Charli XCX: "Töchter sollten nie auf ihre Väter hören"

Im britischen Radio läuft ihr neuer Hit schon in Dauerschleife: Mit "Boom Clap" will Charli XCX nun auch den deutschen Musikmarkt erobern. Im Interview mit spot on news spricht die junge Musikerin über väterliche Ratschläge, weibliche Konkurrenz und einen Riesenhit, den sie verschenkte.
"I don't care, I love it!", vor zwei Jahren eroberte dieserOhrwurm aus dem Nichts die internationalen Hitparaden und machteIcona Pop zu Stars. Was nur wenige wissen: Der Song stammte aus derFeder der damals erst 19-jährigen Charli XCX. In diesem Sommerversucht die junge Britin nun selbst die Charts zu stürmen und willnach Top-Platzierungen in den USA und England nun auch Deutschlanderobern. Im Interview mit spot on news spricht die 22-jährigeMusikerin über ihre Konkurrenz, ihre Vorbilder und ihre neue Single"BoomClap".
BestellenSie hier das von Kritikern gefeierte Album "True Romance" vonCharli XCX
Sind Sie das erste Mal in Deutschland?
Charli XCX: Nein, ich war schon öfter hier. Ich hatte voreiniger Zeit einen DJ-Gig in Berlin, was mir sehr viel Spaß gemachthat. Und ich bin bereits mit Ellie Goulding und Sleigh Bellsaufgetreten.
Was sind ihre Eindrücke von Deutschland?
Charli XCX: Ich liebe es hier. Vor allem liebe ich Berlin.Berlin ist wirklich mit keiner anderen Stadt zu vergleichen. Ichkomme aus einem Ort nahe London. Und London ist schön, aber ebennicht einzigartig, da es New York ähnelt. Aber Berlin istunverwechselbar. Es ist wirklich cool, denn diese Stadt hat ihreganz eigene Identität.
Sie haben in letzter Zeit einige Ramones-Fotos auf Instagramgestellt. Was für eine Verbindung haben Sie zu der Band?
Charli XCX: Keine besondere. Ich mag die Ramones und habe inletzter Zeit viel von ihnen gehört. Sie wirken auch inspirierendauf meine Musik Dasselbe gilt für TheHives, Weezer,Bow Wow Wow.
Hat Ihr Album Punk-Einflüsse?
Charli XCX: Nicht direkt. Aber einer meiner Produzenten, PatrikBerger, ist aus einer schwedischen Punkband. Ich habe einen ihrerSongs," Allergic To Love", gecovert . Das hat mir geholfen, dieganze Wut rauszulassen, sodass ich jetzt ein schönes Pop-Albummachen konnte.
Es ist zurzeit oft zu hören, dass es mit Ihnen, LanaDel Rey, IggyAzalea und Lorde eine neue Welle von jungen aufstrebendenPopmusikerinnen gibt. Ist es denn in Ordnung, dass man Sie in eineSchublade steckt?
Charli XCX: Nun, ich denke, es stimmt, dass wir alle gute Musikmachen, das ist auf jeden Fall eine Gemeinsamkeit zwischen uns.Deshalb fühle ich mich nicht angegriffen, denn diese Frauen sindsehr talentiert, deshalb ist es schön, mit ihnen verglichen zuwerden. Aber natürlich ist es komisch, wenn Künstler miteinanderverglichen werden, nur weil sie weiblich und jung sind. Das istwirklich nervig, denn ich denke, dass Alter und Geschlecht bei derMusik keine Rolle spielt. Als Künstlerin will man gute und seineeigene individuelle Art von Musik machen. Deshalb nervt es schon,wenn man mit anderen verglichen wird, nur weil die Haare an derVagina dieselbe Farbe haben. Das nervt wirklich. Aber ich mag dieKünstler Ihrer Aufzählung, daher finde ich diesen Vergleich eherschmeichelhaft.
Ihre neue Single "Boom Clap" klingt anders als Ihr erstes Album.Kann es sein, dass "True Romance" einen erwachseneren Sound hatteund Sie absichtlich die Musik verändert haben, um massenkompatiblerzu werden?
Charli XCX: "Boom Clap" ist ja nur eine Facette des Album. undwohl das poppigste Lied, das ich bisher gemacht habe. Ich glaubeaber nicht, dass es unreifer ist. Ich bin nun erfahrener und in derLage, bessere Popsongs zu schreiben. Natürlich war "True Romance"ein tolles Album, auf das ich sehr stolz bin und dessen Songs ichsehr mag, aber ich war schon immer an Popmusik interessiert.Britney Spears, Spice Girls, das sind die Künstler, die ichbewundere, weil sie einprägsame Singles gemacht haben. "Blackout"von Britney Spears ist mein Lieblingsalbum, denn es ist wirklichintelligent und zugleich catchy. Es ist nicht einfach, solcheLieder zu schreiben.
Also war der Stilwechsel hin zu einem einprägsameren Soundabsichtlich?
Charli XCX: Ja, es ein stumpfer Popsong, aber genau das wollteich. Da es eine enorme Herausforderung ist, solche Songs zu machen.Dennoch verstehe ich, worauf Sie anspielen. "True Romance" klanganders, ein wenig dreckiger. Ob es erwachsener war, weiß ich nicht,denn ich persönlich fühle mich viel reifer als zu der Zeit derVeröffentlichung von "True Romance". Zudem soll mich das neue Album.ls Pop-Schreiberin präsentieren, die nicht nur für sich selbst,sondern auch für andere Künstler arbeitet. Und dieser Aspekt istsehr erwachsen.
Und beim Publikum scheint es gut anzukommen: "Boom Clap" hatfünf Nominierungen bei den kommenden MTV Video Music Awardserhalten, vier weitere gab es für "Fancy", den Hitvon Iggy Azalea und Ihnen. Sind Sie nervös, was dabeirausspringt?
Charli XCX: Nicht wirklich nervös, eher positiv aufgeregt. Ichweiß, es mag etwas abgedroschen klingen, aber es ist schon eineEhre nominiert zu sein, es ist ja mein erstes Mal. Das ist wirklichcool und ich bin sehr aufgeregt. Sollte ich gewinnen, wäre dasWahnsinn und falls nicht, ist es immer noch toll, nominiert gewesenzu sein. Ich denke ehrlich, Iggy hätte es verdient zu gewinnen,denn sie hat so viel Leidenschaft in das Video gesteckt.
Also hat es Ihrer Meinung nach "Fancy" eher verdient zu siegenals Ihr eigener Song?
Charli XCX: Nein, ich bin ja schon eine Weile dabei und freuemich, als Künstlerin wahrgenommen zu werden, die man im Augebehalten sollte. Ich gönne es natürlich auch den anderen Musikern,würde am liebsten aber alles selbst gewinnen.
Es ist ja bekannt, dass Sie bei Ihrer Musik auch sehr viel Wertauf das Visuelle legen. Nun hat das Video zu "Fancy" einen ganzanderen Stil als Ihre eigenen Clips. Gefällt es Ihnen trotzdem?
Charli XCX: Oh, ich liebe es. Es ist auf jeden Fall eines meinerLieblingsvideos. Und es war so toll, als Alica Silverstone den Clipgetweetet hat. Das ist so, als würde die echte Cher Horowitz aus "Clueless" unserVideo mögen.
Warum sind Sie der Meinung, dass der Riesenhit "I love it", denSie geschrieben und dann Icona Pop überlassen haben, nicht zu Ihnenpasst?
Charli XCX: Zu dieser Zeit arbeitete ich gerade an "TrueRomance" und wollte solche Lieder nicht für mich selbst machen. Ichdachte, das "I loveit" nichtcool genug für mein Album wäre. Ich wollte einfach ein sehrpersönliches harmonisches Album machen und da hätte der Song nichtdrauf gepasst. Aber ich bin sehr froh, dass Icona Pop es übernommenhaben, weil ich mich dadurch als Songwriterin profilierenkonnte.
Ihr Vater ist Musik-Promoter und kennt sich im Musikgeschäft gutaus. Mag er Ihre Musik eigentlich und gibt er Ihnen hilfreicheRatschläge?
Charli XCX: Ich glaube schon, dass er sie mag und natürlichversucht er, mir Tipps zu geben, aber ich höre nicht auf ihn.Einfach weil er mein Vater ist und meiner Meinung nach Töchter nieauf ihre Väter hören dürfen. Selbst wenn er gute Ratschläge hat,würde ich ihn das niemals wissen lassen. Aber er war immer sehrunterstützend, was ich wirklich zu schätzen weiß, denn dieses Glückhaben nur wenige.
Warum denken Sie, dass Sie in den USA mehr Erfolg als in Europahaben?
Charli XCX: Ich glaube, dass hängt damit zusammen, dass ich imInternet entdeckt wurde, und viele Blogs über mich berichtet haben,die größtenteils aus den USA kamen. Pitchfork, The Fader und dasSpin Magazine, so kam der Stein ins Rollen! Aber ich hoffe, dasssich das ändern wird und ich international mehr Erfolg habe, dennich würde gerne überall auftreten und mehr von der Welt sehen.
Haben Sie denn auch vor, in Deutschland aufzutreten?
Charli XCX: Ich kann es kaum erwarten meine ersten eigenenKonzerte hier zu geben, ich weiß zwar noch nicht, wann es so weitsein wird, aber ich freue mich schon wahnsinnig darauf.