Verstappen fehlen drei Zehntel
Red Bull arbeitet unermüdlich am RB16. So langsam knabbert man den Rückstand zu Mercedes ab. Am Nürburgring waren es in der Qualifikation nur noch drei Zehntel. Im Normallfall ist Max Verstappen damit ein Gegner für die Mercedes im Rennen. Doch nach dem ausgefallenen Freitagstraining wird es eine Reise ins Ungewisse.
Es war ein guter Tag für Red Bull. Auch wenn Mercedes wieder einmal die erste Startreihe blockiert. Es ist das neunte Mal im elften Rennen. Max Verstappen verpasste die Pole-Position um 0,293 Sekunden und die erste Reihe um 37 Tausendstel. Den dritten Startplatz für den GP Eifel darf Red Bull deshalb durchaus als Erfolg werten – auch wenn man in der Steiermark und in Russland besser platziert war.
Näher war Verstappen in dieser Saison auf eine Runde allerdings nie an Mercedes dran. Der Rückstand schwankte je nach Strecke bislang zwischen einer halben Sekunde bis 1,4 Sekunden. Nur in Mugello fehlten 0,365 Sekunden. In der Eifel sind es sogar noch weniger. Das lässt Fahrer und Teamführung hoffen, dass es am Rennsonntag vielleicht sogar mit dem zweiten Saisonerfolg nach Silverstone hinhaut.
Nürburgring liegt Red Bull./strong>
Vermutlich ist es die Mischung, die Red Bull am Nürburgring erstarken lässt: auf der einen Seite die Upgrades, auf der anderen Seite der Streckentyp mit überwiegend langsamen und mittelschnellen Kurven. Die waren in dieser Saison eigentlich nie das große Problem. Die Schere zu Mercedes ging vor allem in schnellen Kurven auf. Und davon gibt es am Nürburgring mit dem Schumacher-S eigentlich nur eine Passage. Dazu sind die Geraden nicht so lang. Die Saison hat gezeigt. Je länger geradeaus gefahren wird, desto mehr Zeit verliert Red Bull, weil dann das PS-Defizit naturgemäß stärker ins Gewicht fällt.
Es wäre im Optimalfall sogar mehr gegangen. Mit einer Rundenzeit wie in Q2 hätte Verstappen das Mercedes-Duo gesprengt. Doch im dritten Qualifikationsdurchgang wollte der Red Bull nicht mehr so präzise in die Kurven einlenken wie noch zuvor. "Es war ein anständiges Qualifying für uns. Leider hatte ich im dritten Teil untersteuern. Sonst wäre mehr möglich gewesen. Bei den kühlen Temperaturen fangen die Reifen schnell an zu körnen, was den Gummi von der Lauffläche frisst", schilderte Verstappen das Problem.
Im ersten Anlauf reichte es trotzdem, um die Mercedes hinter sich zu halten. Doch im Finale waren Valtteri Bottas und Lewis Hamilton schneller. Ein untersteuerndes Auto ist nicht nach dem Geschmack des schnellen Niederländers. "Ich mag das nicht, weil du dann nicht genug Geschwindigkeit bis in die Kurvenmitte nehmen kannst. Bei dieser Kälte passiert das aber leicht. Leider ist mir das Auto ein wenig aus den Händen geglitten."
Red Bulls Upgrades wirken
Es ist schon eine Kunst, bei Asphalttemperaturen von 18 Grad überhaupt die Reifen zum Arbeiten zu bringen. Bei den hinteren ist das leichter als bei den vorderen, weil der Fahrer sie über das Drehmoment des V6-Turbomotors schnell Durchdrehen lassen kann. Das bringt Temperatur.
Die Vorderräder übertragen keine Antriebsmomente, sondern nur die Lenkkräfte. Da ist es ungleich schwieriger, sie zu erhitzen. Vor allem, sie gleichmäßig zu erwärmen. Bei zu großen Unterschieden zwischen Reifen.ern und Oberfläche befällt die Slicks das sogenannte Graining – ein Abrubbeln des Gummis, das Präzision an der Vorderachse kostet. Verstappen hatte sich bereits im dritten Training darüber beklagt. Der Pilot meldete, dass die Vorderreifen schon in der Aufwärmrunde körnten.
Das Untersteuern kostete Verstappen einen Platz in der ersten Startreihe und womöglich sogar die dritte Pole-Position der Karriere. Trotzdem waren Team und Pilot zufrieden. Es ist der generelle Trend, der Red Bull aufatmen lässt. Die Ingenieure haben ihr Auto endlich verstanden. Und die Upgrades wirken. Am Nürburgring kamen unter anderem neue Spiegelhalterungen und eine kleine Finne am Cockpitschutz Halo hinzu. FloViz-Farbe im dritten Training an den vorderen Bremshutzen lassen darauf schließen, dass es auch hier Neuerungen gibt.
Ergebnis verspricht Spannung
Mit jedem Upgrade löst Red Bull sein Hauptproblem in dieser Saison. Es ist der nicht konstante Anpressdruck, der dem Auto bislang Stabilität gekostet hatte und den Fahrern das Vertrauen raubte. Ein Max Verstappen kann diese Probleme mit seinem Talent umfahren. Teamkollege Alexander Albon hat mit der Instabilität mehr zu kämpfen. Man sieht es an den Ergebnissen. Doch auch ein besseres Auto sorgt nicht für einen signifikant geringeren Abstand zwischen den Piloten. In der Eifel fehlt Albon fast eine halbe Sekunde.
Die Upgrades wirken. "Die Vorderachse ist jetzt besser mit der Hinterachse verbunden", urteilte Verstappen. Mit mehr Trainingszeit hätte die Abstimmung auf die neuen Teile verfeinert werden können. Die fehlte, weil das Wetter am Freitag in der Eifel nicht mitspielte und 180 Trainingsminuten wegfielen. Deshalb gab es auch keine neuen Daten, um damit den Simulator zu speisen und ein besseres Setup herauszuarbeiten. "Mit mehr Zeit und mehr Daten hätten wir hier und da eine bessere Balance gehabt. Es wären aber nur Kleinigkeiten gewesen", sagt Verstappen. Diese Kleinigkeiten hätte aber auch Mercedes finden können. Die Silberpfeile sind am Nürburgring ohne Upgrades unterwegs.
Das Qualifying-Ergebnis verspricht Spannung für den Sonntag. Der Red Bull war schon immer ein besseres Auto über die Distanz als auf eine Runde. Doch mit nur einer Trainingsstunde am Samstagvormittag und ohne echte Longruns weiß keiner, wohin die Reise im Rennen geht und wie sich die drei verschiedenen Reifen.ypen verhalten werden. Das Körnen der Vorderreifen wird bestimmen, ob es ein Einstopp- oder Zweistopprennen wird. Die Teams stützen ihre Prognosen viel mehr auf Simulationen im Vorfeld und Annahmen über das Reifen.erhalten in der Kälte als auf echten Erfahrungswerten. So richtig kalt war es vorher eigentlich nur bei den Wintertestfahrten.
Am Start herrschen die gleichen Voraussetzungen. Verstappen beginnt das Rennen wie die Mercedes-Fahrer auf den weichen Reifen. "Es war von Anfang an unserer Plan, an den Softreifen festzuhalten, egal, was die anderen machen", erklärt Verstappen. Mercedes versuchte sich in Q2 zunächst auf dem Mediumreifen für das Finale zu qualifizieren und damit auf dieser Mischung starten zu dürfen. Das Vorhaben wurde später verworfen. Sicherheit ging vor. Man wollte es nicht riskieren, wegen des härteren Reifen. in Q2 auszuscheiden.