Renault wieder hinter McLaren
Renault zeigte sich verbessert in Silverstone. Doch McLaren machte wieder mehr Punkte. Die Teamführung fordert grundlegende Fahrzeugänderungen, um der Spitze näher zu kommen.
Renault hat seine Schwächephase überwunden. Auf die Enttäuschung von Österreich folgte die Rehabilitation. Daniel Ricciardo und Nico Hülkenberg sammelten in Silverstone immerhin sieben WM-Punkte. Mehr gab es in dieser Saison nur in Kanada. In Montreal holten die beiden R.S.19 die doppelte Punktzahl.
Das Problem für den französischen Werksrennstall: McLaren behielt zum dritten Mal in Folge die Oberhand. „Wir haben ein Ziel erfüllt, das andere nicht. Wir haben mit beiden Autos Punkte geholt, doch McLaren hat uns übertroffen“, bilanzierte Teamchef Cyril Abiteboul. Carlos Sainz ergatterte durch seinen sechsten Platz acht Punkte für den zweiterfolgreichsten Rennstall der Formel-1-Geschichte. In der Team-WM festigte McLaren den vierten Rang. Renault fehlen 21 Punkte.
Schwachstellen: Abtrieb und Balance
Dieser vierte Platz war vor der Saison das erklärte Ziel der Franzosen. Gleichzeitig sollte der Abstand zur Spitze halbiert werden. Kurz vor Saisonhalbzeit droht Renault die angepeilte WM-Position zu entgleiten. McLaren liegt verdient vorne. Das Team verbessert sich stetig, versteht die Reifen und liegt bei der Strategie meistens richtig. Praktisch jedes Upgrade macht den MCL34 schneller. In Silverstone beflügelten neue Bargeboards und ein neues Leitblech am Unterboden das Auto. „Die neuen Teile funktionieren“, freute sich Teamchef Andreas Seidl.
McLarens Schritte sitzen. Dagegen hat Renaults großer Rundumschlag von Frankreich seine Wirkung noch nicht wie gewünscht entfaltet. Es waren vier Zehntelsekunden angepeilt – inklusive dem zehn PS stärkerem Motor. Es kamen eineinhalb Zehntel auf der Strecke an. Das Hauptproblem ist geblieben. Der Anpressdruck ist nicht stabil. Vor allem in langgezogenen, mittelschnellen Kurven. Da leidet der R.S.19 unter Balanceverschiebungen.
Das hemmte die gelbschwarzen Rennwagen vor allem in Österreich. Je mehr Anpressdruck Renault vorne draufpackte, desto schwammiger wurde das Heck. Mit einem ähnlichen Problem quält sich bekanntlich Ferrari. „Abtrieb und Balanceverschiebungen sind unsere Hauptschwachpunkte“, weiß Chassis-Direktor Nick Chester.
Renault mit weniger Punkten als 2018
Im Prinzip schleppt Renault das Problem seit 2017 mit sich herum. Seit die Autos auf zwei Meter Breite wuchsen. Teamchef Abiteboul will das Problem mit großen Updates beseitigen. „Das nächste Update muss ein fundamentales sein“, fordert er. So wie in Frankreich. Von einer Politik der kleinen Schritte hält das Oberhaupt des französischen Nationalrennstalls nichts. „Wir haben es damit in der Vergangenheit probiert und es hat nicht funktioniert. Die Probleme bestehen weiterhin. Wir müssen radikaler werden in unseren Lösungen.“
Mit anderen Worten: Renault will an die DNA seines Autos heran, um ihm die Schwächen auszutreiben. Da nützt aus Teamsicht die Politik der vielen kleinen Schritte nichts. Das soll allerdings nicht heißen, dass Renault von Rennen zu Rennen nicht mit kleinen Anpassungen auftaucht. In England zum Beispiel wurde der hintere Teil des Unterbodens korrigiert.
Man gewinnt ein bisschen den Eindruck, Renault gehe es nicht schnell genug, den Abstand auf Mercedes, Ferrari und Red Bull zu verkleinern oder gar aufzufressen. Obwohl das Team in diesem Jahr einen Schritt auf die Topmannschaften zugemacht hat. Man muss sich dafür nur die Qualifikation von Silverstone anschauen. Daniel Ricciardo platzierte sich als bester Fahrer aus dem Mittelfeld auf der siebten Position. Sein Rückstand auf die Pole betrug 1,089 Sekunden. Beide Renault kamen in Q3. Das war im Vorjahr noch anders. Carlos Sainz scheiterte damals im ersten Teil, Nico Hülkenberg im zweiten. Abstand zur Spitze in Q2: 1,645 Sekunden.
Entscheidenden Anteil daran hat der verbesserte Motor. Renault hat 2019 einen großen Schritt nach vorne gemacht. „Daraus ziehen wir eine große Befriedigung“, sagt Abiteboul. Doch jetzt muss die Chassis-Abteilung nachziehen. Ansonsten wird es schwer mit dem vierten WM-Rang.
Dazu muss Renault effizienter werden. 2018 nutzten die Franzosen in der ersten Saisonhälfte fast jede Gelegenheit. In neun von zehn Rennen wurde gepunktet. Ganz anders 2019. Hier steht die Bilanz bei sechs Punkteankünften in zehn Grand Prix. Gegenüber 70 Punkten zum selben Zeitpunkt des Vorjahres stehen 39 in dieser Saison. Kein Wunder, dass McLaren besser dasteht. Die Briten steigerten sich von 48 auf 60 Punkte.