Er bereitete Aldi den Weg: Der rätselhafte Karl Albrecht ist tot

Ganz im Stillen ist ein für Deutschland prägender Mann gestorben: Aldi-Mitbegründer Karl Albrecht. Er galt als einer der reichsten Deutschen. Und war dennoch bis zuletzt eine geheimnisvolle Figur. Nur wenige schicksalhafte Episoden aus seinem Leben sind bekannt - von der Verlobungsfeier bis zu den ersten Firmentagen.
Die Nachricht kam am Montagmittag unerwartet: Bereits am vergangenen Mittwoch ist Aldi-Mitbegründer Karl Albrecht in seiner Essener Villa verstorben. Das berichtet die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" in ihrer Online-Ausgabe. Albrecht wurde 94 Jahre alt. Er galt als einer der reichsten Deutschen - das US-Magazin "Forbes" bezifferte sein Vermögen zuletzt auf gut 19 Milliarden Euro. Allerdings hatte Albrecht den größten Teil an Stiftungen übergeben. Und der erfahrene Wirtschaftsmann lebte völlig zurückgezogen von der Öffentlichkeit. Sogar über sein Geburtsdatum gab es keine gesicherten Angaben, wie die "Badische Zeitung" vor einiger Zeit schrieb.
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Unstrittig ist, dass Albrecht mit seinem Wirken das Leben und Kaufen der Deutschen nachhaltig beeinflusst hat. Im Jahr 1945 übernahm er mit seinem 2010 verstorbenen Bruder den Lebensmittelladen der Eltern in Essen - und baute das kleine Geschäft zu einem Discounter-Giganten aus. Vor allem der Fokus auf niedrige Preise prägte die Supermarkt- und Discounter-Landschaft. Ab 1961 hatten die Brüder Aldi unter sich aufgeteilt: Karl Albrecht kümmerte sich um Aldi Süd, Theo um Aldi Nord. 1994 zog sich Karl Albrecht aus dem Tagesgeschäft zurück.
Die private Seite Karl Albrechts ist hingegen ein großes Rätsel. Es kursieren nur wenige Fotos des einflussreichen Mannes. Auch zu eigentlich freudigen Anlässen ließ sich der Aldi-Mitgründer nicht in der Öffentlichkeit blicken: Selbst das Bundesverdienstkreuz nahm er nicht an, wie die "FAZ" in ihrem Nachruf erinnert. Ebenso im Stillen verlief nun auch die Beerdigung Albrechts am Montag. Sie war bereits vor Bekanntwerdens seines Todes beendet - und ohne jegliche Berichterstatter und Fotografen über die Bühne gegangen.
Klar scheint aber, dass Albrecht den großen Pomp scheute. Ein Golfplatz bei Donaueschingen sei der einzige Luxus des erfolgreichen Firmengründers gewesen, heißt es. Gestorben ist Albrecht laut "FAZ" im Kreis der Familie; seine Frau Mia war bereits im vergangenen Jahr verschieden. Der 94-Jährige hatte sie angeblich bis zuletzt persönlich gepflegt.
So lässt sich das rätselhafte Leben des Karl Albrecht letztlich nur über lange zurückliegende schicksalhafte Ereignisse und Episoden verstehen. Ein einschneidendes Erlebnis für Albrecht war die Entführung seines Bruders Theo im Jahr 1971. Kriminelle hatten Theo Albrecht vor dem Aldi-Hauptsitz in Herten aufgelauert. 17 Tage befand sich der Wirtschafts-Boss in der Gewalt der Entführer. Essens Bischof Franz Hengsbach überbrachte ein Lösegeld in Höhe von sieben Millionen D-Mark - Karl Albrecht versuchte später, die Summe von der Steuer abzusetzen.
Trotz aller Sparsamkeit: Ein allzu harter Boss war Karl Albrecht offenbar nie. Helga Schimanski, ab 1948 wohl eine der ersten "Filialleiterinnen" im Albrecht'schen Betrieb, erinnerte sich vor einigen Jahren in einem Gespräch mit "Der Westen": "Das war ein sehr guter Chef." Als ihr eines Tages nach dem Befüllen zahlreicher Weinflaschen schwummerig war, habe Albrecht sofort eingegriffen: "Karl hat das bemerkt - und hat mich sofort mit seinem Auto nach Altenessen heimgefahren." Auch gegen den Argwohn der Kunden habe der - angeblich streng katholische - Karl Albrecht die Nicht-Katholikin verteidigt.
Eine Anekdote der "FAZ" könnte zudem die Luxus-Scheu Albrechts erklären. Wie das Blatt schreibt, feierte der Unternehmer kurz nach Ende des Krieges - aus dem Albrecht laut "Welt" als einfacher Gefreiter zurückkehrte - die Verlobung mit seiner Frau Mia mit einem üppigen Festmahl. Vor der Tür hätten sich daraufhin Nachbarn versammelt und über ihren Hunger geklagt. Albrecht widmete sich später dem Ziel, billige Lebensmittel auf den Markt zu bringen und entsagte jeglicher Zurschaustellung seines Reichtums - obwohl er als reichster Mann des Landes galt.