Schweiger-Tatort "Der große Schmerz": "Haben Sie nicht früher immer rumgeballert?"
Helene Fischer im Tatort: Als Killerin Leyla setzt sie Nick Tschiller (Til Schweiger) unter Druck. © NDR/Gordon Timpen
Die Diskussion um den Tukur-Tatort ist noch nicht ganz verklungen, da kommt schon der nächste Schicksalsschlag fürs konservative Tatort-Publikum: Til Schweiger setzt in einer Doppelfolge "Der große Schmerz" und "Fegefeuer" seinen Kreuzzug gegen den Astan-Clan fort. Mit dabei: Schlager-Blondchen Helene Fischer. Die ist überraschend gut, aber auch der Rest des Tschiller-Tatortes ist durchaus sehenswert – sorry, liebe Traditionalisten.
Worum geht’s?
Firat Astan (Erdal Yildiz), der Kopf des organisierten Verbrechens in Hamburg, sitzt noch immer hinter Gittern und zieht von dort aus die Strippen. Oberflächlich hat sich die Lage beruhigt, doch hinter den Kulissen brodelt es. Ein großer Schlag steht unmittelbar bevor, die Stadt wird mit Waffen geflutet. Der schmierige Innensenator Revenbrook (Arnd Klawitter) will Astan kalt stellen und in ein Gefängnis nach Bayern verlegen.
Auf Nick Tschiller (Til Schweiger) ist noch immer ein Kopfgeld ausgesetzt. Astan lässt Tschillers Tochter Lenny (Luna Schweiger) und Ex-Frau (Stefanie Stappenbeck) von Russen-Killerin Leyla (Helene Fischer) entführen. Sein Plan: Will Tschiller seine Familie zurückbekommen, muss er ihm bei der Flucht auf der Überführung ins Gefängnis helfen.
Tschiller hat nur wenige Tage Zeit, um einen Plan zu entwickeln. Dabei muss er seine Kollegen täuschen und nicht nur sein Leben, sondern auch das seiner Tochter riskieren. Eigentlich war er ruhiger geworden und wollte seiner Familie zuliebe kürzer treten. Siegt das Verlangen nach Gerechtigkeit oder die private Rache-Lust?
Worum geht es wirklich?
Tschiller gegen Astan. Nicht mehr und nicht weniger. Klar, es wird noch ein wenig Story drumherumgebaut, etwa den drohenden Verkauf des Hamburger Hafens an den russischen Investor "Logprom". Aber eigentlich geht es um das Duell des Unterwelt-Bosses gegen den LKA-Ermittler.
Ist die Handlung glaubwürdig?
Gegenfrage: Ist James Bond realistisch? Nein, in diesem Tatort ist alles ein wenig "bigger than life" – das ist ja schließlich auch das Konzept. Selbst die Nutten wirken wie der Fantasie eines 12-jährigen Dorf-Jungen entsprungen. Dennoch hat auch " Der große Schmerz" ein paar Anker in der Realität: Der Innensenator soll an Ronald Schill erinnern, das Vorbild des "Logprom"-Konzerns dürfte auch klar sein. Das alles wird mit einer Prise lakonischen Humors und viel Selbstironie ("Sind Sie nicht der LKA-Heini, der früher immer rumgeballert hat?") angerichtet – sehr unterhaltsam. Und: Die Stadt Hamburg wird toll in Szene gesetzt!
Bester Auftritt
Steinigt uns, aber: Helene Fischer macht ihren Job sehr, sehr gut! Als Killerin im Lara-Croft-Look ist sie so ziemlich das genaue Gegenteil von ihrem Schlager-Ich, und das scheint Ihr Spaß zu machen. Gut, ihr Text ist recht überschaubar, aber schauspielerisch braucht sie sich nicht zu verstecken.
Wie immer großartig ist Fahri Yardim als Tschillers Partner Yalcin Gümer. Hamburger Schnauze und eine gesunde Portion Ironie machen das Popcorn-Kino vollständig. Fast schon schade, dass er keine größere Rolle hat.
Was muss man sich merken?
In Hamburg wird horizontal erzählt, der nächste Teil der Tschiller-Saga folgt bekanntlich gleich am Sonntag. Dementsprechend sollte man schon ein wenig aufpassen, wobei man auch ohne intellektuelle Überanstrengung durchaus der Handlung folgen kann. Das Finale im Duell Tschiller gegen Astan soll dann im Kino-Tatort ab dem 25. Februar steigen.
Soll man gucken?
Natürlich wird es wieder zahlreiche Tatort-Traditionalisten geben, die sich über den Schweiger’schen Stil echauffieren. Es wird aber ja niemand gezwungen einzuschalten. Alle anderen bekommen einen sehr gut gemachten Action-Krimi, der mit viel Witz und Hingabe eine nicht neue, aber grundsolide Geschichte erzählt. Alles ist ein wenig größer und knalliger, als man es von anderen Tatorten gewohnt ist. Das alleine ist aber nichts Schlimmes, die Reihe lebt schließlich von unterschiedlichen Ansätzen. "Der große Schmerz" ist jedoch ein Stück weit beliebig, man merkt dem Fall an, dass er nur die Hinleitung auf einen dramatischen Showdown ist. Am Ende kann man sich ungefähr denken, was uns zwei Tage später in " Fegefeuer" erwartet – den Film gibt es vorab aber auch für uns nicht zu sehen.