Die Überraschung sitzt im Heck

Auch der neue Toro Rosso STR9 sieht von vorne aus wie ein Ameisenbär. Also keine Überraschung. Die ist im Heck versteckt. Der Heckflügel ist mit den Endplatten auf dem Unterboden montiert. Die Mittelstütze fehlt, dafür gibt es einen mächtigen Mini-Flügel unter dem Heckflügel. Ansonsten hatte maximale Flexibilität Priorität.
Der Toro Rosso STR9 war das siebte Auto des 2014er Jahrgangs, das präsentiert wurde. Aber das erste, das man in Echt zu Gesicht bekam. Alle anderen existierten nur auf Fotos. Der erste Eindruck bestätigt alle Befürchtungen. Die Autos sind groß, unförmig, unproportional. Kurz: keine Schönheiten. Sebastian Vettel beruhigt: "Unser Red Bull sieht besser aus als alles, was ich bisher gesehen habe."
Vorne wie ein Ameisenbär
Auch Toro Rosso vertraute auf die Ameisenbär-Nase. Das muss nicht immer so bleiben, erzählt Technikdirektor James Key. "Wir haben viele Nasenformen durchgespielt, auch solche, die wir jetzt bei der Konkurrenz gesehen haben. Irgendwann mussten wir uns auf die Form festlegen, weil die Nase die Strömung nach hinten bestimmt. Die, die wir jetzt haben, erschien uns als die logischste. Ich erwarte aber, dass sich die Form der Nasen im Lauf der Saison oft ändern wird."
Auch auf die Gefahr hin, dass sich dann auch der Rest des Autos ändern muss. Key: "Wir haben uns in allen Bereichen maximale Flexibilität verschrieben. Sollte eine neue Nase auch weiter hinten Änderungen verlangen, ist das nicht so schwierig, da es sich hauptsächlich um Verkleidungsteile handelt. Die können leicht modifiziert werden."
Jerez nur ein Zuverlässigkeits-Test
Die Seitenkästen sind ein erster Entwurf. Erst die Testfahrten in Jerez werden zeigen, ob man zu konservativ war, oder das Problem Kühlung unterschätzt hat. Key glaubt eher, dass die Heck.erkleidung im Laufe der Zeit schrumpfen wird. "Wir haben uns überall viel Sicherheitsspielraum gelassen."
Eine Ausbaustufe für den GP Australien ist schon in Planung. Der erste Test ist laut Key eine reine Zuverlässigkeitsprüfung. "Es geht hier nicht um Rundenzeit, sondern darum Runden zu fahren und zu lernen. Wir haben in vielen Dingen keine Referenzpunkte. Für uns ist nicht nur der Motor neu, sondern auch der Motorhersteller. Es werden in dieser ersten Testwoche viele Dinge passieren, die dich aus heiterem Himmel treffen." Toro Rosso wechselte von Ferrari zu Renault.
Heckflügel sitzt auf Endplatten
Das interessanteste Detail des Toro Rosso STR9 sitzt im Heck. Der Heckflügel ist nicht auf einer oder zwei zentralen Stützen befestigt, sondern an den beiden Endplatten, die direkt mit dem Unterboden verbunden sind. Knapp über dem Boden ist ein zusätzlicher Flügel angebracht, der an das frühere untere Heck.lügelelement erinnert. Das Reglement schreibt dafür eine maximale Höhe von 7,5 Zentimetern über dem Boden vor. Der Flügel unterstützt den Diffusor beim Absaugen der Luft. Natürlich nicht so wirksam wie in der Vergangenheit.
Die Ingenieure versuchen mit allen Mitteln den im Heck verloren gegangenen Anpressdruck zurückzuholen. Auch bei dem so genannten Monkey Seat hat Toro Rosso das Reglement voll ausgeschöpft. Der Mini-Flügel kommt so mächtig daher wie es das Reglement erlaubt. Viel größer als im letzten Jahr.
Der Auspuff bläst genau unter die doppelt gestaffelten Flügelelemente. Das erhöht die Strömung unter dem Flügel und damit den Unterdruck gegenüber der langsameren Strömung darüber, sprich Abtrieb. Für Key war die Konstruktion mit den Endplatten als Stütze eine der großen Herausforderungen: "Es war sehr schwierig, die nötige Stabilität in die Flügelaufhängung zu bekommen."
Getriebeinnereien von Red Bull, außen Marke Eigenbau
Auch beim Getriebe setzte die Truppe von Chefdesigner Luca Furbatto auf maximale Flexibiltät. Die Innereien der Achtgang-Kraftübertragung kommen von Red Bull. Das Gehäuse ist Marke Eigenkonstruktion. "Wir wollten bei der Gestaltung der Geometrie der Hinterachse frei sein", erklärt Key. "Das könnte ein ganz entscheidender Punkt werden, weil die Traktion bei dem stark gestiegenen Drehoment der neuen Motoren ein heikler Punkt wird. Ich rechne damit, dass wir mit der Kinematik hinten dauernd nachjustieren müssen."
Acht verschiedene Kühler im Auto
Für die Ingenieure war der Bau des neuen Autos eine Titanenaufgabe. Unbekanntes Terrain, egal wohin man schaut. Auch bei der Kühlung. Insgesamt beherbergt der Toro Rosso acht verschiedene Kühler. "Das Problem ist nicht die Anzahl der Kühler, sondern der unterschiedlichen Kreisläufe. Es sind viel mehr Leitungen im Auto" stönt Key.
Und viel mehr Öffnungen, wo die Luft rein muss und wieder abgelassen wird. Toro Rosso nutzt neben den beiden Kühlöffnungen in den Seitenkasten auch noch einen Kanal unterhalb der Airbox. Die heiße Abluft entweicht durch zwei Schlitze rund um die vorderen Anlenkpunkte der Hinterradaufhängung.