SID-Kalenderblatt am 29. Januar: Der Todessturz der Ulli Maier
Die Nachricht, die keiner hören wollte, kam erst am frühen Abend, weil zuvor die Familie Abschied nehmen sollte.
München (SID) - Ulli Maier, teilte die Unfallklinik in Murnau dann gegen Viertel nach sechs an diesem 29. Januar 1994 mit, ist tot. Gestorben war sie bereits Stunden zuvor. Bei einem fatalen Sturz auf der "Kandahar" in Garmisch-Partenkirchen.
Eine 26 Jahre alte Mutter, zweimalige Weltmeisterin im Super-G - aus dem Leben gerissen in der letzten Saison, in der sie es sich und allen anderen noch einmal beweisen wollte. Genickbruch. Nach einem Sturz, den niemand für möglich gehalten hatte. Er wurde ausgelöst durch neuartige, stark taillierte Skier, die bei den Rennläufern als der letzte Schrei galten.
Als Ulli Maier an diesem Samstag um 13.58 mit der Startnummer 32 auf die Strecke geht, sind die Besten bereits im Ziel. Die Österreicherin gehört nicht zur Abfahrtselite, sie hat ihre Stärken im Riesenslalom sowie im Super-G, in dem sie 1989 in Vail Weltmeisterin war: Damals war sie im dritten Monat schwanger gewesen.
Das Unglück geschieht in der Traverse vor dem Zielhang. Bei Tempo 105 verschneidet Maier den rechten Ski, stürzt entgegen aller bekannten Szenarien bergauf, prallt gegen einen mit einem Strohballen abgedeckten Schneekeil, der den angesägten Pfosten für die Zeitmessanlage sichern soll. Durch die Wucht des Aufpralls und die Körperrotation werden Halswirbelsäule und Rückenmark durchtrennt.
Ende April 1996 standen FIS-Renndirektor Kurt Hoch aus Österreich und sein Stellvertreter Jan Tischhauser aus der Schweiz in München wegen fahrlässiger Tötung vor Gericht, der Prozess endete mit einem Vergleich: Beide zahlten umgerechnet je 5000 Euro an die Bergwacht in Garmisch, die FIS überwies an einen Fonds zugunsten von Maiers Tochter Melanie umgerechnet 375.000 Euro.
Der Vorsitzende Richter betonte: "Eine etwaige Schuld der beiden Angeklagten, falls sie festgestellt worden wäre, wäre gering gewesen." Ursächlich für den Sturz von Maier waren die Skier, die damals immer stärker tailliert und zudem mit immer höheren Bindungsplatten versehen wurden. Nach dem tragischen Todesfall wurden die Skier reglementiert, darüber hinaus die Sicherheitsvorkehrungen an den Strecken massiv verstärkt.
In der Tat hat sich seit dem 29. Januar 1994 kein Todesfall mehr ereignet - bei einem Weltcup-Rennen. Tote gab es dennoch, bei Trainingsfahrten oder Nachwuchsrennen: Zuletzt starb im Dezember 2017 der junge Deutsche Max Burkhart nach einem Sturz bei einem Rennen des Nordamerika-Cups in Lake Louise/Kanada.