-Silber von der Großschanze. Seine vielleicht schwärzeste Stunde erlebte es ausgerechnet 1998 vor heimischem Publikum in Nagano. Als Japan Gold holte, musste er Takanobu Okabe den Vortritt lassen. Okabe, Hiroya Saito, Masahiko Harada und Kazuyoshi Funaki haben längst ihre Karriere beendet, Kasai fliegt noch immer.
Und wer weiß, vielleicht bekommt Kasai sogar noch die Chance zu einer Wiedergutmachung für das verpatzte Heimspiel. "Meine Heimatstadt Sapporo bewirbt sich um Olympia 2026", sagt Kasai: "Dann bin ich 54. Die Chance ist einfach zu groß um aufzugeben." Es wären seine zehnten Spiele. Nervös wäre Noriaki Kasai dann sicher nicht mehr.