Laura Ludwig und Kira Walkenhorst: Ihr tierischer Kampf im Sand

Sie sind die neuen deutschen Sport-Superstars: unsere Beachvolleyball-Goldmädels Laura Ludwig und Kira Walkenhorst. Doch ihr Weg zum Triumph war ziemlich steinig...
Es ist eine süße Hölle. 30 Grad, Sonne und blauer Himmel über der Copacabana, ein leichter Wind vom Atlantik. Im Beachvolleyball-Stadion hat ein DJ die 11.000 Zuschauer mit ohrenbetäubender Musik aufgepeitscht. Dann kommen sie - die schönsten Sportlerinnen von Olympia. Braungebrannte Körper in knappen Bikinis, die gleichermaßen Männer wie Frauen betören.
Die "Zeit" schwärmt: "Hier ist Sport keine von Schweißgeruch umwehte Mühsal, sondern ein Hochleistungsvergnügen unter einer Glocke aus Sonnenmilchduft. Beachvolleyball ist die heißeste aller olympischen Disziplinen. Und die Besten der Heißen sind - zwei Deutsche aus dem kühlen Hamburg."
Dann geschieht das Wunder, das die allermeisten Zuschauer zunächst in die pure Verzweiflung treibt: Die deutschen Mädchen Laura Ludwig (30) und Kira Walkenhorst (25) dominieren ihre brasilianischen Gegnerinnen Larissa Franca Maestrini und Talita Antunes da Rocha, im zweiten Satz spielen sie sogar mit ihnen Katz und Maus. Und dann ist es soweit: Laura und Kira gewinnen Gold. Ein historischer Sieg gegen die Beachvolley-Weltmacht Brasilien, vergleichbar mit dem sagenhaften 7:1-Sieg der Deutschen gegen die Brasilianer bei der Fußball-WM 2014. So klappte der Triumph:
Das ganze Stadion war gegen sie
Laura und Kira sind dabei durch eine Hölle gegangen. Jeder ihrer Bälle wurde vom brasilianischen Publikum gnadenlos ausgebuht. Wie steht man so einen Nervenkrieg durch?
"Es hat sich ja herumgesprochen, dass die Brasilianer immer sehr laut sind und sehr viel pfeifen", so zitiert "Spiegel-Online" Laura Ludwig. "Wir haben versucht, das wegzustecken. Aber irgendwie kommt es doch bei einem an, und man denkt sich: 'Hey Leute, guckt mal: Wir können das auch.' Denn da möchte man einfach zurückschreien... Wir haben versucht, das auszuschalten. Quasi auf einem Nebencourt zu spielen."
Dann steigt immer öfter die 1,84 Meter große Kira Walkenhorst am Netz hoch und schmettert den Ball mit 90km/h in die gegnerische Spielhälfte. Bis das Publikum still wird und am Ende den überlegenen deutschen Frauen applaudiert.
"Die Sportart ist tierisch komplex", sagte Laura der "Zeit". "Technik, Taktik, Intuition, Raffinesse, Körpersprache, Anpassungsfähigkeit, Willensstärke - das muss man im Spiel erst mal alles auf die Reihe bekommen bei all den Emotionen und dem Adrenalin. Da kann es auch schon mal sein, dass man beim Angriffsschlag denkt: Nimm das, Schlampe!"
Sie hat gesagt, sie wolle am liebsten nach jedem Spiel mit einem Lächeln vom Feld gehen. Bei diesem Endspiel war es ein breites Lachen, das auch Brasilien verzauberte.
Der Höhepunkt der Karrieren
Für Laura Ludwig ist dies der Höhepunkt einer Ausnahmekarriere - die beinahe ein frühes Ende gefunden hätte. Im August 2004 verlor sie während des Trainings plötzlich das Gefühl in ihrem linken Arm. Als dann auch noch die linke Mundhälfte taub wurde und Ludwig nur noch lallen konnte, alarmierte Trainer Olaf Kortmann den Notarzt. Die Schockdiagnose: Schlaganfall.
Doch die Ärzte konnten wenig später Entwarnung geben: Die damals 18-Jährige überstand den Anfall ohne Folgeschäden und konnte ihre Sportkarriere fortsetzen. Doch ausgerechnet wegen dieser Episode stand Laura erstmals im Mittelpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit, Reporter belagerten das Krankenhaus." Als Sara [Goller, die damalige Partnerin - die Red.] und ich als jüngstes Team aller Zeiten im Juni ein Turnier der nationalen Beachserie gewonnen haben, standen keine Kameraleute vor meiner Tür. Ich musste erst einen Schlaganfall bekommen, damit sich das ändert", so kritisierte sie damals den Rummel.
Heute ist sie der unbestrittene Star des deutschen Beachvolleyballs. Die gebürtige Berlinerin, die seit 2013 beim Hamburger SV spielt, ist sechsfache deutsche Meisterin und vierfache Europameisterin.
Kira schafft Olympia-Teilnahme nur knapp
Mit dieser Bilanz kann Kira Walkenhorst, seit 2013 die Spielpartnerin Laura Ludwigs beim HSV, noch nicht ganz mithalten. Doch auch die Erfolgsliste der gebürtigen Essenerin kann sich mit u.a. zwei deutschen Meistertiteln und zwei EM-Siegen sehen lassen.
Allerdings stand ihre Olympia-Teilnahme lange wegen einer Knieverletzung auf der Kippe - der zweite gesundheitliche Rückschlag innerhalb kurzer Zeit, nachdem sie zuvor schon mehrere Monate mit Pfeifferschem Drüsenfieber ausgefallen war. Für Laura Ludwig blieb sie jedoch die ganze Zeit die Wunschpartnerin für Olympia: "Bis ich aufhöre, möchte ich auf jeden Fall zu den Top-Teams gehören, und ich weiß, mit Kira kann ich das haben", sagte sie der "Berliner Morgenpost". "Ich wollte keine Plan-B-Lösung. Ganz oder gar nicht."
Ebenso wenig ließ sich Laura Ludwig davon beirren, dass ihr Freund in Rio auch zum Feind werden konnte: Imornefe Bowes (39) trainiert die holländischen Beachvolleyballerinnen. Doch zu einem entscheidenden Match kam es ohnehin nicht, die Niederländerinnen schieden im Achtelfinale aus.
Wie geht es mit den beiden weiter?
Nun denkt Laura Ludwig schon mal an die gemeinsame Zukunft in der Zeit nach Olympia: "Vor allem will ich mich mal niederlassen, soweit das als Beachvolleyballer möglich ist, mit meinem Freund zusammenleben und eine Familie haben", sagte sie der "Morgenpost".
Nach ihren Sieg an der Copacabana sind Laura und Kira mit ihrem Trainer zu einer privaten Feier gefahren. Vorbei an einer Caipirinha-Bar, in der Laura am Tag zuvor prophezeit hatte: "Heute lassen wir es mal so richtig krachen." Sie hat Wort gehalten.