"Die Geschichte vom bösen Friederich": Ich! Bin! Kunst!

Alexaner Nolte (Nicholas Ofczarek) ist der "böse Friederich" im neuen Frankfurt-Tatort: Nette Fassade, aber zutiefst verdorben. © HR/Bettina Müller
Der Friederich, der Friederich,
Das war ein arger Wüterich !
Er fing die Fliegen in dem Haus
Und riß ihnen die Flügel aus.
Er schlug die Stühl' und Vögel tot,
Die Katzen litten große Not.
Und höre nur, wie bös er war:
Er peitschte, ach, sein Gretchen gar !
(aus: Der Struwwelpeter)
Gilt ein Team auch beim dritten Einsatz noch als "neu"? In
Frankfurt ist man jedenfalls noch immer damit beschäftigt, die
beiden Kommissare und ihre Vergangenheit einzuführen. Nachdem im
letzten Fall Brix und seine Zeit bei der Sitte Thema war, ist nun
Anna Janneke dran. Was erwartet uns bei "Die Geschichte vom bösen
Friederich"?
Worum geht’s?
Vor über 20 Jahren, damals noch Polizei-Psychologin, schrieb Anna Janneke (Margarita Broich) ein Gutachten zu Alexander Nolte (Nicholas Ofczarek), der damals seine Freundin kaltblütig ermordete. Nolte bekam lebenslänglich, jetzt ist er mit positiver Prognose wieder auf freiem Fuß. Maßgeblich daran beteiligt ist Helene Kaufmann (Ursina Lardi), die das neue Gutachten erstellt hat – und ein Verhältnis mit Nolte hat. Es dauert nicht lange, bis der eloquente Charmeur beginnt, Anna Janneke zu verfolgen und in ihr Leben einzudringen.
Dabei hat diese gerade einen Mord aufzuklären, im Bahnhofsviertel wurde ein Obdachloser erstochen, es gibt keine ernsthafte Spur. Während Paul Brix (Wolfram Koch) den spärlichen Hinweisen nachgeht, ist Anna Janneke nicht bei der Sache. Sie versucht, Nolte dazu zu bewegen, sie in Ruhe zu lassen.
Je aufdringlicher Nolte wird, desto verzweifelter versucht die Kommissarin, über seinen Arbeitgeber oder Helene Kaufmann auf ihn einzuwirken. Eines Abends dringt Nolte in Jannekes Wohnung ein, die Lage wird immer bedrohlicher – vor allem, als der Sadist seine höfliche Maske fallen lässt.
Worum geht es wirklich?
Ideen für neue Krimi-Stoffe finden sich auch in über 160 Jahre alten Kinderbüchern zweifelhaften Inhalts. Alexander Nolte ist die Inkarnation des "bösen Friederich" aus dem "Struwwelpeter". Der charmante Böse, der ohne jegliche Empathie schon sein Leben lang andere Lebewesen gequält hat und aus purer Lust tötet, ist nicht neu, passt aber zum Psychologie-Hintergrund von Anna Janneke. Der dritte Frankfurt-Tatort ist ein lupenreines Duell zwischen den beiden Haupt-Protagonisten. Alle anderen – Brix inklusive – haben wenig zu melden.
Ist die Handlung glaubwürdig?
Kaum. Muss aber auch nicht, durchgeknallte Psychopathen können ja schließlich auch recht unterhaltsam sein. Was vielmehr stört, ist die aufdringliche Optik, die einem ins Gesicht schreit "ACHTUNG! ICH BIN KUNST!". Mindestens genauso schlimm ist die Streicher-Sauce, in der viele Szenen ertränkt werden. Da kann es sich um Mozart oder ambitionierte Eigenkompositionen handeln, es ist einfach viel zu viel und viel zu laut.
Bester Auftritt
Nicht nur optisch erinnert Nicholas Ofczarek an Javier Bardem im James-Bond-Streifen "Skyfall": Elegant, eloquent und charmant, und trotzdem bis ins Mark hinein böse. Weil seine Figur Alexander Nolte ja von Psychologinnen umgeben ist, legt er im Laufe des Films noch seine komplette Vorgeschichte offen und erklärt, warum er so böse geworden ist. Das ist zwar ein wenig Küchen-Psychologie, Ofczarek verkörpert seine Figur aber wunderbar intensiv. Für den grauseligen Braunstich kann er bestimmt auch nichts.
Was muss man sich merken?
Wie auch sein Vorgänger, so ist auch bei "Die Geschichte vom bösen Friederich" die Hauptaufgabe des Films, die Vorgeschichte der neuen Kommissare am Tatort Frankfurt zu erzählen. Es gibt also viel zu merken, auch wenn das Meiste hoffentlich abgeschlossen ist. Positiv: Anna Janneke ist nicht mehr so nervig wie in den beiden ersten Fällen, die Chemie mit Paul Brix wird immer besser.
Soll man gucken?
Wer nicht auf ambitionierte Kunst-Tatorte steht, lässt es lieber bleiben. " Die Geschichte vom bösen Friederich" ist kein klassischer Krimi, sondern eher ein Psychogramm. Bond-Bösewicht Javier Bardem alias Raoul Silva wird quasi auf Tatort-Niveau heruntergebrochen, gleichzeitig wird versucht, ihm eine halbwegs plausible Geschichte anzudichten. Bilder und Musik sind viel zu dick aufgetragen und stören die eh schon etwas überzogene Handlung. Paul Brix und Anna Janneke hingegen werden immer besser!
ACHTUNG: Im Anschluss an den Tatort gibt es wieder die " Tatort-Show" des Hessischen Rundfunks - mit den Hauptdarstellern und dem Besten von Twitter, Facebook & Co.! Hier geht es lang>>