"Es ist nicht schwer fair zu sein"
Bei Mercedes ist nach dem missglückten Versuch einer Stallregie beim GP Ungarn wieder Ruhe eingekehrt. Der Funkspruch, den Lewis Hamilton ignorierte, wurde intern besprochen. Erst im Kreis der Chefs, dann separat mit den Fahrern. Ein Gespräch zwischen Hamilton und Rosberg fand bislang nicht statt.
Mercedes steht vor einer neuen Herausforderung. Nico Rosberg und Lewis Hamilton gehen als Favoriten in den GP Belgien. Doch Gewinnen ist nicht immer ein Zuckerschlecken. Das hat der GP Ungarn gezeigt. Mercedes wollte Fairplay demonstrieren und stolperte über seine eigenen Füße. Am Ende gewann Daniel Ricciardo vor Fernando Alonso. Und für die Silberpfeile blieben nur die Plätze 3 und 4.
Auf dem Weg dorthin weigerte sich Hamilton einem Funkspruch vom Kommandostand nachzukommen. Die Strategen wollten, dass der Engländer Rosberg vorbeilässt, weil der Deutsche auf einer anderen Strategie unterwegs war. Um seine Dreistopp-Taktik mit den weichen Reifen zum Schluss zu optimieren, hätte Rosberg freie Fahrt gebraucht. Aber er bekam sie nicht.
Besser informieren statt Befehl zum Platztausch
Das verlangte in der Woche nach dem GP Ungarn eine Bestandsaufnahme. Am Dienstag nach dem Rennen konferierten die Chefs Toto Wolff, Niki Lauda und Paddy Lowe. Die Frage stand im Raum: Wie gehen wir in Zukunft damit um? Müssen wir unsere Politik der Gleichbehandlung anpassen? Das Trio kam überein: Wenn es noch einmal zu einer kritischen Szene im Rennen kommt, wo die Fahrer mit unterschiedlichen Taktiken aufeinander treffen, dann wird es einen Spruch nicht mehr geben: "Lass den anderen vorbei."
Stattdessen lautet die neue Diktion: "Das andere Auto ist auf einer anderen Strategie. Wir werden die Fahrer besser über die Rennsituation informieren." Was nicht heißt, dass der andere freiwillig Platz machen muss. "Übertragen auf Ungarn wüsste Nico, dass ihm Lewis nicht im Weg stehen wird, dass er aber nah genug an ihn ranfahren muss, um sich an ihm vorbeibremsen zu können." Man könnte sagen: Fairplay mit angezogener Handbremse.
Niki Lauda hatte gefordert, dass in heiklen Situationen nur noch Technikdirektor Paddy Lowe mit den Fahrer sprechen soll, statt den Disput über die Renningenieure auszutragen. Wolff schmunzelt: "Wenn Paddy an den Funk kommt, dann heißt das, dass der Baum brennt. Sein Befehl bedeutet für die Fahrer: So und nicht anders."
Mercedes-Fahrer müssen auf das Team Rücksicht nehmen
Die Fahrer reagierten unterschiedlich auf Nachfragen. Nico Rosberg blieb seiner Linie treu und wollte sich im Detail nicht zu den Gesprächen äußern, die er am Donnerstag nach dem GP Ungarn im Rahmen von Simulatorarbeit in der Fabrik mit den Verantwortlichen geführt hat. "Es gab nach dem Rennen ein bisschen Drama, und ich möchte dazu nichts beisteuern. Es wäre falsch jetzt, Details preiszugeben. Wir haben die Situationen besprochen und daraus gelernt."
Lewis Hamilton war wie üblich gesprächiger. "Ich habe das Team zwei Tage nach dem Rennen angerufen und verschiedene Dinge mit Toto und Paddy besprochen, die wir in Zukunft besser machen müssen. Wir treffen nicht immer jeden Tag richtige Entscheidungen. Die Fahrer nicht, und auch das Team nicht. Bevor ich in den Urlaub abgehauen bin, habe ich ein E-mail bekommen mit der Antwort, wie wir auf die Probleme reagieren werden."
Hamilton glaubt nicht, dass es für Mercedes schwierig ist, beide Fahrer gleich zu behandeln. "Ich sehe kein Problem darin, fair zu sein. Das Team kann das kontrollieren. Auch wenn die Fahrer auf unterschiedlichen Strategien unterwegs sind."
Toto Wolff wünscht sich für die Zukunft einfache Rennen. Oder dass die Konstrukteurs-WM früh genug entschieden ist. "Dann können wir unsere Fahrer leichter von der Leine lassen. So lange das nicht so ist, müssen die Fahrer auf das Team Rücksicht nehmen und wissen. Es gibt ein großes Ganzes."