Pirelli bekommt mehr Testtage

Vor der Corona-Pause hat Pirelli erste Tests mit seinen 18-Zoll-Reifen für 2022 durchgeführt.
Wegen Corona ist Pirelli mit der Entwicklung den neuen 18-Zoll-Reifen für 2022 in Verzug. Um den Rückstand aufzuholen, hat die F1-Kommission nun kurzfristig das Reglement angepasst. Die Teams müssen dem Reifenlieferanten für 30 statt 25 Testtagen zur Verfügung stehen.
Die Formel 1 steht vor einem großen Umbruch. Mit der Einführung der neuen Rennwagen-Generation in der Saison 2022 wächst der Felgendurchmesser von 13 auf 18 Zoll. Von den alten Ballonreifen geht es endlich hin zu modernen Niederquerschnittsgummis, wie sie auch in der Serie vorkommen.
Den Umstieg auf die neuen Dimensionen nutzt Pirelli, um die Eigenschaften seines Produkts grundlegend zu überarbeiten. "Uns geht es vor allem darum, die Tendenz zum Überhitzen zu reduzieren, damit die Performance im Verkehr nicht so sehr leidet", erklärt Sportchef Mario Isola. "Gleichzeitig sollen aber beim Verschleiß weiterhin Unterschiede sichtbar bleiben, um eine Varianz in Sachen Strategien zu ermöglichen."
Die Teams und die F1-Bosse haben bereits eine lange Liste mit Zielvorgaben – den sogenannten "Target Letter" – an Pirelli geschickt. Entsprechend anspruchsvoll ist die Entwicklungsarbeit für die große Reifenrevolution.
Doch kurz nach dem Anlaufen des Testprogramms Ende 2019 sorgte Corona für einen ungeplanten Stillstand. Die für 2020 vorgesehenen Probeläufe fielen komplett ins Wasser. Nun gilt es, die verlorene Zeit schnellstmöglich wieder aufzuholen. Die Zahl der Testtage wurde deshalb am 11. Februar in der F1-Kommission von 25 auf 30 aufgestockt.
Bei diesen Tests müssen die Teams ein von Pirelli vorgegebenes Programm abspulen. Zum Einsatz kommen dabei entweder die regulären Rennwagen der 2021er Generation oder sogenannte "Mule Cars", die mit speziellen Umbauten die Eigenschaften der 2022er Autos simulieren und damit repräsentativere Daten produzieren.
Sieben neue Pirelli-Reifen
Aktuell ist Isola gerade dabei, den Einsatzplan für die neue Saison festzuzurren. Große Ausfälle können sich die Ingenieure trotz Corona nicht mehr erlauben. "Unser Problem besteht darin, dass wir nicht nur einen einzigen Reifen entwickeln müssen, sondern fünf Slick-Mischungen und dazu noch Intermediate- und Regenreifen", rechnet der Italiener vor.
"Diese sieben Produkte erfordern Testfahrten bei unterschiedlichen Bedingungen und auf unterschiedlichen Rennstrecken. Das lässt sich nicht alles parallel erledigen. Wir müssen auf jeden Fall einen Notfallplan haben, falls wieder etwas dazwischenkommt."
Die Deadlines sind vom Reglement festgelegt: Am 1. September steht zunächst einmal die Homologation der Karkasse an. Mit der genauen Spezifikation der einzelnen Gummi-Mischungen haben die Pirelli-Techniker noch bis Dezember Zeit. Sollte alles ideal laufen, dürfen die Teams das fertige Produkt bei den Testfahrten nach dem Saisonfinale in Abu Dhabi erstmals ausprobieren.
Erste Erfahrung in der Formel 2
Für die Fahrer sollte der Wechsel nicht dramatisch ausfallen: "Wir haben in der Formel 2 schon vergangene Saison auf 18 Zoll gewechselt. Die Piloten haben uns berichtet, dass die Niederquerschnittsreifen etwas direkter reagieren, weil die Seitenwand kleiner ist und sich der Gummi insgesamt weniger bewegt. Etwas mehr Vorsicht ist bei hohen Randsteinen geboten, weil der flache Reifen sensibler reagiert. Aber eine komplette Veränderung des Fahrstils ist nicht notwendig."
Im Pirelli-Hauptquartier in Mailand blickt man übrigens nicht nur auf 2022, sondern schon ein weiteres Jahr voraus: "Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass wir schnell zu Anpassungen an den 18-Zoll-Reifen gezwungen werden. Es ist fast unmöglich, den Verschleiß direkt im ersten Jahr perfekt hinzubekommen. Da gibt es 2023 sicher Optimierungsbedarf, was die Abstände zwischen den einzelnen Mischungen angeht. Außerdem müssen wir auch auf die steile Lernkurve bei den Teams reagieren. Die Autos dürften in der zweiten Saison noch einmal deutlich schneller sein."