Die 10 schönsten F1-Autos
Aktuelle Formel 1-Autos sind nicht wirklich schön. Die Proportionen passen nicht, der Halo passt nicht, die vielen aerodynamischen Anbauten passen nicht. Wir haben, ganz subjektiv, unsere zehn schönsten Formel 1-Autos ausgesucht.
Lewis Hamilton hatte leider Recht. Beim Saisonfinale 2017 in Abu Dhabi wurde der Weltmeister gefragt, wie er mit dem Ende einer Ära umgehe. Der Zeit ohne Halo. Sie wissen schon, jenem Flipflop-artigen Titanbügel, der seit 2018 über allen Cockpits von Formel-Autos angebracht werden muss. „Abu Dhabi war das letzte Rennen, in dem Formel 1.Autos gut ausgesehen haben. Ab jetzt geht es nur noch bergab.“ Es gibt noch viele andere Dinge, die moderne Formel 1.Autos entstellen. Die Pummel-Nasen, der viel zu breite Frontflügel, der lange Radstand, die starke Anstellung, das Geflecht an Leitblechen vor den Seitenkästen.
Sehen wir es positiv. Wir waren dabei, als ein Formel 1.Auto noch Symbol der ultimativen Fahrmaschine war. Als dieses Konstrukt, gebaut zu dem einzigen Zweck schnell zu fahren, noch wild, aggressiv, spektakulär, bizarr, geil und brachial aussehen durfte. Eine Mondrakete auf Rädern. Die Fahrer in den maßgeschneiderten Sicherheitszellen waren unsere Astronauten. Seitdem der Halo zur Pflicht wurde, sind sie so sterblich wie du und ich.
Von 32 auf 10 Autos
Zehn Autos sollten es sein. Die Schönsten der schönen. Egal, ob sie Weltmeisterschaften oder GP-Siege erzielt haben oder einfach nur Mitläufer waren. Es zählt allein die Optik. Und es sind meine Favoriten. Gut gemeinte Ratschläge der Kollegen habe ich in den Wind geschlagen. Die Auswahl ist absolut subjektiv. Und was bitte heißt schön? Es gibt die offensichtlichen Kandidaten, die sich durch eine gefällige Formensprache und stimmige Proportionen qualifizieren. Aber auch die hässlich schönen. Weil sie so konsequent auf Rundenzeit konstruiert waren, dass man ihnen ihre Ecken und Kanten nachsieht. Der Lancia D50 von 1954 wäre so ein Fall gewesen. Ein Rennauto, seiner Zeit um 30 Jahre voraus. Brutal, genial, innovativ. Er hat es genauso wenig in die Top Ten geschafft wie der Staubsauger von Brabham. Der BT46B war so gut, dass er nur einen Grand Prix fahren durfte.
Das größte Problem hatte ich mit der Beschränkung auf zehn Kandidaten. Auf meiner ersten Liste standen 32 Autos. Nicht viel bei 70 Jahren Formel 1 und gefühlt 1000 unterschiedlichen Fahrzeugen. Doch wie komme ich von 32 auf zehn? Weglassen fällt immer schwerer als Draufpacken. Wer die Verarbeitung moderner Formel 1.Autos sieht, dürfte eigentlich gar nichts auswählen, das älter als fünf Jahre ist. Alles davor wirkt hausbacken und verstaubt.
Doch es wäre nicht fair. Schönheit ist relativ. Man muss sie aus dem Blickwinkel des jeweiligen Betrachters sehen. Ich hätte wahrscheinlich nie den Maserati 250F aus den Jahren 1954 bis 1957 ausgewählt, würde ich ihn mit dem aktuellen Ferrari SF90 vergleichen. Heute wirkt der Maserati wie eine Zigarre auf Rädern. Im Umfeld der 50er Jahre wie eine elegante Ikone. Damals wären wir wahrscheinlich alle platt gewesen, wenn wir ihn hätten live erleben dürfen. Lesen Sie jetzt, warum ich Juan-Manuel Fangios letztes Meisterauto und neun andere Schönheiten in den Adelsstand hebe.
Maserati 250F (1954-1957)
Den Maserati 250F kenne ich nur aus Büchern und Museen. Schon damals sangen alle ein Loblied auf die Konstruktion von Vittorio Bellentani und Gioacchino Colombo. Auch Bernie Ecclestone. Er erklärte den 250F zu seinem Lieblingsauto, weil er ihn sich seinerzeit nicht leisten konnte. Das Unerreichbare hat wohl immer schon einen Reiz auf Bernie ausgeübt. Heute könnte er alle 33 Maserati 250F kaufen, die jemals gebaut wurden. Ich finde, das Auto hebt sich vom Rest seiner Epoche ab. Weil die Zigarre schon eine gewisse Keilform hatte. Weil der außenliegende Auspuff des Reihensechszylinder dem Auto Speed verleiht. Weil die vielen Kiemen in der Verkleidung und das eiförmige Heck die Eleganz unterstreichen. Da stört nicht einmal, dass Maseratis Weltmeister asymmetrisch ist.
Eagle T1G-Weslake (1967)
Das Formel 1.Auto der 60er Jahre sah so aus: Ein Ofenrohr, vier Räder dran, hinten der Motor angeschraubt. Ab 1967 wuchsen den Alu-Schalen Flügel. Zwei Autos stechen aus dem Einerlei des zweiten Formel 1.Jahrzehnts heraus. Der Lotus 25-Climax und der Eagle T1G-Weslake. Der Eagle gewinnt. Stahlblau mit weißem Racing-Streifen. Gebaut von Len Terry, eingesetzt von Dan Gurney. Die zugespitzte Nase, der schlanke Rumpf, die verkleideten Zylinderköpfe: Wie aus einem Guss. Und natürlich der herrliche Weslake-Zwölfzylinder, dessen vier Auspuffrohre wie Raketentriebwerke das Heck überragten. Damals waren selbst die Motoren noch schön. Man hat mit diesem Auto gelitten, weil es so selten ins Ziel kam. Doch dann, beim GP Belgien 1967 wurde Schönheit doch belohnt. Gurney gewann.
Lotus 72-Cosworth (1970-1975)
Ich war damals elf Jahre alt. Von Aerodynamik natürlich keine Ahnung. Doch dieser Lotus 72, das wusste ich, der musste einfach schneller sein als alle anderen Autos im Feld. Die sahen 1970 immer noch so aus wie in dem Jahrzehnt davor. Der Lotus 72 war anders. Ein Auto, wie ein Keil mit einer messerdünnen Nase, einen rechteckigen Rumpf mit Kühlern an den Seiten, einem dreiteiligen Heckflügel. Es war ein Fahrzeug aus einer anderen Welt. Als hätte sich ein Ufo unter Drachenfliegern verirrt. Natürlich gewann Colin Chapmans Geniestreich 1970 den Titel. Und 1972 noch einmal. Selbst in seinem fünften Jahr war er noch gut für GP-Siege. Mittlerweile in schwarzer John Player-Lackierung. Mir gefällt der rot-weiß-goldene Gold Leaf-Anstrich besser. Weil ich so das Auto kennengelernt habe.
Shadow DN1-Cosworth (1973)
Ein Shadow in den Top Ten? Noch dazu der allererste aus der Sammlung von Teamgründer Don Nichols. Das Team hatte mich schon fasziniert, als Shadow noch in der Can-Am Serie unterwegs war. Immer gut für spektakuläre Ideen. 1973 hat Tony Southgate den Amerikanern ein Auto gebaut, das sicher nicht das schnellste war, aber einige Features in sich trug, die später Schule machen sollten. Mir gefiel das vollverkleidete Heck am besten. Das kannte man damals nicht. Dazu die breite, aber geschlossene Nase. Und die sanft geschwungenen Seitenkästen und eine Airbox, die an einen Drachenkopf erinnerte. Die flüssigen Linien kamen in der pechschwarzen Lackierung besonders gut rüber. Die einzigen Farbtupfer waren die amerikanische Flagge und der Schriftzug von Hauptsponsor UOP.
Ferrari 312T (1975)
Ferrari hat selten schöne Autos gebaut. Die rote Lackierung hat vieles optisch gerettet. Der 312B von 1970 hätte sich für die Top Ten qualifiziert, wäre er nicht vom Lotus 72 überstrahlt worden. Mein schönster Ferrari ist der 312T von 1975. T steht für das querliegende Getriebe. Kritiker sagen, das Auto sehe von oben wie eine Badewanne aus. Stimmt. Doch er war anders. Es war die erste Badewanne der Formel 1. Mit eine schlauen Luftdurchleitung durch die Seitenkästen. Und einem Frontflügel aus einem Stück, der separat auf der Nase saß. Das Prinzip funktioniert heute noch, nur umgekehrt. Heute hängt der Flügel unter der Nase. Mauro Forghieri hatte mit dem 312T ein mutiges Auto gebaut. Auch das Heck war praktisch voll verkleidet. Nur die Auspuffrohre des flachen Zwölzylinders schauten hinten raus.
Brabham BT52-BMW (1983)
Ich bin ehrlich. Anfangs gefiel mir dieser Brabham gar nicht. Unser Auge war bis 1982 von den wunderbaren Groundeffect-Autos mit ihren kurzen Nasen ganz ohne Frontflügel und den weit ausladenden Seitenkästen verwöhnt worden. Und dann so etwas. Ein Auto wie ein Pfeil. Das volle Kontrastprogramm mit einem deltaförmigen Frontflügel und kurzen Seitenteilen. Die Regeln verlangten es. Das Verbot der seitlichen Schürzen und die Einführung des flachen Unterbodens zwangen die Konstrukteure zu neuen Ideen und Formen. Irgendwie sah Gordon Murrays weiß-blauer Keil aus wie ein moderner Lotus 72. Mit etwas Gewöhnung mochte ich den BT52 immer mehr. Weil er so eigenwillig daherkam. Und weil er nicht nur schnell aussah, sondern auch schnell war.
March CG901-Judd (1990)
Er zählte zu Adrian Neweys frühen Werken. Das dritte Formel 1.Auto, für das er als Chefdesigner verantwortlich war. Und es wurde ein typisches Newey-Auto. Kompromisslos, minimalistisch, ästhetisch. Dazu die türkis-grüne Lackierung. Der kajakförmige Rumpf steckte die Piloten in eine Zwangsjacke. Die Fahrer verfluchten Newey, und Newey verfluchte die Fahrer. Wenn er gekonnt hätte, hätte er ein Auto ohne Fahrer gebaut. Weil der seinen Aerodynamik-Ideen nur im Weg stand. Alles an dem Auto war so klein wie möglich. Die spitze Nase, das tief ausgeschnittene Cockpit, die niedrigen Seitenkästen, die geschwungene Airbox, der im Diffusor mündende Auspuff waren schon Vorgriffe auf Neweys Designphilosophie. Noch mit Fehlern behaftet. Der March CG901 funktionierte nur auf topfebenen Rennstrecken.
Jordan EJR191-Ford (1991)
Das erste Formel 1.Auto von Jordan gehört unstrittig zu den schönsten Formel 1.Autos aller Zeiten. Man findet kaum einen, der das bestreitet. Das Designtrio Gary Anderson, Mark Smith und Andy Green hat ein Auto gebaut, an dem es nichts auszusetzen gibt. Der geschwungene Frontflügel ist in die Nase integriert. In der Mitte leicht angehoben. Bei diesem Auto stimmen alle Proportionen. Die Länge, die Breite, die Cockpitposition, die Höhe der Airbox, der Schwung des Diffusors, der Heckflügel mit drei Etagen. Es gibt keine Kanten, sondern nur runde Linien. Sogar Luigi Colani, der Feind des rechten Winkels hätte seine Freude daran gehabt. Das Auto hat auch noch die richtige Lackierung. Giftgrün und blau. So fiel es auf.
McLaren MP4-20-Mercedes (2005)
Ab 2000 wird es echt schwer. Die Autos haben sich immer mehr angeglichen. Kein Wunder. Alle konstruierten mit den gleichen Werkzeugen. Der Windkanal und der Computer bestimmten die Form, nicht mehr ein kreativer Geist. 2005 begannen aus den Autos Winglets, Finnen, Kamine und Hörner zu wachsen. Viele sahen aus wie ein verunglücktes Werk moderner Kunst. Nur Adrian Newey hat die Aufgabenstellung in gefällige Formen gegossen. Der McLaren MP4-20 ist der schönste der letzten 20 Jahre. Die Nase ist so tief, dass es so aussieht, als wäre der Frontflügel Teil des Chassis. Die Seitenkästen sind wunderbar unterschnitten. Das Ensemble von Winglet, Kamin und Batman vor den Hinterrädern in einer Reihe angeordnet. Und dann noch die zwei Hörner auf der Airbox. Das gibt dem Auto einen aggressiven Touch.
Mercedes W08 (2017)
Mit der Aerodynamikreform 2009 war es schwer geworden, schöne Rennautos zu bauen. Viele sahen mit ihren Knollennasen und eckigen Seitenteilen aus wie Lego-Bausätze. Zudem wurden die Autos immer länger. Bei nur 1,80 Meter Breite eine optische Bankrotterklärung. Die 2017er Regeln schenkten den Autos 20 Zentimeter Breite. Schon sah die Formel 1.Welt wieder freundlicher aus. Vor allem der Silberpfeil. Aber nur die ersten Version mit der breiteren Nase und ohne das Airbox-Segal. Das war ein stimmiges Konzept. Der superkomplizierte Frontflügel, das Leitblech-Gekröse vor den Kühleinlässen, der mächtige Lufteinlass der Aitrbox, der auf einer dünnen Stelze thronende T-Flügel und der Heckflügel in Delta-Form haben etwas von brutaler Eleganz. Jeder Millimeter Fläche folgte einer Funktion.
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