FIA unterbindet Aero-Tricksereien
Im Titelrennen zwischen Mercedes, Ferrari und Red Bull geht es um Hundertstelsekunden. Die Teams nutzen jede Grauzone aus und schießen auch manchmal über das Ziel hinaus. Ferrari zuletzt offenbar drei Mal. Die FIA hat die Tricksereien verboten.
Seit dem GP Monaco hat Ferrari keinen Grand Prix mehr gewonnen. Seitdem hat Mercedes regelmäßig die Nase vorn. Und immer öfter fordert Red Bull die roten Autos heraus. Das hat im Fahrerlager natürlich seine Spuren hinterlassen. Warum trat Ferrari zuletzt auf der Stelle? Hat die Konkurrenz etwa besser entwickelt? Oder musste Ferrari Federn lassen?
Der Fahrerlagerfunk meldet jetzt: Ferrari musste auf Anordnung der FIA ihr Auto in einigen Punkten zurückrüsten. Whistleblower haben Hochkonjunktur. Die Topteams belauern sich gegenseitig. Wenn sie bei der Konkurrenz etwas vermeintlich Illegales entdecken, wird sofort die FIA informiert. Es begann beim GP Kanada, als die Regelhüter bei einem Motor zu große Ölrückstände im Benzin fanden und einen zu großen Ölverbrauch feststellten. Man vermutet, dass Ferrari unangenehm aufgefallen war. Offenbar wurde einer der drei Öltanks mit einem speziellen Öl befüllt, das in Qualifikationsrunden zur Leistungssteigerung dem Rennöl beigemischt wurde und auf diesem Weg zusammen mit dem Benzin in den Verbrennungsprozess gelangte.
Seitdem besteht die FIA darauf, dass der zu Saisonbeginn festgelegte maximale Ölverbrauch von 1,2 Liter pro 100 Kilometer eingehalten wird. Mit dem Ziel ihn 2018 auf 0,6 Liter/100 km zu senken. Auf dem Weg dorthin darf jeder neu in den Pool neu eingeführte Motor nur noch 0,9 Liter/100 km verbrauchen. Im September will die FIA für das Öl eine ähnlich detaillierte Spezifikation definieren wie für den Kraftstoff. Ab 2018 wird es auch nicht mehr erlaubt sein, zwei unterschiedliche Motoröle an Bord zu haben.
Der Trick mit dem Schließen der Vorderachse
Als Ergebnis der strengeren Überwachung soll Ferrari in den entscheidenden Q3-Qualifikationsrunden nicht mehr so an der Leistungsschraube drehen können wie zu Saisonbeginn. Sebastian Vettel sagte kürzlich: „Unser größtes Problem ist die Qualifikation. Da kann Mercedes mehr Power abrufen als wir.“ Das wirkt sich auch auf die Topspeeds aus. Um auf der Geraden mitzuhalten, muss Ferrari weniger Flügel fahren.
In dieser Disziplin spielt nicht nur die Motorleistung eine Rolle. In Baku zeigte die FIA Ferrari bei der Luftdurchleitung durch die Vorderachse die rote Karte. Ein Informant aus dem gegnerischen Lager hatte Fotos geliefert, auf denen zu sehen war, dass auf den Geraden die Luftdurchleitung durch die Vorderachse verschlossen wurde, während sie in den Kurven wieder geöffnet war.
Offenbar öffnete und schloss sich je nach Staudruck im Pitot-Rohr eine Schleuse in der Achse. Das Schließen auf den Geraden reduzierte den Luftwiderstand und erhöhte damit auch den Topspeed. Die FIA interpretierte die Schaltung als bewegliches aerodynamisches Hilfsmittel und untersagte sie.
Zu biegsamer Unterboden
Der nächste Schlag folgte in Spielberg. Die FIA checkt seit dem GP Österreich alle Autos mit einer neuen Messmethode auf die Biegsamkeit des Unterbodens. Und zwar über die gesamte Länge. Der Boden wird über die gesamte Länge mit jeweils zwei Kilogramm belastet und darf sich dabei nur um einen Millimeter verbiegen.
Bei den Checks wurden bei mehreren Teams zu starke Verbiegungen festgestellt. Die Bodenplatte neigte sich an den Außenkanten Richtung Straße. Ferrari, Red Bull und Renault sollen daraufhin den Hinweis erhalten haben, ihre Böden entsprechend zu modifizieren. Bei Ferrari sind die Maßnahmen leicht zu erkennen. An besagter Stelle wurden zwei Metallverstärkungen angebracht. Red Bull musste zusätzlich noch seinen Frontflügel umbauen. Da hatten sich die Endplatten bis zu 30 Grad aus ihrer eigentliche Position verbogen.
Das Training zum GP Ungarn hat gezeigt: Ferrari kann auch trotz der erzwungenen Abrüstung auf die Pole Position fahren. Man kann den Grenzgang von Ferrari auch positiv sehen. Das ist nicht mehr das brave Team früherer Jahre. Die Mannschaft um Technikchef Mattia Binotto traut sich etwas und geht in allen Bereichen ans Limit. Das ist Mercedes und Red Bull auch schon passiert.