Lanz spottet über SPD-Generalsekretär Klüssendorf

Die Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen hinterlässt vor allem bei der SPD einen bitteren Beigeschmack. Während die CDU im Vergleich zu 2020 nur einen Prozentpunkt verloren hat und mit 33 Prozent stärkste Partei bleibt, hat die SPD ihr bisher historisch schlechtestes Ergebnis noch einmal unterboten. 2020 lag die Partei bei etwas mehr als 24 Prozent. Nun erzielte sie etwas mehr als 22 Prozent. Zum Vergleich: Die AfD hat ihre Ergebnisse verdreifachen können und kam auf 14,5 Prozent. Grund genug für Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas kurz nach der Wahl zu sagen: "Es ist nicht das prognostizierte Desaster geworden." ZDF-Moderator Markus Lanz konterte darauf am Dienstagabend in seiner Sendung: "Ist das der Anspruch?"
Mit Blick auf den neuen SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf wollte Lanz derweil wissen: "Was ist aus der SPD geworden?" Der Politiker redete sich um Kopf und Kragen und erklärte, dass es "unstrittig" sei, dass es "das schlechteste Ergebnis ist". Dennoch sei vorab in den Medien von einer "blauen Welle" berichtet worden, die es nicht gegeben habe. "Ich finde, wir haben da auch eine große Verantwortung, wie wir darüber berichten", so Klüssendorf mit ernster Miene. Mit seiner Argumentation konnte er Markus Lanz jedoch nicht überzeugen. Im Gegenteil: "Herr Klüssendorf, das ist jetzt echt schwierig!" Der SPD-Generalsekretär blieb jedoch bei seiner Meinung und echauffierte sich über Begriffe wie "Desaster" und "Debakel", die in vielen Berichterstattungen verwendet werden. "Man hat ja den Eindruck, wir gehen komplett unter", so Klüssendorf.
Markus Lanz zu SPD-Politiker Tim Klüssendorf: "Ich will Sie nur wachrütteln"
Natürlich sei es das schlechteste Ergebnis seiner Partei, aber man habe "trotzdem eine ganze Reihe von Oberbürgermeisterwahlen" gewonnen." Zeitgleich betonte Tim Klüssendorf, dass er nichts beschönigen wolle, denn: "Wir wissen genau, wo unsere Aufgaben liegen." Klüssendorf sagte jedoch auch: "Ich sehe es einfach nicht ein, dass ich nach so einem Wahlergebnis immer sage: 'Ja, stimmt. Wir sind die Schlimmsten von allen.' (...) Da braucht man auch ein bisschen Körperhaltung."
Eine Aussage, die Journalistin Eva Quadbeck fassungslos machte: "Es ist ja keine Körperhaltung, wenn man sagt: Es ist nicht so schlecht gekommen, wie wir erwartet hatten." Lanz stimmte zu: "Seit Gerhard Schröder haben Sie 60 Prozent Ihrer Wähler verloren! Da kann man doch nicht sagen, wir brauchen mal ein bisschen bessere Laune!"
"Das ist ja auch sehr verkürzt jetzt dargestellt!", entgegnete Klüssendorf genervt, "Man kann das jetzt natürlich so zuspitzen..." Lanz hielt prompt dagegen: "Ich will Sie nur wachrütteln." Der SPD-Politiker konterte daraufhin: "Wir müssen nicht wachgerüttelt werden, weil wir das schon wissen." Als der ZDF-Moderator skeptisch reagierte, beteuerte Tim Klüssendorf: "Es ist ja überhaupt nicht so, dass es ein Erkenntnisproblem in der SPD um die eigene Lage gibt."
Mit Blick auf die Konsequenzen, die gezogen werden müssen, sagte der SPD-Politiker, dass er glaube, dass seine Partei sich "kategorisch" den "Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zuwenden müsse. Dazu forderte er bei "Markus Lanz", dass man Arbeitsanreize erhöhen müsse.
Eine Forderung, auf die der ZDF-Moderator nüchtern reagierte: "Dann müsste man im Zweifel dafür sorgen, dass Nichtarbeiten sich nicht lohnt. Und dass Arbeiten sich deutlich mehr lohnt als nicht zu arbeiten." Lanz stichelte weiter: "Wir haben in den letzten Jahren Leuten immer mehr durchgehen lassen als von ihnen etwas zu verlangen. Das ist Fakt!" Ein Vorwurf, den Tim Klüssendorf nicht von sich weisen konnte. Er sagte kleinlaut: "Genau, und das korrigieren wir jetzt."
Tim Klüssendorf: "Ich tue mich mit dem Begriff Genozid schwer"
Schwammig zeigte sich Klüssendorf, als es um das israelische Vorgehen im Gazastreifen ging. Als Lanz wissen wollte, "Was ist das für Sie? Kriegsverbrechen? Ist das Genozid?", antwortete der SPD-Generalsekretär: "Auf jeden Fall völkerrechtswidrig. Ich tue mich mit dem Begriff Genozid schwer - (...) auch aus dem Grund unserer Geschichte." Trotzdem gab er zu, dass der Druck auf Israel "erhöht" werden müsse. "Es braucht jetzt wirklich eine europäische Kraftanstrengung, um Israel von diesem Weg wieder wegzurücken", so Klüssendorf.
Bei aller Solidarität, "die wir mit Jüdinnen und Juden haben, die wir mit diesem Staat haben", sei die Lage "etwas, was uns nicht kaltlassen kann, sondern was uns zwingen muss, den Spielraum, den wir haben, auch auszunutzen." Während neben Klüssendorf auch Journalist Martin Machowecz die Kritik an Israel als grundsätzlich schwierig einstufte, gab Lanz zu bedenken: "Es geht nicht um die Frage, ob man die Existenz Israels in Frage stellt. Es geht auch nicht um Antisemitismus. Es geht hier um israelisches Regierungshandeln."