Jeannette Walls: Wie ist es, sein eigenes Leben im Kino zu sehen?
Jeannette Walls ist ein großer Bestseller gelungen - mit der Geschichte ihrer eigenen Kindheit. Jetzt läuft die Verfilmung von "Schloss aus Glas" im Kino - besetzt mit einigen Hollywood-Größen. Wie sie den Film findet, verrät Walls hier.
Die Geschichte von Jeannette Walls (57) bewegte Millionen Leser: Ihr Vater ging mit ihr auf Dämonenjagd, holte ihr die Sterne vom Himmel und versprach ihr ein Schloss aus Glas. Was macht es da schon, zu hungern oder ständig den Wohnort zu wechseln? Aber irgendwann war es auch für Jeannette deutlich, dass irgendwas nicht stimmt, vor allem die Alkoholkrankheit des Vaters zieht die Familie immer tiefer in den Abgrund. Walls, die über zwanzig Jahre als Journalistin in New York arbeitete, veröffentlichte darüber 2006 ihr Debüt "Schloss aus Glas" (Diana Verlag), das zum internationalen Bestseller avancierte und in dreiundzwanzig Sprachen übersetzt wurde.
Jetzt ist Walls' autobiografischer Roman verfilmt worden, ab diesem Donnerstag läuft "Schloss aus Glas" auch in den deutschen Kinos. Jeannettes Eltern Rex und Rose Mary - die ihre vier Kinder lieben und inspirieren, andererseits aber auch extrem vernachlässigen - werden darin von Woody Harrelson (56) und Naomi Watts (48) gespielt. Die erwachsene Jeannette verkörpert Oscar-Preisträgerin Brie Larson (27). Aber wie kam der Streifen bei Jeannette Walls selbst an? "Ich liebe ihn", erzählt die Autorin im Interview mit spot on news. Es sei ein "wichtiger, schöner und gehaltvoller" Film, der Menschen mit einer komplizierten Kindheit helfen könne, sich mit ihrer eigenen Geschichte abzufinden.
"Ich war überglücklich"
Walls war "sprachlos und überglücklich", als sie den Film über ihr Leben das erste Mal gesehen hat, erzählt sie weiter. "Ich wusste, dass er gut werden würde, weil ich eng mit einigen Mitgliedern von Cast und Crew zusammengearbeitet habe. Aber ich war dennoch nicht darauf vorbereitet, wie erstaunlich wundervoll er ist."
Es gebe viele Szenen in dem Streifen, die sie liebe, sagt Walls. Welche sie davon am meisten berührt haben, könne sie gar nicht sagen. Aber einige kommen ihr dann doch in den Sinn, zum Beispiel die Szene, als Jeannette zusammen mit ihrem Vater Rex heult, oder als Rex der kleinen Jeannette erklärt, dass sie ein Feuer in ihrem Bauch habe. Und die Szene, in der die Kinder zusammen auf Erma losgehen, Rex' Mutter, die vor Missbrauch nicht zurückschreckte. "Diese letzte Szene ist entscheidend, weil es der Moment war, in dem die Kinder stärker als der Vater wurden. Rex sei immer von seinen Dämonen gejagt worden. "Aber - trotz all der schrecklichen Dinge, die er getan hat - hat mein Vater seinen Kindern das Zeug und den Mut mitgegeben, um Dämonen besser zu bekämpfen, als er das jemals getan hat."
Eine Frage der Zeit
Zum Verhältnis mit ihrem Vater, der 1994 starb, erklärt Walls: "Als ich ein Kind war, habe ich meinen Vater angebetet. Ich dachte, er wäre besser als perfekt, fast wie ein Superheld. Als ich älter wurde, war ich desillusioniert und habe versucht, mich von ihm zu distanzieren und ihn zu verdrängen. Das Problem ist: Wenn man sich selbst von seiner Vergangenheit abschneidet, vergisst man vielleicht einiges von dem Schmerz, aber man trennt sich auch von der Schönheit, die es gab. Wenn man ein bestimmtes Alter erreicht, akzeptiert man seine Vergangenheit, und man lernt, dass man die guten Dinge halten und von den schlechten lernen kann."
Große Schauspieler
Mit Woody Harrelson, Naomi Watts und Brie Larson hat der Film drei Hollywood-Größen an Bord. Die Besetzung habe sie umgehauen, so Walls. Mit ihnen Zeit zu verbringen, ein paar ihrer brillanten Fragen zu beantworten und ihnen bei der Arbeit zuzusehen, habe Walls in "totale Ehrfurcht" vor diesen brillanten Schauspielern versetzt. "Und es waren nicht nur diese berühmten Schauspieler wie Brie Larson, Woody Harrelson und Naomi Watts, sondern jeder einzelne. Die kleine Ella Anderson zum Beispiel hat mich fassungslos gemacht. Wie ein Kind in diesem Alter eine so komplexe, nuancierte und vielschichtige Performance abliefern kann, ist unglaublich. Außerdem ist sie ein wirklich süßes Kind."
Walls selbst wohnt inzwischen nicht mehr in New York City, obwohl sie ihre Zeit dort "geliebt" habe. Die Autorin lebt nun auf einer Farm mit viel Land, einem Teich und einem Haufen Lebewesen: "Ich bin einfach ein Hinterwäldler und da gehöre ich hin", sagt sie über sich selbst.
Mutter wohnt neben ihr
Zu ihrer Familie ist der Kontakt bestens: "Lori und Brian geht es gut. Lori lebt immer noch als Künstlerin in NYC, auch Brian lebt in der Stadt. Ich spreche mit Brian mehrmals die Woche. Meine jüngere Schwester Maureen war die zerbrechlichste von uns und wurde von unserer Kindheit am meisten verstört. Sie lebt an der Westküste und wir sind ständig in Kontakt. Meine Mutter lebt in einem Haus, das ich hinter meinem eigenen für sie gebaut habe. Sie malt immer noch täglich. Sie macht mich manchmal verrückt, aber sie ist der Hit. Sie hat den Film übrigens geliebt. 'Zu einer gewissen Zeit hätte ich versucht, einige Dinge darin weichzuspülen', hat sie mir verraten, nachdem sie den Film gesehen hat. 'Aber es ist alles wahr. Was für eine Geschichte.'"
Und was ist Walls' Lieblingsgeschichte, die sie mit ihrem verstorbenen Vater verbindet? "Als er mir einen Stern zu Weihnachten schenkte - oder besser gesagt Venus, einen Planeten."